Unsere Serie Wie werde ich... Logopäde

Düsseldorf/Heidelberg (RPO). Rund 20.000 Sprachtherapeuthen und Logopäden behandeln bundesweit Menschen mit Sprachstörungen wie Lispeln oder Stottern. Die meisten Patienten sind Kinder. Aber auch Politiker, Schauspieler und Lehrer sind die Kunden der Logopäden.

Ausbildung: Logopädie
Foto: dpa, krk

Die Augen hinter den Brillengläsern schauen angestrengt. Sascha überlegt, holt tief Luft und spitzt die Lippen. "Rose", bringt der Sechsjährige schließlich hervor und strahlt. "Sehr gut", lobt ihn seine Sprachtherapeutin Birgitta Juchems. Seit drei Jahren arbeitet sie in ihrer Düsseldorfer Praxis mit Sascha und versucht, ihm das richtige Sprechen beizubringen. Seit neuestem kann der blonde Knirps auch das "R" aussprechen, noch vor kurzem verwandte er anstatt dessen ein "H".

80 Prozent Kinder

Rund 80 Prozent aller Patienten in Birgitta Juchems' Praxis sind Kinder. Die meisten davon kommen auf Empfehlung des Kindergartens oder der Schule. Tatsächlich bilden diese jungen Patienten mittlerweile die größte Patientengruppe in diesem Sektor. Dennoch hat sich das Bewusstsein der Erwachsenen in Bezug auf die eigene Stimme nach Einschätzung von Birgitta Juchems verändert: "Stimme und Persönlichkeit gehören für viele Menschen zusammen, deshalb achten viele auch mehr auf eine gepflegte Aussprache und gesunde Stimmlage."

Bundesweit behandeln rund 20 000 Sprachtherapeuten und Logopäden Menschen mit Sprachstörungen. Sie kümmern sich nicht nur um Störungen wie Lispeln oder Stottern, sondern auch um Stimmbandschwächen; etwa eine durch zu schnelles oder falsches Sprechen hervorgerufene Heiserkeit bei Erwachsenen. "Unser Sprechtempo und die Wortmenge sind in den vergangenen Jahren enorm angestiegen, das belastet die Stimmbänder schon", sagt Susanne Voigt-Zimmermann, klinische Sprechwissenschaftlerin an der Universität Heidelberg. Eine Untersuchung habe ergeben, dass in den Parlamentsreden der 50er-Jahre im Vergleich zu den heutigen Reden gerade einmal halb so viele Silben verwendet wurden.

Kinder werden oft zu spät behandelt

Politiker gehörten deshalb ebenso wie andere klassische "Sprech-Berufler" wie Lehrer, Schauspieler oder Callcenter-Mitarbeiter zu den gefährdeten Gruppen. Doch obgleich das Bewusstsein bei Erwachsenen für das eigene Stimmorgan in den vergangenen Jahren offenbar zugenommen hat: In Bezug auf die Kinder scheint diese Sensibilität weniger ausgeprägt. Allzu häufig kommt es vor, dass sie erst in einem Alter in eine sprachtherapeutische Praxis kommen, in dem es eigentlich schon zu spät für eine sinnvolle Behandlung ist.

"Das durchschnittliche Alter der behandelten Kinder liegt bei 6,3 Jahren - das neurologisch-biologische Entwicklungsfenster ist aber schon mit 4 Jahren zu", sagt Volker Maihack, Vorsitzender des Deutschen Bundesverbandes der akademischen Sprachtherapeuten (dbs) in Moers. Ab einem späteren Zeitpunkt könnten Sprachstörungen nur noch sehr schwer behoben werden.

Dreijährige Ausbildung

Logopäden und Sprachtherapeuten sind nicht befugt, eine Diagnostik zu stellen. Das heißt: Solange kein Mediziner den Patienten zum Therapeuten schickt, darf dieser nicht tätig werden. Und er darf sich schon gar nicht in irgendeiner Art zum Krankheitsbild äußern.

Dabei haben Mitglieder dieser Berufsgruppe im Idealfall eine durchaus fundierte Ausbildung hinter sich. Derzeit bieten bundesweit zwölf zumeist an Kliniken angegliederte Universitäten den sechs Jahre dauernden Studiengang zum akademischen Sprachtherapeuten an. An etwa 90 Schulen kann die dreijährige Ausbildung zum Logopäden absolviert werden. Das Bruttogehalt eines angestellten Logopäden oder Therapeuten liegt bei etwa 2300 Euro.

Die Stimme richtig einsetzen

Auf ihn kommt ein äußerst abwechslungsreicher Arbeitsalltag zu. Die verschiedenen Sprach- und Stimmstörungen müssen geduldig und mit viel Fingerspitzengefühl und Wissen behandelt werden. Zudem kommt bei alledem häufig auch noch die psychologische Komponente hinzu. "Viele Erwachsene setzen ihre Stimme nicht richtig ein, sondern versuchen, ihre Stimmlage künstlich tiefer klingen zu lassen, weil sie das besser oder sexier finden", erzählt Sprachtherapeutin Martina Hielscher-Fastabend von der Universität Bielefeld.

Das Resultat mache sich allerdings dann zumeist mit den unerwünschten Nebenwirkungen wie Heiserkeit und Halsschmerzen bemerkbar. Immerhin habe das Bewusstsein für die Stimme in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. "Eine schöne oder angenehme Stimme gehört für viele Menschen mittlerweile zur Ästhetik, und sie tun auch etwas dafür."

Informationen: Deutscher Bundesverband der akademischen Sprachtherapeuten (dbs), Goethestraße 16, 47441 Moers (Tel.: 02841/98 89 19, Internet: www.dbs-ev.de); Universitätsklinikum Aachen, Lehranstalt für Logopädie, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen (Internet: www.logopaedie.rwth-aachen.de).

(gms2)
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