Lernen in Entwicklungsländern Wo das Studieren zum Abenteuer wird

Heidelberg · Nur selten wagen Studenten den Weg in ein Entwicklungsland. Sie haben meist Angst, dass es dort zu unsicher sein könnte. Hinzu kommt die fehlende Erfahrung deutscher Universitäten. Mit der richtigen Vorbereitung kann so ein Auslandsaufenthalt aber richtig gut werden.

2013: Erstsemester starten an der Düsseldorfer Uni
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"Ich hatte einen wirklich großen Kulturschock", erinnert sich Lucas Lamberty an seinen Auslandsaufenthalt im Libanon an der American University. Als der Student im September 2012 in Beirut aus dem Flugzeug stieg, waren die Einschusslöcher in den Hausfassaden das Erste, was ihm auffiel.

Lamberty studiert Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg. Seit dem einsemestrigen Auslandsaufenthalt hat er den Nahen Osten für sich entdeckt - als Forschungsschwerpunkt. "Für die Untersuchung des Umbruchs in den arabischen Staaten kann solch ein Vorhaben durchaus sinnvoll sein", bestätigt Anke Sobieraj vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).

Bisher wenige Studenten in Entwicklungsländern

Im Moment ist die Liste der Partnerschaften zwischen deutschen Hochschulen und Entwicklungsländern noch recht übersichtlich. Hinzu kommt, dass sich die meisten Studierenden für ein Industrieland entscheiden: 2011 waren über 6000 deutsche Studenten in Frankreich, aber nur 21 im afrikanischen Ghana. Das macht den Erfahrungsaustausch und die Planung für Studenten schwer.

Lässt sich in der Datenbank der Heimatuniversität keine passende Partnerschaft finden, kann der Student das Vorhaben auch auf eigene Faust organisieren. "Ich bin damals als Free Mover in den Libanon gegangen, weil meine Uni keine Kontakte nach Beirut hatte", erzählt Lamberty. Um das Semester im Ausland nicht wiederholen zu müssen, sollte in jedem Fall mit der Heimatuniversität geklärt sein, ob die Kurse angerechnet werden können.

Der DAAD empfiehlt, ein Jahr vor dem Auslandsaufenthalt mit der Vorbereitung zu beginnen. Ein Visum zu beantragen, koste Zeit. Einige Länder fordern eine medizinische Bescheinigung des Hausarztes oder sogar ein Führungszeugnis für die Einreise. Als Lamberty alle Unterlagen zusammen hatte, wollte der Postangestellte seine Bewerbung erst gar nicht entgegennehmen: Für den Libanon gebe es doch sicherlich ein Embargo. "Es sind oft banale Sachen, die Nerven kosten", sagt Lamberty. "Davon sollten sich Bewerber aber nicht entmutigen lassen."

Verschiedene Möglichkeiten zur Finanzierung

Lamberty ist Stipendiat einer staatlichen Stiftung, die ihn während seines Aufenthalts finanziell unterstützt hat. Es gab einen Auslandszuschuss und eine Reisekostenpauschale. Die Bereitschaft, ihn finanziell zu unterstützen, sei groß gewesen - auch weil er sich für ein ungewöhnliches Studienland entschieden hatte.

Daneben gibt es die klassische Finanzierungsvariante durch den DAAD. Die Stipendiendatenbank des Austauschdienstes gibt einen Überblick über mögliche Förderungen. "Wird für ein Land eine Reisewarnung ausgesprochen, stoppen wir die entsprechenden Programme", betont Anke Sobieraj. Außerdem kann der Bewerber Auslands-BaföG beantragen. Finanziert werden Reisekosten und Krankenversicherung. Und der Student bekommt einen Auslandszuschlag. Mögliche Studiengebühren unterstützt das Amt mit bis zu 4600 Euro im Jahr.

Neben der Bewerbung sollte sich der Student auch kulturell vorbereiten und ein realistisches Bild von dem Land entwickeln. "Den Libanon nur mit Kamelen und Wüste zu verbinden, ist der falsche Ansatz", warnt Lamberty. Die Internationale DAAD-Akademie bietet Kurse an, in denen Studierende auf den Auslandsaufenthalt vorbereitet werden - Kostenpunkt rund 200 Euro.

Studium im Krisenland kann gefährlich sein

Darüber hinaus haben einige Universitäten einen Career Service mit entsprechenden Lehrveranstaltungen: "Hier lernen Studierende Umgangsformen und werden auf mögliche kulturelle Missverständisse hingewiesen", erklärt Antje Karbe von der Universität Tübingen. Das Leben in einem Entwicklungs- oder gar Krisenland kann gefährlich sein. "Während meiner Zeit in Beirut gab es einen Bombenanschlag. Ich habe zwar erst durch die Presse davon erfahren, aber die Folgen am Tatort sahen furchtbar aus", berichtet Lamberty.

Über aktuelle Reisewarnungen zu Unruhen oder Naturkatastrophen gibt das Auswärtige Amt Auskunft. Die Sicherheitshinweise gibt es sogar per Newsletter. Für den Ernstfall sollten sich Studenten in den elektronischen Datenbanken der deutschen Auslandsvertretungen registrieren.

"Trotz der Situation im Land habe ich mich nie unsicher gefühlt", sagt Lamberty. Zu seinen angenehmen Erinnerungen gehört die an sein Studentenwohnheim, wo er mit Studenten aus Jordanien, Syrien oder dem Libanon auf einer Etage wohnte. Oder die Falafelläden auf der Straße.
Heute engagiert er sich in einer Hilfsorganisation, die syrische Flüchtlinge im Libanon unterstützt. Mit dem Land will er sich auch in seiner Bachelorarbeit beschäftigen. "Der Nahe Osten hat mich nicht mehr losgelassen."

(dpa)
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