Modistin und Pinselmacher Diese Berufe sterben aus

Düsseldorf · Ihre Berufe haben sich in den letzten hundert Jahren kaum verändert. Dafür werden immer weniger von ihnen gebraucht. Modistinnen, Hufschmiede, Bürsten- und Pinselmacher oder Bergleute haben Berufe, die vom Aussterben bedroht sind.

Vom Aussterben bedrohte Berufe
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Foto: AP

Wenn Michael Kopp morgens zur Schicht fährt, ist immer ein bisschen Wehmut dabei. Er ist Bergmann, arbeitet 1200 Meter tief unter der Erde, und er ist einer der letzten seines Standes. "Mein Vater war Bergmann, meine Brüder haben Bergmann gelernt, heute bin ich der Einzige, der noch unter Tage fährt", meint der 41-Jährige. Er ist nicht bloß der letzte in seiner Familie. Sein ganzes Berufsbild ist ausgestorben.

1984 hat der Kumpel den Beruf des Bergmanns auf der Zeche Friedrich-Heinrich in Kamp-Lintfort erlernt. Das Berufsbild gibt es seit Ende der 90er Jahre nicht mehr. Selbst die, die heute noch im Bergwerk eine Ausbildung machen, sind Techniker oder Mechaniker. Echte Bergleute werden selten. Die Landesregierung will die Subventionierung des Steinkohlebergbaus einstellen.

Vieles, was Michael Kopp im dunklen Stollen schafft, funktioinert trotz technischen Fortschritts noch genau wie vor hundert Jahren. "Das Bohren und Sprengen unter Tage wird noch heute gemacht wie eh und je. Und die Gefahr ist immer da - der Berg ist unberechenbar." Zu feierlichen Anlässen singen die Bergleute noch heute das Lied vom Steiger: Es drückt die Hoffnung aus, abends gesund wieder ans Tageslicht zu kommen. Tief unter der Erde hat Kopp seinen Traumberuf gefunden. "Die freie Arbeit, das Bergwerk, die Kameradschaft - für mich kam nie was anderes in Frage."

Qualität statt Quantität

Wie der Bergmann steht auch der Bürstenmacher auf der Roten Liste aussterbender Berufe. Stefan Gremme gehört zu den letzten seiner Zunft. Die Qualität ist für den 44-Jährigen das Wichtigste. "Quantität kann jeder", sagt er. Obwohl heute die meisten Bürsten industriell gefertigt werden, liefert Gremme auch ins Ausland, zum Beispiel Bürsten zur Reinigung von Rebstöcken bis nach Kanada. Junge Leute bildet er in seinem Betrieb nicht aus.

Auch angehende Hufschmiede kommen schwer auf direktem Wege zu ihrem Berufsziel: Sie benötigen eine Ausbildung in einem metallverarbeitenden Beruf, etwa Schlosser. Nach einem Praktikum bei einem Hufschmied werden sie zur Aufnahmeprüfung bei einer Lehrschmiede zugelassen, wo er nach Bestehen noch eine Ausbildung macht. Am Ende steht die staatliche Hufbeschlagprüfung. Erst dann ist man Hufschmied wie Uwe Bumel - aussterben wird seine Zunft solange nicht, wie es Pferdeliebhaber gibt, ist sich der 46-Jährige sicher.

Diese Liebhaber sichern auch das Überleben einer weiteren Berufsgruppe: Die der Modistin - das Pendant zum Hutmacher, der Herrenhüte herstellt. Modistinnen fertigen die extravaganten Damenhüte an, ohne die Pferderennen nicht das wären, was sie sind. In Deutschland gibt es nicht einmal mehr 250 Meisterbetriebe, in denen Damenhüte angefertigt werden, und nur noch eine handvoll Ausbildungsplätze für Modistinnen. Eine von ihnen ist Janna-Maria Banning, sie war mit nur sieben anderen Azubis in der Berufsschulklasse. "Ich wollte auf jeden Fall etwas Kreatives, Gestalterisches machen", erklärt die 24-Jährige. "Frauen möchten etwas Individuelles haben, ein Unikat." Genau darum, sagte sie, wird sie auch in Zukunft gut zu tun haben.

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