Interview mit Dr. Stephan Lermer Eine positive, proaktive Grundhaltung ausstrahlen

Small Talk ist für Sie immer noch ein Buch mit sieben Siegeln? Dann beherzigen Sie die Tipps vom Experten. RP Online hat Dr. Stephan Lermer befragt, Kommunikationspsychologe und Autor des Buchs "Small Talk – Nie wieder sprachlos", der auch bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Wirtschaft coacht.

<P>Small Talk ist für Sie immer noch ein Buch mit sieben Siegeln? Dann beherzigen Sie die Tipps vom Experten. RP Online hat Dr. Stephan Lermer befragt, Kommunikationspsychologe und Autor des Buchs "Small Talk — Nie wieder sprachlos", der auch bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Wirtschaft coacht.

Was sollte man beim Small Talk unbedingt beachten?

Bleiben Sie grundsätzlich positiv: Weder über Abwesende noch Anwesende negativ sprechen. Nicht klagen, keine Zeit mit Ärger-Tiraden vergeuden. Sie werden zwar beim Klagen in Deutschland rasch eine Menge zustimmender Kontakte finden, aber das bringt Sie nicht weiter, sondern zieht sie noch weiter runter. Beschließen Sie einfach, generell eine positive, proaktive Grundhaltung auszustrahlen. So werden an Lebensfreude orientierte Menschen — und nur die sind für Sie interessant — stets Ihre Nähe suchen.

Wie findet man geeignete Themen und Aufhänger?

Geeignete Themen und Aufhänger finden sich am leichtesten in der aktuellen gemeinsamen Befindlichkeit, einer aktuellen gemeinsamen Wahrnehmung oder einer Frage, die gerade jeden bewegt: Jetzt ist ja endlich Wochenende, sehr angenehm, diese neuen Farben, dieses Licht hier, jetzt gibt es das schon hier zu kaufen, ist eigentlich nächste Woche ein Feiertag? Wenn es jemandem gelingt, grundsätzlich über sich selbst, das Leben und die Menschen liebevoll lächeln zu können, dann ist es eigentlich egal, was er sagt, denn er ist für sein Gegenüber eine Bereicherung.

Sind gesellige Leute automatisch die besseren Small Talker?

Das A und O beim Small Talk ist die Extraversion, also auf Menschen zuzugehen, mit ihnen zu plaudern und vor allem aktiv zuzuhören. Das können viele nicht, kommt aber sehr gut an, denn wer hört einem heute noch zu? Gesellige Menschen sind hier trainierter, auch in der Königsdisziplin erfolgreicher Kommunikation: der Empathie, dem Einfühlungsvermögen. All diese Fähigkeiten sind erlernbar, was natürlich dem einen leichter fällt als dem anderen. Aber potentiell sind alle dazu ausgestattet, diese schlummernden Fähigkeiten zu entfalten.

Worüber spricht man am besten, wenn man dem Chef außerhalb des Arbeitsplatzes begegnet, zum Beispiel beim Einkaufen?

Vermeiden Sie zweierlei Gesprächsthemen: Die Arbeit und allzu Privates. Trivialerweise ist das Wetter auch hier wieder gut zu gebrauche: Ist es gut, freuen Sie sich gemeinsam darüber, ist es schlecht, kann man ansprechen, endlich Zeit zu haben für Dinge, wofür man sich sonst nicht die Zeit nimmt.

Was raten Sie Leuten, wie Sie ihre Antipathie bestimmten Personen gegenüber überwinden, um trotzdem ein paar nette Worte mit Ihnen zu wechseln?

Jeder Mensch hat irgendwo sympathische Seiten, auch wenn er sie vielleicht versteckt. Widmen Sie Ihre Aufmerksamkeit diesen Anteilen, so werden diese verstärkt. Sie "verführen" ihn also in Richtung sympathisches Verhalten. Sollte es sich um einen unverbesserlichen Rundum-Unsympath handeln, trösten Sie sich mit dem goldenen Wort für jegliches Unbehagen: Auch das geht vorüber.

Small Talk — nichts für Schüchterne? Muss man erst das Selbstbewusstsein trainieren, um ein guter Small Talker zu werden oder ergibt sich das eine nicht auch aus dem anderen?

Selbstbewusstsein wird in unserem Sprachgebrauch ja synonym mit "selbstsicher" benutzt. Dabei ist Selbstbewusstsein eigentlich nur die Tatsache, dass Sie Ihre Stärken und Schwächen kennen. Daran sollten Sie allerdings arbeiten. Und schon werden Sie als selbstsicherer Mensch gesehen, als solcher behandelt und eines Tages fühlen Sie sich wirklich so.

Was raten Sie Schüchternen?

Soll man wirklich wahllos Leute anquatschen? Ich rate weder zu Wahllosigkeit noch zum Anquatschen. Vielmehr sollte man sich bewusst machen, dass Schüchternheit stets die Folge von Angst ist. Stellt man sich nun den "worst case", also den schlimmsten Fall einer misslungenen Kontaktaufnahme vor, dann wäre das höchstens eine vorübergehende menschliche Peinlichkeit, für die man sich dann halt entschuldigt. Also empfehle ich, immer wieder einmal mit fremden Menschen belanglos plaudern, um wiederholt die Erfahrung zu machen: Ich kann das inzwischen auch!

Wie beendet man einen Small Talk? Was oder wer entscheidet, ob der Kontakt eventuell vertieft wird?

Elegantester Abgang im Fall von Desinteresse: Kurz ansprechen, wo man jetzt rasch hin muss. Im positiven Fall eine vage, oder besser noch genaue, Vereinbarung zum baldigen Wiedersehen bewusst aussprechen.

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