Erfolgsstrategie Egoist oder Teamplayer?

Die einen handeln ichbezogen, die anderen setzen auf Harmonie. Welche Strategie hilft im Berufsleben? Fest steht: Egoisten haben oft Erfolg. Aber langfristig gesehen hilft etwas anderes.

 Ellenbogen ausfahren oder kooperativ sein? Unternehmen schätzen Mitarbeiter, die grundsätzlich auch auf die anderen gucken.

Ellenbogen ausfahren oder kooperativ sein? Unternehmen schätzen Mitarbeiter, die grundsätzlich auch auf die anderen gucken.

Foto: dpa-tmn/Klaus-Dietmar Gabbert

Um Karriere zu machen, muss man die Ellenbogen ausfahren. Gilt das tatsächlich heute noch? Wer kommt wirklich im Arbeitsleben weiter: die Egoisten oder die Teamplayer?

Die Ego-Zeit sei vorbei, meint Professor Jens Weidner, Teamarbeit dagegen extrem wichtig. „Als Ego-Shooter löst man keine komplexen Aufgaben mehr“, sagt der Autor und Management-Trainer.

Zwei US-Langzeitstudien der University of California in Berkeley zeigen, dass unsympathische, aggressive und eher egoistische Personen nicht mehr Macht erhielten als andere, die als „nett“ eingestuft wurden. Sie hätten am Arbeitsplatz schlechtere zwischenmenschliche Beziehungen, was jedweden Vorteil, den sie durch ihr egoistisches Verhalten hätten haben können, zunichte machte, so das Ergebnis.

Melanie Kohl registriert ebenfalls einen Wandel in Unternehmen. Man könne heutzutage durchaus erfolgreich sein, indem man andere erfolgreich mache. „Die Firmen wollen für ihre Mitarbeiter attraktiv bleiben und für ein gutes Betriebsklima sorgen“, erklärt die Mentalcoachin. Schließlich würden glückliche Mitarbeiter gerne mehr leisten, mehr Verantwortung übernehmen und seien motivierter. „Wer viele Egoisten im Team hat, wird das Gegenteil beobachten können“, meint Kohl. Dabei sei es egal, in welcher Branche man arbeite, meinen die Experten.

Wann Biss am Arbeitsplatz den-
noch hilft Ein kooperativer Team-player zu sein, bedeutet jedoch nicht nur, immer für andere da zu sein, sondern sowohl Verantwortung für die eigenen als auch für die gemeinsamen Ziele zu übernehmen. Dazu kommt, dass Teams auch ihre Schattenseiten haben. Sie könnten zu Gangs werden, die Angst verbreiten, sagt Jens Weidner. Deshalb gelte es zu analysieren: Wie entsteht Gruppendruck? Wer ist Wortführer? Wer unterstützt mich auch nach Fehlern? Wer ist gegen mich?

„Für genau die Kollegen, die sich bemühen, einem Knüppel zwischen die Beine zu werfen, braucht es Biss“, erläutert der Management-Trainer. Damit meint er nicht puren Egoismus. Im Gegenteil: Er nennt es „positive Aggression“. Dabei dürfe man auch mal nachtragend sein und müsse billigend in Kauf nehmen, dass andere verlieren.

Von Ausbeutern und Ausgebeuteten Wie hart ein solcher Kampf werden kann, zeigen die Experimente von Professor Manfred Milinski vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie. Hat einer von zwei eigentlich gleich gestellten Mitarbeitern die Option, aufzusteigen und ein höheres Gehalt zu kassieren, wird dieser sich zu einem sogenannten „Erpresser“ oder „Ausbeuter“ entwickeln.

„Der Ausbeuter arbeitet weiter mit dem Kollegen zusammen, aber in 40 Prozent der Fälle eben nicht“, erklärt Milinski. Dadurch sei er als Ausbeuter schwer zu erkennen. Das Gegenüber profitiere unterm Strich, wenn er oder sie weiter zusammenarbeite.

Die Begriffe entstammen dem „Gefangenendilemma“. In diesem experimentellen Spiel profitieren zwei Teilnehmer stärker davon, wenn sie kooperieren, als wenn sie sich beide egoistisch verhalten. Wenn aber einer egoistisch ist und der andere kooperiert, erhält der Egoist den größten Gewinn, der Kooperierende geht leer aus.

Wenn nette Kollegen einen über den Tisch ziehen „Sie kennen die Kollegen oder Chefs als nett und hilfsbereit“, schildert Milinski, „und plötzlich zieht er Sie über den Tisch.“ Man hält es zunächst für ein Versehen, aber die Masche wiederholt sich. „Wenn Sie jemanden als Schleimer erkennen, ist das vermutlich ein Erpresser“, sagt der Evolutionsbiologe. Die Ausbeuterstrategie zwinge auf subtile, nette Weise den Gegenüber in seinem eigenen Interesse zur ständigen Kooperation. „Beide profitieren, der Ausbeuter aber erheblich mehr“, so Milinski. Für den Ausgebeuteten gibt es nur ein Entrinnen: wenn er komplett auf Gewinn verzichtet, was aber unvernünftig wäre.

„Die Regel ist simpel, in der Mehrzahl der Fälle, aber zufällig verteilt, kooperativ sein, im Rest unkooperativ“, sagt der Wissenschaftler. Auf egoistisches, unkooperatives Verhalten des Gegenüber sollte man jedoch mit einer ebensolchen Vorgehensweise antworten.

Durchsetzen, um Gutes zu tun „Egoisten haben häufig einen kurzfristigen Erfolg“, meint Weidner. Sie wüssten, wie man auftritt, hätten eine gute Performance. Der Erfolg sei aber selten nachhaltig. Er rät stattdessen, sich durchzusetzen, um Gutes zu tun. Wer sich durchsetzt, hilft dem Unternehmen, das dann eventuell mehr Umsatz macht oder höhere Gewinne erzielt. „Mehr Gewinn bedeutet mehr Steuern, was dann auch der Allgemeinheit zugutekommt“, argumentiert er.

Umgekehrt können egoistische Mitarbeiter Unternehmen teuer zu stehen kommen. So haben Forscher der Harvard Business School im Jahr 2015 untersucht, welche Kosten toxische Mitarbeiter verursachen, also diejenigen, die sich selbst überschätzen und egoistisch sind. Das Ergebnis: Im Schnitt verursachten sie einen Schaden von 12.500 US-Dollar für ihren Arbeitgeber, die besten Mitarbeiter erwirtschaften dagegen ein zusätzliches Plus von 5000 US-Dollar.

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