Wie werde ich..? Mit Flower-Power zum Erfolg

Gelsenkirchen · Immer weniger Schulabgänger wollen Florist werden. Seit Jahren sinkt die Zahl der Auszubildenden. Dabei ist es ein spannender Job. Denn die Fachleute mit dem grünen Daumen beraten die unterschiedlichsten Kunden.

Flower-Power im Beruf
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In seinem Beruf ist Tino Hoogterg eine Ausnahme. Und das in doppelter Hinsicht: Er ist ein Mann in einem Frauenjob. Und er ist Nachwuchs in einer an Nachwuchs armen Branche. Hoogterg ist 29 Jahre alt und arbeitet als Florist in Recklinghausen.
Dass sich immer weniger junge Menschen für den Beruf entscheiden, kann er nicht verstehen. Der Job sei vielseitig - und abwechslungsreich.

"Viele glauben, dass Floristen nur Sträuße binden und Topfpflanzen verkaufen", sagt Hoogterp. Doch das sei längst nicht alles. Stattdessen ähnele kein Tag dem anderen, immer gebe es neue Aufgaben.

Abwechslung pur

"Die einen möchten einen Geburtstags-Strauß, die anderen einen Kranz für eine Beerdigung, wieder andere Floristik für eine Hochzeit" Hinzu kommen Feiertagsangebote wie für Ostern und Weihnachten. "Das alles variiert wiederum von Saison zu Saison, weil es dann jeweils ein jahreszeitlich wechselndes Angebot gibt."

Dennoch sinkt die Anzahl der Auszubildenden kontinuierlich. "Während im Jahr 1999 noch rund 3750 Männer und Frauen die Ausbildung zum Floristen anfingen, waren es im Jahr 2008 nur noch gut etwa 2000", berichtet Markus Bretschneider vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn. 2010 seien die Zahlen weiter gesunken, auf gut 1700. Davon seien nur 63 Männer gewesen.

Dabei sind die Jobaussichten nach der Ausbildung derzeit sehr gut, sagt Gerda Prinz vom Bundesverband Deutscher Floristen in Gelsenkirchen. "Das liegt daran, dass es weniger Floristen-Nachwuchs gibt und dass gleichzeitig immer mehr Floristen in Rente gehen."

Deswegen gebe es bundesweit Bedarf, vor allem in den Großstädten, aber auch in kleineren Orten. Nach der Ausbildung verdiene man meist etwa 1100 Euro netto, als angestellter Meister könne das Gehalt auf bis zu 2500 oder 3000 Euro netto steigen.

Der Arbeitsablauf

Auch wenn sich die Arbeitstage bei Floristen oft unterscheiden, gibt es doch Ähnlichkeiten: "Morgens muss die Ware in und vor das Geschäft geräumt werden, damit der Kunde sieht, was ihn erwartet", erzählt Hoogterp. Dazu gehöre, die am Morgen frisch gekauften Schnitt- und Topfpflanzen zu versorgen und im Geschäft zu platzieren und zu dekorieren.

"In den meisten Geschäften gibt es klare Aufgabenteilungen", weiß der Florist aus Erfahrung. Dann sei einer etwa für das Binden von Sträußen zuständig, die anderen versorgen die eingetroffene Ware, ein anderer nehme Bestellungen von Kunden an und kümmere sich um deren Fragen und Wünsche.

"Floristen haben viel mit unterschiedlichen Menschen zu tun, deswegen sollte man gerne kommunizieren und kontaktbereit sein", sagt Experte Bretschneider. Man müsse ein Gespür für Situationen haben. Schließlich sei jemand, der einen Geburtstagsstrauß bestellt, wahrscheinlich in anderer Stimmung als jemand, der einen Trauerkranz möchte.

"Wichtig ist auch, Spaß am Gestalten zu haben und kreativ zu sein." Wie könnte ein Schmuck mit weißen Rosen und Sonnenblumen aussehen? Passt das überhaupt zusammen? "Man muss ein gewisses Vorstellungsvermögen haben und natürlich motorisch in der Lage sein, die verschiedenen Blumen-Arrangements fertigen zu können." Gerda Prinz ergänzt: "Handwerkliches Geschick gehört ebenfalls dazu, zum Beispiel wenn man bei größeren Dekorationen Nägel oder Schrauben verwendet oder gar einen Bohrer in die Hand nehmen muss."

Keine Angst vor Zahlen

Zu dem Job gehören meist auch kaufmännische Tätigkeiten. "Man darf keine Angst vor Zahlen haben", betont Markus Bretschneider. "Angestellte müssen Lieferungen mit dem Lieferschein vergleichen und prüfen, ob alles korrekt ist." Sie müssen Preise für die Gestecke und Sträuße festlegen und einschätzen können, welche und wie viele Blumen sie zum Beispiel für 20 Euro verwenden können. Oft müssen Floristen am Tagesende auch einen Kassenbericht machen, die Buchführung vorbereiten oder bei der Inventur helfen.

Um all das zu lernen, gibt es eine dreijährige Ausbildung. "Die ist dual, das heißt man lernt in der Praxis und in der Berufsschule", erklärt Prinz, die in Mönchengladbach selbstständige Floristin ist.

Meist gehen Azubis zwei Tage pro Woche zur Schule, den Rest arbeiten sie in dem Ausbildungsbetrieb. Dabei lernen sie viel über verschiedene Blumenarten, wie sie zu behandeln sind und welche Nährstoffe sie brauchen. Wie Bretschneider berichtet, haben die meisten Floristen-Azubis einen Haupt- oder Realschulabschluss. Einige Betriebe nähmen auch Bewerber ohne Schulabschluss.

Hoogterp hat seine Entscheidung, Florist zu werden, nie bereut: "Meiner Kreativität sind in diesem Beruf keine Grenzen gesetzt", schwärmt er. "Ich liebe es zum Beispiel, durch die Natur zu spazieren und dort entdeckte Sachen mitzunehmen und das ganz individuell zu gestalten. "Vor allem aber hätten Floristen oft einen positiven Einfluss: "Wir helfen mit unserem Beruf, Leute willkommen zu heißen, Liebe wachsen zu lassen, Beziehungen zu kitten oder einfach Danke zu sagen."

(dpa)
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