Business-Mode Kapuzenpulli unter dem Sacko wird salonfähig

Bevor in der Pandemie alle ins Homeoffice gingen, war für viele im Büro der Anzug das gewohnte Outfit. Wenn es nach den Designern geht, wird es zukünftig aber legerer.

 Die Krawatte sei mittlerweile total out, sagen Stilberater und Trendexperten.

Die Krawatte sei mittlerweile total out, sagen Stilberater und Trendexperten.

Foto: Jens Schierenbeck/dpa

Der Anzug ist der große modische Verlierer der Coronakrise – „und wird sich auch nie wieder davon erholen“, sagt Carl Tillessen, Trendanalyst beim Deutschen Modeinstitut. Eine gewagte These, aber eine nachvollziehbare nach all den Monaten, in denen Bürojobs mehrheitlich im Homeoffice erledigt wurden. Die ersten Auswirkungen dieser neuen Arbeitssituation sind im Handel zu sehen: Designer und Modelabels lassen Jogginghose oder Kapuzenpulli zum Blazer oder Jackett tragen. „Der Trend geht ganz klar ins Legere“, sagt Stilberaterin Lisa Zimmermann.

Was heißt das konkret? Bei der Frauenmode gibt es bei den Blazerkombinationen eine Entwicklung zu den weiten Schnitten und zu einer Ergänzung um sportliche Elemente, etwa um die Jogginghosen. Es gibt seit Längerem schon sehr schicke Exemplare für den Alltag. Sogar in den klassischen Schnitten einer Anzughose, zum Beispiel mit Bundfalten. „Wenn sie mit schönen Stoffen von Blazern kombiniert werden, können Jogginghosen sogar edel aussehen“, sagt Zimmermann. Frauen rät sie zum T-Shirt oder Seidentop unter dem Blazer.

Einhergehend mit der Jogginhosen-Kombi nutzen die Designer verstärkt auch gemütliche Stoffe für Anzug- und Blazerkombinationen. Das ist zwar nicht neu, denn gerade hochwertige Anzüge sind längst bequemer als so manche Jeans. Nun aber gibt es auch viele Modelle aus Jersey- und Strickstoffen. Aber auch die Männeranzüge verändern sich. „Der Knoten ist geplatzt“, kommentiert Modeanalyst Tillessen diese Entwicklung. Und das kann man wörtlich nehmen: „Die Krawatte ist total out“, sagt Stilberaterin Zimmermann. Die klassischen Anzug-Accessoires würden nur noch zu formalen Anlässen angezogen. Carl Tillessen sieht das ähnlich. Seine „elegante Alternative zu Hemd und Krawatte“: ein wertiges Strickpolohemd unter dem Anzug, dazu schlichte Sneaker. Oder man trägt nur noch das Hemd zur Anzughose.

Die Männeranzüge sind auch weiter geschnitten als noch vor einigen Jahren. Dadurch könnten Männer überhaupt erst problemlos Kapuzenpullover unter ihren Sakkos tragen. „Das wäre früher technisch gar nicht möglich gewesen, weil die Anzüge so eng geschnitten waren, dass ein Pullover gar nicht darunter gepasst hätte“, weiß Tillessen. Und das ist nicht einmal eine auffällige Kombination. Diese Rolle nehmen stattdessen Schlaghosen oder Baggypants zum Sakko ein.

All diese Entwicklungen sind aber erst mal Sache der Mode – und jene Arbeitnehmer und Freischaffenden, die sie auch wirklich tragen können. Es gibt nach wie vor Unternehmen, in denen es eine Pflicht zur klassischen Anzugkombination gibt, auch wenn diese bereits in den vergangenen Jahren häufig etwas gelockert wurde. Doch inwieweit sich Jogginghosen und Kapuzenpulli zu Blazer und Jackett etwa in Banken und Versicherungen durchsetzen lassen, wird sich erst noch zeigen.

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