Mit Eigeninitiative dem Frust begegnen Arbeitslosigkeit ist mehr als der Verlust des Jobs

Frankfurt/Main (RPO). Eine Kündigung bedeutet für den Betroffenen viel mehr als den Verlust des Arbeitsplatzes. Arbeitslose fühlen sich schnell als die Verlierer unserer Gesellschaft. Die Psyche leidet unter der Situation, in manchen Fällen streikt auch der Körper. Selbst Optimisten geraten bald an ihre Grenzen, wenn aufjede Bewerbung eine Absage folgt.

"Deshalb solltenBetroffene schon aktiv werden, wenn sich eine Kündigung auch nurabzeichnet", rät Professor Thomas Kieselbach vom Institut der Arbeit,Arbeitslosigkeit und Gesundheit an der Universität Bremen.

Nicht alle Kündigungen treffen die Arbeitnehmer wie einunerwarteter Schicksalsschlag. Oft zeichnet sich das Ende desArbeitsverhältnisses seit längerem ab. Sei es, dass ihm Gespräche mitVorgesetzten oder dem Betriebsrat vorausgegangen sind oder aberbereits zahlreiche Kündigungen in anderen Abteilungen ausgesprochenwurden. Anstatt sein Los klaglos abzuwarten und hinzunehmen, sollteman zu diesem Zeitpunkt aktiv werden.

"Falls es zu einer individuellen Kündigung kommt, sollte man einegenaue Begründung verlangen. Das erleichtert die Verarbeitung desEreignisses", sagt Kieselbach. Zum anderen sei es ratsam, bei seinerFirma professionelle Unterstützung einzufordern.

Personalabteilungenvon größeren Unternehmen bieten oft Beratungen für eineNeuorientierung an oder arbeiten diesbezüglich mit externen Anbieternzusammen. Dieses Coaching soll für einen nahezu fließenden Übergangvon einem Beschäftigungsverhältnis ins andere sorgen. Ansprechpartnerfür Angestellte in kleineren und mittelständischen Unternehmen sinddie jeweiligen Innungen oder Kammern.

Nicht jammern, sondern sofort aktiv werden

Dass die Weichen für eine erfolgreiche berufliche Zukunft sozeitnah wie möglich bei einer Kündigung gestellt werden,unterstreicht auch Sylvia Wenig-Karasch, Autorin des Ratgebers"Arbeitslos - die wichtigsten Schritte aus der Krise".

Im Klartext:"Wenn eine Kündigung am Freitag ausgesprochen wird, erkundigt mansich am selben Tag bei der Agentur für Arbeit was zu tun ist. Nichterst am Montag." Bei allem Verständnis dafür, dass man sich amliebsten zunächst in der eigenen Wohnung verkrümeln und still leidenmöchte: "Das ist der falsche Weg", betont die Gründerin einesInternetportals zum Thema Arbeitslosigkeit undSchulden(swk.infoportal.de).

Erfolgsversprechender sei es, sofort sein Schicksal in die eigenenHände zu nehmen. Das allerdings zielgerichtet. Anstatt in Panik 20Bewerbungen zu schreiben, lohne eine genaue Analyse der eigenenSituation. Folgende Punkte sollten dabei unter anderem bedachtwerden: Was für eine Tätigkeit möchte ich in Zukunft ausüben? WelcheFirmen sind für mich interessant? Welche Qualifikationen habe ichbereits und wo muss ich einen Fortbildungskursus belegen?

Tageszeitungen und Stellenbörsen im Internet sind Pflichtlektüre

Um sicheinen Überblick über Angebote zu verschaffen, gehören regionale undüberregionale Tageszeitungen sowie Stellenbörsen im Internet zurPflichtlektüre. Weitere Informationen bietet die Agentur für Arbeit.Motto der schwierigen Zeit: "Jeder Tag bietet eine neue Chance", sagtWenig-Karasch.

Dennoch geht vielen Betroffenen auf dem Weg zum neuen Job zuweilendie Puste aus. Schon der Verlust des Arbeitsplatzes ist ein Schlagfür das Selbstbewusstein, zahlreiche Absagen tun ihr Übriges. Esfehlt die Bestätigung der Kollegen und Vorgesetzten, das sozialeUmfeld wird kleiner, die eigenen Fähigkeiten liegen brach.

Hinzukommt massive Zukunftsangst. Damit aus einer Phase der Mutlosigkeitkeine handfeste Depression wird, sollte man bewusst gegensteuern,auch wenn einem nicht danach zumute ist, sagt Professor Kieselbach.

Lieber Sport treiben als grübeln

"Hobbys und ehrenamtliche Tätigkeiten ersetzen zwar nicht dieArbeit, aber sie helfen in der schwierigen Situation weiter", betontauch Psychologe Konrad W. Sprai aus Berlin. Anstatt daheim zugrübeln, sollte man Sport treiben, sich Vereinen anschließen, miteinem Hobby beginnen und sich nicht freiwillig selbst ausgrenzen.

"Esist ein Irrtum, dass man sich als Arbeitsloser im sozialen Abseitsbefindet", sagt Sprai. Lerne man neue Menschen kennen, müsse mannicht sofort jedem von seinem Schicksal erzählen. So sei es durchauserlaubt auf die Frage "Und, was machen sie so beruflich?" zuantworten: "Ich bin gelernter Bürokaufmann."

Der arbeitslose Partner braucht Unterstützung

Viele Partner oder Freunde sind unsicher, wie sie mit derArbeitslosigkeit umgehen sollen. Offen ansprechen? Nachfragen, obsich schon Vorstellungsgespräche ergeben haben? Oder doch lieberschweigen? "Bemitleiden wäre das Schlimmste, was man machen kann",sagt Sprai.

Vielmehr sollte man dem Arbeitslosen signalisieren, dassman ihn brauche, seinen Rat schätze und ihn als vollwertigenGesprächpartner akzeptiere. Das dürfte den meisten nicht schwerfallen, unterstreicht Sprai: "Schließlich ist man als Mensch nichtweniger liebenswert, nur weil man derzeit keiner geregelten Arbeitnachgeht."

(afp2)
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