Existenzgründer Unternehmer im Nebenjob

Düsseldorf · Unternehmerische Ideen verfolgen, aber den Hauptberuf nicht aufgeben: Wer sich nebenberuflich selbstständig machen möchte, muss auf einige wichtige Punkte achten. Eine finanzielle Sicherheit im Rücken nimmt den Gründern den Druck.

 Viele Existenzgründer verfolgen ihre Geschäftsidee neben ihrem Hauptberuf auf Kosten ihrer Freizeit.

Viele Existenzgründer verfolgen ihre Geschäftsidee neben ihrem Hauptberuf auf Kosten ihrer Freizeit.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Die Zahlen sind interessant: Der KfW-Gründungsmonitor 2020 zeigt, dass es in dem Jahr 605.000 Existenzgründer gab. Davon gründeten 439.000, also deutlich mehr als die Hälfte, im Nebenerwerb. Das bedeutet: Diese Menschen üben einen Hauptjob als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer mit festem Gehalt aus und setzen ihre Freizeit – oder gegebenenfalls auch die Kapazitäten aus einer reduzierten Stundenzahl des Hauptjobs – ein, um eigene unternehmerische
Ideen zu verfolgen.

Bei der Industrie- und Handelskammer München heißt es zur nebenberuflichen Selbstständigkeit: Das geregelte Einkommen aus dem Hauptjob über den Arbeitgeber verschaffe Sicherheit und nehme den Erfolgsdruck, und Gründer hätten die Möglichkeit, ihre Geschäftsidee in Ruhe zu testen und erst später in eine hauptberufliche Selbstständigkeit zu überführen. Durch das regelmäßige Einkommen sei die Finanzierung ihrer nebenberuflichen Selbstständigkeit individuell steuerbar, und das minimiere das finanzielle Risiko. Im Vergleich zur Vollerwerbsgründung könnten Gründer sich mehr Zeit mit der Entwicklung lassen, insgesamt weniger Stunden investieren und sich Auszeiten nehmen. Zudem lasse sich eine nebenberuflich selbstständige Tätigkeit zum Haupterwerb ausbauen, wenn sich die Chancen dazu böten, und wer erfolgreich nebenberuflich selbstständig sei, erhöhe sein Gesamteinkommen. Zugleich reichten eine gute Idee und Motivation nicht aus, um sich nebenberuflich selbstständig zu machen, warnt Rebekka De Conno, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Beratungsgesellschaft WWS in Mönchengladbach. „Wichtig ist, gegenüber dem Arbeitgeber aufrichtig zu sein und über die geplante nebenberufliche Selbstständigkeit zu informieren. Sofern das im Arbeitsvertrag nicht anders geregelt ist, ist das reine Formsache. Nebenberuflich Selbstständige dürfen ihrem Arbeitgeber keine Konkurrenz machen, müssen weiter zuverlässig zur Arbeit erscheinen und engagiert und leistungsfähig bleiben. Ebenso dürfen sie generell nicht auf Mittel oder Daten des Arbeitgebers zurückgreifen“, so De Conno weiter. Sei das geklärt, stehe der nebenberuflichen Selbstständigkeit arbeitsrechtlich meist nichts im Wege. Daneben sind bestimmte administrative und sozialversicherungsrechtliche Fragestellungen zu klären. So ist seit 1. Januar 2021 dem zuständigen Finanzamt die Aufnahme einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit durch Steuerpflichtige oder deren Steuerberater aktiv und ohne vorherige Aufforderung durch Abgabe eines Fragebogens zur steuerlichen Erfassung innerhalb eines Monats nach Neugründung auf elektronischem Weg mitzuteilen. Dies kann beispielsweise über das Online-Portal „Elster“ des Finanzamts erfolgen. „Ebenso müssen angehende Unternehmer vor der Anmeldung prüfen, ob die auszuübende Tätigkeit bestimmten Voraussetzungen unterliegt, beispielsweise einer erlaubnis-, genehmigungs- oder Meisterpflicht“, betont Rebekka De Conno.

Dazu sollten vor allem Gründer mit einer hauptberuflichen Tätigkeit in Teilzeit ein Statusfeststellungsverfahren bei der Krankenversicherung durchführen, sofern sie gesetzlich krankenversichert sind. Denn wenn die Einnahmen aus der hauptberuflichen Teilzeit niedrig sind, ist es möglich, dass die gesetzliche Krankenversicherung in diesem Fall entscheidet, dass Gründer nicht nebenberuflich selbstständig sind und in diesem Fall sowohl für die abhängige Beschäftigung und die Selbstständigkeit Beiträge entrichten müssen. Das Statusfeststellungsverfahren verhindert böse Überraschungen.

 Um finanziell abgesichert zu sein, behalten viele Jungunternehmer ihre Festanstellung

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Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Sonja Keppler, Professorin für Entrepreneurship an der privaten Allensbach Hochschule in Konstanz, weiß aus der Praxis, dass nebenberufliche Gründungen für viele Menschen eine interessante Perspektive darstellen. Es sei eine attraktive Kombination aus der Sicherheit des Hauptjobs und der Selbstverwirklichung des Unternehmertums mit einer guten Idee. „Die Schattenseite: Mehr als zwei Drittel der Gründer werfen in den ersten fünf Jahren das Handtuch. Sie brauchen also spezifisches Wissen, um erfolgreich zu gründen und Innovationsprozesse systematisch zu gestalten. Dazu gehört, einen Businessplan professionell aufzustellen und ein betriebswirtschaftlich fundiertes Finanzierungskonzept für das Gründungsvorhaben zu erarbeiten.“

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