Wie werde ich...? Beim Tischler ist alles Maßarbeit

Hamburg · Verschiedene Hölzer und Werkzeuge, bis hin zu computergesteuerten Hightech-Maschinen. Tischler haben einen vielseitigeren Job, als viele denken. Um Möbel, Bühnenbilder oder Messestände zu bauen, benötigen sie neben Kreativität vor allem geschickte Hände.

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Fragt man einen Tischler, was ihm bei seiner Arbeit die größte Zufriedenheit bringt, kommt als Antwort meist diese: Man sieht abends, was man geschaffen hat. Das geht auch der Hamburger Tischlergesellin Laura Walter (22) so: "Wenn man beim Kunden einen speziell angefertigten Schrank eingebaut hat, sein Werkzeug einpackt und sieht, wie sich die Dame des Hauses freut - das ist einfach schön." Walter hat im Sommer 2012 ihre Gesellenprüfung bestanden. Mit ihrem Gesellenstück, einem Tisch aus französischem Nussbaum, hat sie den 1. Platz unter 80 Auszubildenden gemacht.

Dabei wollte sie ursprünglich gar nicht Tischlerin werden, sondern Innenarchitektur studieren. Dafür war ein Vorpraktikum Pflicht, und so landete sie beim Tischler. "Ich dachte, ich hab Abi und mach das mit links, aber ich hab den Beruf total unterschätzt." Man müsse viel beachten und ganz exakt arbeiten, allein schon, um bei den teuren Massivhölzern nichts kaputtzumachen. "Da hat es mich gereizt, den Beruf von der Pike auf zu lernen - gerade als Frau fand ich das cool."

Frauen immer noch eine Seltenheit

Frauen sind in Tischlereien immer noch selten. Ihr Anteil unter den Auszubildenden liegt nach Angaben des Bundesverbands Tischler Schreiner Deutschland bei unter zehn Prozent. Heute ist die Arbeit auch weniger körperlich anstrengend als früher. Denn es werden mehr Maschinen eingesetzt als früher, sagt Verbandssprecher Fridtjof Ludwig.

Laura stieß dennoch schnell an ihre körperlichen Grenzen: "Im ersten halben Jahr bin ich nach der Arbeit nur noch schlafen gegangen, so kaputt war ich." Neun Stunden am Tag stehen, dazu die körperliche Arbeit, daran müsse man sich erst mal gewöhnen. Aber für Männer gelte das genauso.

Ein langer Weg

Die Ausbildung zum Tischler oder Schreiner, wie er im Süden Deutschlands heißt, dauert drei Jahre. Den Großteil der Zeit verbringen die Auszubildenden im Betrieb, den Rest in der Berufsschule. Sie lernen, wie sie Möbel und Inneneinrichtungen, Treppen, Türen und Fenster herstellen - und zwar von der Idee über die Skizze und den Konstruktionsplan bis zum fertigen Produkt samt Einbau beim Kunden.

Wichtig ist dabei die Kenntnis der Materialien und ihrer unterschiedlichen Oberflächen: Tischler verarbeiten Massivhölzer, MDF-Platten und Furniere, doch auch Metall, Glas, Acryl, Kunststoff oder Naturstein - je nachdem, was gebaut wird und der Kunde wünscht. Auch mit Lacken, Ölen und Wachs müssen sie umgehen können.

Starke Veränderungen in den letzten 20 Jahren

"Das Berufsbild hat sich seit meiner eigenen Lehre vor rund 20 Jahren stark verändert", sagt der Hamburger Tischlermeister Christoph Dehner (40), bei dem Laura Walter gelernt hat. "Die Bandbreite dessen, was Tischler machen können, ist heute viel größer." Außerdem hat sich die Technik weiterentwickelt. So werden Pläne und Zeichnungen oft am Computer statt per Hand gemacht. Auch in der Werkstatt läuft nichts mehr ohne teils computergesteuerte Technik: Zuschneiden, sägen, hobeln, fräsen, schleifen - das kann die Maschine schneller als der Mensch.

Dehner schätzt, dass in seiner Tischlerei mittlerweile 60 Prozent der Arbeit von großen Maschinen erledigt wird und 40 Prozent von Hand oder mit kleinen Handmaschinen. In der Ausbildung wird die klassische Handarbeit mit Hobel und Stecheisen als Grundlage selbstverständlich gelehrt, doch hinzu kommt der Umgang zum Beispiel mit spezieller Tischler-Software.

Wichtig ist vor allem handwerkliches Geschick

Nach abgeschlossener Ausbildung und drei Gesellenjahren kann der Nachwuchs einen Meister machen, sich zum Bau- oder Möbeltischler spezialisieren oder sich etwa zum Restaurator oder Holztechniker weiterbilden. Manche Tischler bieten die energetische Sanierung von Fenstern, Einbruchschutz oder barrierefreies Einrichten für ältere Menschen an. Andere bauen Messestände oder Bühnenbilder.

Ein Schulabschluss ist nicht Voraussetzung für die Ausbildung, steigert jedoch die Chancen. Es gibt auch Abiturienten unter den Azubis. "Viele machen erst eine Ausbildung, um anschließend zum Beispiel Innenarchitektur oder Design zu studieren", erklärt Ludwig. So auch Laura Walter, die im April in Kiel ihr Industriedesign-Studium beginnt. "Ich würd später schon gern im Handwerk bleiben", erklärt die 22-Jährige, "am liebsten würde ich Kunden beraten und eigene Entwürfe verwirklichen."

Bewerber brauchen vor allem handwerkliches Geschick, räumliche Vorstellungskraft, Kreativität, Teamfähigkeit, Disziplin und Zuverlässigkeit. Außerdem laut Dehner eine "gute Kinderstube" für den Umgang mit Kunden. Er rät Interessenten, auf jeden Fall ein Praktikum zu machen, um zu sehen, ob der Beruf zu einem passt.

Anzahl der Auszubildenen sinkt

Wie in anderen Handwerksberufen gibt es auch bei den Tischlern immer weniger Auszubildende. Waren es 2008 nach Angaben des Bundesverbands noch 22 623, sank die Zahl 2011 auf 18 818 Azubis. Drohender Fachkräftemangel ist deshalb auch im Tischler-Handwerk ein Thema.

Die Ausbildungsvergütung ist von Region zu Region verschieden. In Westdeutschland lag sie 2012 nach einer Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) bei durchschnittlich 570 Euro monatlich. Im ersten Lehrjahr verdienten angehende Tischler durchschnittlich 465 Euro, im zweiten 579 und im dritten 666 Euro. Vergleichszahlen aus Ostdeutschland liegen laut BIBB nicht vor. Gesellen kommen nach Angaben der Hans-Böckler-Stiftung auf rund 2300 Euro (West) und 1800 bis 2000 Euro (Ost) im Monat. Die Job-Aussichten sind laut Verbandssprecher Ludwig gut: "Die Betriebe wissen, wie wertvoll ihr Fachpersonal ist. Keiner muss befürchten, später ohne Job dazustehen."

## dpa-Kontakte - Autorin: Nicola Schmahl - Redaktion: Kristin Kruthaup, +49 30 285232981, - Ansprechpartner Foto: Andrea Warnecke, +49 30 285232970,

dpa/tmn np zlt krk ah

(dpa/anch)
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