Urteil des Bundesarbeitsgericht Arbeitszeugnis darf nicht wie ein Schulzeugnis aussehen

Erfurt · Nur durch einen Fließtext könne die Leistung ausreichend differenziert dargestellt werden. Tabellen wie bei Schulzeugnissen könnten das nicht leisten. Was es zu beachten gilt.

 Eine Notentabelle reicht nicht als Arbeitszeugnis, das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht.

Eine Notentabelle reicht nicht als Arbeitszeugnis, das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht.

Foto: dpa-tmn/Monique Wüstenhagen

Ein Arbeitszeugnis darf nicht in Tabellenform wie ein Schulzeugnis aussehen. Arbeitnehmer können vielmehr auf einem im Fließtext formulierten Arbeitszeugnis bestehen, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil entschied. (Az: 9 AZR 262/20)

Es gab damit der Klage eines Elektrikers aus Westfalen im Grundsatz statt. 2018 hatte er seinen Arbeitsplatz selbst gekündigt. Das Arbeitszeugnis seines bisherigen Arbeitgebers war nach einer Einleitung wie ein Schulzeugnis als Tabelle gefasst. Verschiedenste Punkte wie Kenntnisse, Motivation und Arbeitsqualität wurden mit Schulnoten bewertet.

Wie nun das BAG entschied, wird dadurch der Anspruch des Arbeitnehmers auf ein "qualifiziertes Arbeitszeugnis" nicht erfüllt. Ein solches Zeugnis müsse "individuell auf den einzelnen Arbeitnehmer zugeschnitten" sein. Dies erfordere "individuelle Hervorhebungen und Differenzierungen", wie sie nur in einem Fließtext möglich seien.

Zur Begründung betonten die Erfurter Richter, dass in einer Bewertungstabelle die verschiedenen Punkte gleichrangig nebeneinanderstehen. Die Zeugnisbewertung müsse sich aber auf die konkrete Tätigkeit beziehen. Die hierfür prägenden Merkmale verlören in einer Tabelle ihre Bedeutung.

Insgesamt habe eine Notentabelle "nur geringe Aussagekraft", befanden die obersten Arbeitsrichter. "Besondere Eigenschaften, Kenntnisse oder Fähigkeiten, die den Arbeitnehmer für neue Arbeitgeber interessant machen könnten, lassen sich daraus nicht ableiten." Zudem erwecke die Notentabelle "den unzutreffenden Eindruck einer besonders differenzierten, präzisen und objektiven Beurteilung", obwohl es sich letztlich um subjektive Einschätzungen handele.

Im Streitfall soll nun das Landesarbeitsgericht Hamm über die Formulierung eines Fließtext-Zeugnisses entscheiden.

(lils/AFP)
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