Nachhilfe am Computer "Die Revolution des Lernens ist im Gange"

Düsseldorf · Das Internet als Ort der Vernetzung ist für schulische und universitäre Zwecke unverzichtbar geworden. Bewerbungen, Anmeldungen, Benotungen – fast alles läuft heute online. Eine Videoplattform versucht, die klassische Nachhilfe zu ersetzen.

Umfrage: Ihre Erfahrung mit Nachhilfe
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Das Internet als Ort der Vernetzung ist für schulische und universitäre Zwecke unverzichtbar geworden. Bewerbungen, Anmeldungen, Benotungen — fast alles läuft heute online. Eine Videoplattform versucht, die klassische Nachhilfe zu ersetzen.

Videos gucken statt Bücher wälzen? Auf diese Weise zum Lernerfolg zu kommen, das ist die Vision der Gründer der Seite sofatutor.com. Seit knapp drei Jahren widmen sich unter dieser Adresse Fachtutoren in kurzen Erklärfilmchen dem Schul- oder Unistoff. Bevor die Filme online gehen, werden sie von Sachverständigen geprüft.

In Kooperation unter anderem mit dem Bundeswirtschaftsministerium und der Humboldt-Universität zu Berlin erreicht das Start-Up mittlerweile rund 30.000 Kunden. Das neuartige Konzept brachte dem Team bereits mehrere Auszeichnungen ein, zuletzt den Deutschen Bildungsmedienpreis.

Anders als Videoseiten wie YouTube ist sofatutor allerdings nicht kostenlos. Die Nutzer bezahlen für ein Abonnement zwischen 14,95 und 34,95 Euro im Monat. Die Experten, die ihre Videos auf dem Portal anbieten, werden dadurch vergütet: Je öfter ihre Hilfestellung angeschaut wird, desto mehr verdienen sie.

Unsere Redaktion sprach mit Stephan Bayer (29), Gründer und Geschäftsführer von sofatutor.

Welche Ziele verfolgen Sie mit sofatutor.com?

Stephan Bayer: "Wir wollen Schüler und Studenten dabei unterstützen, eigenständig ihre Leistung zu steigern, Wissenslücken zu schließen und effektiv zu üben. Letztendlich sollen sie so sicher die Versetzung schaffen und Prüfungen wie das Abitur erfolgreich bestehen."

Was halten Sie von ähnlichen Projekten, wie Live-Übertragungen von Vorlesungen? Lernen wir bald nur noch digital?

Bayer: "Wir stehen diesen Projekten aufgeschlossen gegenüber. Wir haben auch Kontakt zu Vorreitern solcher Projekte wie Prof. Dr. Christian Spannagel, etwa für die Idee des "Flipped Classroom". Dabei wird der Unterricht dazu genutzt, um Fragen zu besprechen, während der Stoff zu Hause erarbeitet wird. Was das digitale Lernen betrifft: Diese Revolution ist bereits im Gange, nur in den Klassenzimmern kommt sie schleppend an! Während wir privat immer mehr Gebrauch von digitalen Medien machen, ändert sich im Schulunterricht bisher nur wenig. Doch diese Kluft wird sich immer weiter schließen, dazu wollen wir beitragen."

Das Web ist ein Suchmedium. Verschreckt das Abonnement-Modell nicht Interessenten, die gezielt nach Erklärungen für ein einzelnes Thema suchen und sich nicht gleich binden wollen?

Bayer: "Unser Angebot ist auf einen langfristigen Lernerfolg ausgerichtet. Mit unseren Abo-Modellen orientieren wir uns auch an den Anforderungen von Nachhilfe-Suchenden. Die möchten in der Regel einen längerfristigen und verlässlichen Lernbegleiter, mit dem sie sicher durch die Prüfungszeit oder das Schuljahr kommen. Zudem sichern wir damit auch die Qualität unseres Angebotes, während unsere Nutzer von den Preisvorteilen des Modells profitieren."

Wie wollen Sie die Ablenkung beim Lernen durch andere Internetseiten vermeiden?

Bayer: "Wer Ablenkung sucht, wird sie auch finden — egal, ob im Internet oder anderswo. In unseren Lernvideos verzichten wir aber ganz bewusst auf ablenkende und unnötige Inhalte wie beispielsweise Werbung. Wir haben allerdings keinen Einfluss auf das Surfverhalten unserer Nutzer, wenn sie ein Video anschauen."

329 von 383 Kursen und fast die Hälfte der Videos in Ihrem Angebot gehören zum Fach Mathematik. Für Englisch gibt es nur einen Kurs, für Latein gar keinen. Haben die Schüler etwa nur in Mathe Schwierigkeiten?

Bayer: "Mathematik ist nach wie vor das Problemfach Nummer eins in der Schule und im Studium. Von daher orientieren wir uns auch an der großen Nachfrage für dieses Fach. Die Anzahl unserer Videos und Kurse steigt aber auch in den anderen Fächern, denn jeden Tag werden neue Lernfilme produziert. So haben wir inzwischen auch sieben Kurse für das Fach Englisch. Unsere Kurse setzten sich aus den Lernvideos zusammen. Davon gibt es auch für Latein ausreichend viele, um das kleine Latinum zu meistern."

Durch das Video ist eine Ausrichtung auf individuelle Probleme eines Schülers schwierig. Klingt ein bisschen nach Frontalunterricht.

Bayer: "Die Schüler sind mit ihren Problemen nicht alleine, denn unser Angebot geht über die Videos hinaus. Es besteht immer die Möglichkeit, ein Video zu kommentieren und Fragen zu stellen. Darüber hinaus bieten wir auch einen Live-Chat mit "echten" Lehrern an, mit denen die Probleme ganz individuell besprochen werden können. Dazu gibt es Testfragen nach jedem Video, anhand derer die Schüler überprüfen können, ob sie den Stoff auch richtig verstanden haben."

Besteht für die Nutzer die Möglichkeit, auch mit den Experten in Kontakt zu treten? Können die Schüler sich gegenseitig helfen?

Bayer: "Wenn durch einen Kommentar eine Frage zu einem Video gestellt wurde, antworten die meisten unserer Tutoren auch darauf. Darüber hinaus bieten wir eine Funktion an, die es erlaubt, direkt im Video Kommentare an einer bestimmten Stelle zu hinterlassen. Die Schüler können sich auf diese Weise auch gegenseitig auf Inhalte aufmerksam machen und diese ergänzen."

Sind es Ihrer Erfahrung nach eher die Schüler oder die Eltern, die die Online-Nachhilfe bevorzugen?

Bayer: "Die Generation der Schüler steht der Online-Nachhilfe unserer Erfahrung nach oft wesentlich aufgeschlossener gegenüber als die Eltern, welche nicht mit dem Internet aufgewachsen sind. Wenn sich die Familien erst einmal überzeugt haben, bekommen wir aber auch begeistertes Feedback von Eltern, die uns von den Erfolgen ihrer Kinder berichten."

Ihren Premium-Kunden bieten Sie eine Geld-zurück-Garantie. Kann der Lernerfolg wirklich von sozialen Faktoren wie der Unterstützung zu Hause getrennt werden?

Bayer: "Natürlich hängt der Lernerfolg auch immer vom sozialen Umfeld der Schüler ab. Eine interne Umfrage unter unseren Nutzern hat jedoch eindeutig bestätigt, dass man mit unserem Angebot Lernerfolge erzielt. An dieser Stelle vertrauen wir unseren Nutzern, da nur sie das letztlich beurteilen können."

(chk)
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