Termin beim Arzt Ärzte arbeiten selten nach Feierabend

Arztbesuche außerhalb der Arbeitszeit unterzukriegen, ist für Vollzeitbeschäftigte regelmäßig eine Herausforderung. Aber muss man dafür überhaupt alle Umstände in Kauf nehmen? Die wichtigsten Regeln im Überblick.

Steht ein Vorsorgetermin an, müssen Beschäftigte den nach Möglichkeit außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen.

Steht ein Vorsorgetermin an, müssen Beschäftigte den nach Möglichkeit außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen.

Foto: dpa-tmn/Benjamin Nolte

Vorsorgeuntersuchung, Zahnprophylaxe, Physiotherapie – solche Termine kann man in der Regel nur während der Arbeitszeit vereinbaren. Aber dürfen Beschäftigte überhaupt für den Arztbesuch später zur Arbeit kommen oder sie unterbrechen? Rechtsexperten beantworten die wichtigsten Fragen.

Muss ich meinen Arbeitgeber über Arztbesuche informieren? Ja, und zwar so schnell wie möglich. „Der Arbeitgeber muss die Möglichkeit haben, zu disponieren und sich darauf einzustellen. Sobald ich weiß, dass ich zum Arzt oder in die Reha gehe, muss ich den Arbeitgeber informieren“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln.

Die Meldepflicht gelte immer unverzüglich, sofern man außerplanmäßig nicht zur Arbeit erscheint, sagt Tjark Menssen von der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). „Man darf nicht erst abwarten, bis man beim Arzt war und der eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellt.“

Darf ich während der Arbeitszeit zum Arzt? Wer krank und damit arbeitsunfähig ist, darf jederzeit zum Arzt. Zwar sei der Besuch keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, aber „das Gesetz regelt, dass bei Arztbesuchen, die nicht lange dauern, trotzdem die Vergütungspflicht fortbesteht“, so Menssen.

Anders sieht es bei Vorsorgeterminen aus. Ist im Arbeitsvertrag dazu nichts geregelt, gilt: „Wenn ich nicht krank im Sinne von arbeitsunfähig bin, muss ich die Termine grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit legen. Es sei denn, der Arzt bietet solche Termine nicht an“, sagt Oberthür. Was geht und was nicht, ist dabei eine Einzelfallentscheidung. Arbeitszeiten spielen ebenso eine Rolle, wie die Flexibilität der Arztpraxis.

Gibt es keine Möglichkeit, den Termin außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen, „muss der Arbeitgeber medizinische, zeitliche oder terminliche Notwendigkeiten akzeptieren“, sagt Menssen. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn eine Untersuchung zu einer bestimmten Tageszeit durchgeführt werden muss oder die Arztpraxis außerhalb der Arbeitszeit keine Sprechstunden anbietet.

Wann brauche ich eine Krankschreibung? Hier lohnt der Blick in den Arbeitsvertrag. Das Gesetz schreibt die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach drei Tagen vor. „Laut Arbeitsvertrag oder auf besondere Anordnung des Arbeitgebers kann aber auch schon am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein Attest verlangt werden“, erklärt Tjark Menssen.

Wann muss ich Urlaub nehmen, wenn ich zum Arzt will? „Ein Zwang, Urlaub zu nehmen, besteht in keinem Fall“, sagt Menssen. Das wäre im Falle einer Arbeitsunfähigkeit schon rechtlich gar nicht möglich.

Was gilt, wenn das Kind zum Arzt muss? Auch hier wird unterschieden: Ist das Kind krank und muss betreut werden, oder handelt es sich um eine planbare Vorsorgeunteruntersuchung? Im zweiten Fall „muss ich versuchen, einen Termin außerhalb der Arbeitszeit zu bekommen“, sagt Oberthür. Anders stehen die Dinge, wenn das Kind krankheitsbedingt betreut werden muss und es sich um eine kurze Krankheit handelt. „Dann habe ich Anspruch darauf, bezahlt zu Hause zu bleiben, um das Kind zu betreuen. Das würde auch entsprechende Arztbesuche einschließen.“

Darüber hinaus steht gesetzlich versicherten Arbeitnehmern in der Regel eine unbezahlte Freistellung zu, in der sie Kinderkrankengeld erhalten. Bis April 2023 darf sich jeder Elternteil pro Kind 30 Tage pro Jahr freistellen lassen, bei mehreren Kindern maximal 65 Tage im Jahr. Alleinerziehende haben pro Kind und Jahr 60 Tage Anspruch auf Kinderkrankengeld, bei mehreren Kindern maximal 130 Tage.

Worauf sollten Arbeitnehmer unbedingt achten? Nicht alle Arbeitsverträge sind gleich. In manchen Fällen werden besondere Regelungen im Hinblick auf Arztbesuche, Krankheitsausfälle und Vergütung formuliert oder ausgeschlossen.

(dpa/tmn)
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