Risikojob Offizier Einsatz unter Lebensgefahr

Düsseldorf (RP). Einsatz im Krisengebiet: Verantwortungsgefühl und soziale Kompetenz sind wesentliche Voraussetzungen für die Offizierslaufbahn. Zur Ausbildung gehört ein Studium genauso wie das Training an der Waffe.

Daten zur Bundeswehr in Afghanistan
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Foto: AFP

Staub, Hitze und jede Menge Verkehr auf den Straßen Kabuls. Thomas Brackmann hat ein mulmiges Gefühl im Bauch, als er zusammen mit seinen Kollegen aus dem gepanzerten Jeep steigt. Ein Zivilfahrzeug der Nato. Alltag in der afghanischen Hauptstadt. "Man weiß nie, ob nicht jemand unter seinem Gewand einen Sprengstoffgürtel trägt", sagt er.

Brackmann kennt die lauernden Gefahren. Er war zwölf Jahre Offizier bei der Bundeswehr, war am Hindukusch, im Kosovo und zuletzt im Frühjahr am Horn von Afrika im Einsatz. Als Hauptmann der Reserve würde er immer wieder in Krisengebiete zurückgehen. "Denn mit militärischen Mitteln allein, kann man keine Hilfe geben," sagt er.

Der 32-Jährige lebt und arbeitet heute in Köln. Soziale Verantwortung und Führungskompetenz seien ihm immer wichtig gewesen. Daher habe er die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr eingeschlagen, sagt er. Das heißt, er hat sich für zwölf Jahre verpflichtet. Auf seine militärische Ausbildung folgte ein Studium der Staatswissenschaften an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg bei München.

"Wer Offizier werden möchte, sollte gerne Verantwortung übernehmen. Denn Offiziere bilden junge Menschen aus und sind für sie mit allen Konsequenzen auch verantwortlich. Dazu gehört eine große Portion Einfühlungsvermögen und soziale Kompetenz. Offiziere müssen zudem zeitlich und räumlich sehr flexibel und belastbar sein. All diese Eigenschaften, die wir heute ja als Führungsfähigkeiten bezeichnen, werden durch die akademische Bildung gefördert und gestärkt", erklärt Merith Niehuss, Präsidentin der Bundeswehr-Uni in München.

Das Studium ist Bestandteil der Offiziersausbildung. Erst mit dem bestandenen Studium ist die Ausbildung abgeschlossen. Nach einer 15 monatigen Offiziersausbildung gehen die Anwärter zum Studium. In dieser Zeit sind die Grundausbildung, eine Spezialgrundausbildung, ein Sprachenlehrgang sowie der Besuch der jeweiligen Offizierschule von Heer, Luftwaffe oder Marine integriert. "Das Studium ist zwar der längste Teil der Ausbildung, aber der Beruf besteht danach natürlich aus militärischen Einsätzen - auch in Krisengebieten", sagt Niehuss.

In Afghanistan war Brackmann Teil der Truppe für operative Informationen und arbeitete für die Zeitung der Nato "Sada e Azadi", was auf deutsch "Stimme der Freiheit" bedeutet. Der Offizier leitete dort ein 20-köpfiges Redaktionsteam aus afghanischen Zivilisten und internationalen Militärs. Das Medium dient dazu, die Bevölkerung über die Aktivitäten der Nato zu informieren und erscheint im Land dreisprachig, in englisch und den beiden afghanischen Sprachen dari und pashto.

"Es war nicht immer leicht, da man nie zum Redaktionsschluss wusste, ob es mit der Produktion klappt. Aber es war eine Herausforderung, insbesondere wenn es zum Beispiel um religiöse Dinge ging, bei denen ich auch als Moderator handeln musste", erzählt Brackmann. Bereits im Kosovo leitete er eine kleinere Redaktion. "Wir brachten hier die beiden Zeitungen Dritarja (albanisch) und Prozor (serbisch) heraus. Beide heißen übersetzt "Fenster", ergänzt der frühere Heeressoldat.

Im Vergleich zu den Landesuniversitäten unterscheidet sich das Studium an der beiden Bundeswehr Universitäten - in München und der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg - in erster Linie dadurch, dass es statt Semester, Trimester gibt. Beide Einrichtungen sind Campus-Unis. Die Studierenden leben und wohnen auf dem Campus.

Studium und Waffentraining

Auf dem Programm stehen aber auch Übungen mit der Waffe: "Es gibt kleinere Trainingseinheiten beim sogenannten 'militärischen Nachmittag‘. Dort gehen die Studierenden einmal im Quartal auf den Schießplatz. Da sie alle Offiziere und Offizieranwärter sind, gehört das Schießen auch zum Handwerkszeug eines Soldaten, das müssen wir dabei berücksichtigen", sagt Niehuss.

Brackmann selbst ist während seiner Auslandseinsätze in keine Abwehrsituation gekommen. In Uniform hat er zivile Tätigkeiten zur Unterstützung des Informations- und Bildungsangebotes für Menschen in Krisenregionen ausgeübt. Die Ausbildung an der Waffe war ihm bei der Wahl seines Berufsweges dennoch bewusst: "Der Waffendrill ist nötig, da man automatische Handgriffe erlernt, so dass man in Stresssituationen sein Arbeitsgerät auch beherrscht und nicht etwa vorschnell reagiert. Es geht doch um die Sicherheit anderer Menschen", betont er.

Seine Dienstzeit ist seit Sommer beendet. Für den Bundeswehrverband arbeitet er nun in Festanstellung an einem multimedialen Informationssystem. Nur etwa 20 Prozent der Absolventen werden als Berufssoldaten übernommen. Rund 80 Prozent der Studierenden verlassen die Bundeswehr nach Ablauf der Verpflichtungszeit von zwölf und künftig 13 Jahren. "Sie wechseln im Alter von etwas über 30 Jahren aufgrund ihrer akademischen Ausbildung etwa als Ingenieur oder Master of Science sowie ihrer Führungsqualitäten sehr erfolgreich in die Wirtschaft und Industrie, übernehmen Positionen im öffentlichen Dienst oder bei Verbänden, manche machen sich auch selbständig. Diese sehr guten Arbeitsmarktchancen sind durch entsprechende Studien auch belegt", so die Präsidentin.

(RP)
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