Unterschiede von Branche zu Branche Auszubildende dringend gesucht

Düsseldorf · Nach Schule, Studium und Stellensuche haben diese sechs jungen Menschen es geschafft: Sie beginnen in dieser Woche ihre Ausbildung. Gut 72.000 Stellen sind landesweit besetzt, rund 54.000 Bewerber sind aber noch immer auf der Suche.

Auszubildende in NRW – wir stellen sieben Azubis vor
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Auszubildende in NRW – wir stellen sieben Azubis vor

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Foto: Endermann Andreas

Immer mehr junge Menschen streben das Abitur und ein Studium an. Darunter haben ausbildende Betriebe zu leiden, von Bewerbern unterschätzte Branchen wie das Gastgewerbe, die händeringend Nachwuchs suchen, sind besonders betroffen. Dennoch ist die Zahl derjenigen, die einen Ausbildungsplatz suchen, zum offiziellen Start des Ausbildungsjahres am 1. August von 47.000 (2015) auf 54.000 (2016) gestiegen. Noch haben sie Zeit, denn viele Betriebe stellen bis Oktober ein - und offene Stellen gibt es zuhauf.

Kommunikative und soziale Kompetenz

Die Lehrstellenbörse der Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf meldet noch 1200 freie Ausbildungsplätze in mehr als 70 Berufen - 200 mehr als im Vorjahr. "Es gibt Indizien für ein nachlassendes Interesse der jungen Menschen am Handwerk", sagt ein Sprecher der HWK. Dabei gebe es auch im Handwerk Berufe mit guten Aussichten für die Zukunft in einer digitalen Welt. Viele Ausbildungsstellen für Elektro- und Informationstechniker seien aber noch immer unbesetzt. Kurios: Besonders nachgefragt sei der Beruf des Bestatters. "Vor allem junge Frauen interessieren sich dafür, weil der Umgang mit den Angehörigen eine hohe kommunikative und soziale Kompetenz erfordert", sagt der Sprecher.

Generell würden sich viele Bewerber allerdings für den Dienstleistungs-Sektor entscheiden und dem Handwerk verloren gehen. Hinzu komme der demografische Wandel: "Es gibt immer weniger Menschen in der Altersgruppe, und das wird auf längere Zeit so bleiben."

Viele Studenten machen später Ausbildung

2000 freie Stellen hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) im Großraum Düsseldorf noch im Angebot. Auch Norbert Woehlke, bei der IHK zuständig für das Thema Ausbildung, sieht den Grund dafür im Trend zu höheren Schulabschlüssen und dem wachsenden Wunsch, einen akademischen Beruf zu ergreifen. Gleichzeitig sei aber auch ein gegenläufiger Effekt zu beobachten: Viele Studenten entschieden sich im zweiten Anlauf zu einer Ausbildung.

"Diese Menschen sind zum Zeitpunkt ihres Bachelor-Abschlusses mit Anfang 20 noch sehr jung, weshalb Arbeitgeber oft unsicher sind, was ihre Kompetenzen angeht", erklärt Woehlke die Schwierigkeit vieler, nach dem Studium eine Stelle zu finden. Andere brächen das Studium ab, weil sie mit der Freiheit des Studentenlebens nicht zurechtkämen: "Viele schätzen die Strukturiertheit einer Ausbildung."

Eisenbahner im Betriebsdienst gesucht

Denjenigen, die jetzt noch eine Ausbildung in einem IHK-Beruf suchen, legt Woehlke drei ganz besonders zukunftssichere Jobs ans Herz: Kaufmann im Gesundheitswesen (wegen des wachsenden Pflegebedarfs), Eisenbahner im Betriebsdienst (die Bahn sei stets auf der Suche nach ihnen) und Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen. Denn selbst wenn Drohnen den Lieferdienst dominieren sollten, gebe es Bedarf nach jenen, die sie disponieren und steuern.

Die größte Datenbank an freien Ausbildungsplätzen betreibt die Bundesagentur für Arbeit, die in Nordrhein-Westfalen zuletzt noch 30.000 offene Stellen zählte. Darunter sind mehr als 2600 Ausbildungsplätze zum Verkäufer, fast 1700 für Kaufleute im Einzelhandel und 1100 für Büromanagement. "Bei Berufen wie Verkäufer und Fachverkäufer ist es schwer, passende Bewerber zu finden", sagt Christoph Löhr von der NRW-Arbeitsagentur. Dabei seien die Chancen groß wie nie, einen interessanten Job in Ausbildungsberufen zu bekommen: Laut dem Ausbildungsexperten stehen viele Fachkräfte kurz vor dem Ruhestand.

(RP)
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