Bilanz ziehen Das Jahresgespräch meistern

Viele Worte um nichts: Oft genug sind Beschäftigte nach ihrem Mitarbeitergespräch ebenso schlau wie zuvor. Mit eigener Kritik muss man sich aber auch nicht zurückhalten – wenn man dabei einen Punkt beachtet.

 Oft kommen beim Jahresgespräch mit der Führungskraft vorgefertigte Fragebögen zum Einsatz.

Oft kommen beim Jahresgespräch mit der Führungskraft vorgefertigte Fragebögen zum Einsatz.

Foto: dpa-tmn/Monique Wüstenhagen

„Bringt mich ohnehin nicht weiter“, denken wahrscheinlich viele, wenn sie von der Führungskraft zum sogenannten Mitarbeiter- oder Jahresgespräch gebeten werden. Und warten einfach ab, was so kommt. Das ist aber nicht unbedingt die beste Einstellung für solche Gespräche.

Entscheidend ist vor allem eine gute Vorbereitung. Oft liegt dem Mitarbeitergespräch ein standardisierter Prozess zugrunde, wie der Kölner Karrierecoach Bernd Slaghuis erklärt: Also Fragebögen, die zur Bewertung und Dokumentation ausgefüllt werden, um für alle Beschäftigten eine vergleichbare Basis zu schaffen. Das bietet eigentlich nicht viel Raum, eigene Themen oder Impulse zu setzen. Deshalb ist vor allem die Haltung wichtig, mit der man in ein solches Gespräch geht: „Mitarbeiter sollten sich nicht nur passiv anhören, was gut und was schlecht gelaufen ist, wie hoch ihr Bonus ausfällt und was die formalen Ziele für das nächste Jahr sind. Sie sollten auch aktiv Dinge ansprechen, die ihnen selbst wichtig sind“, rät Slaghuis.

Eine Art Tagesordnung wird es im Vorfeld eher nicht geben. Einige Themen kommen allerdings immer wieder auf den Tisch, wie Marlene Pöhlmann vom Personaldienstleister Robert Half erklärt.

Grundsätzlich soll ein Status quo festgehalten werden. Es gehe also darum, den Eindruck, den die Führungskraft vom Mitarbeiter hat, zu besprechen. Außerdem dreht sich das Gespräch meist um einen Leistungsabgleich sowie um Stärken, Schwächen und Kritikpunkte. „Wo stehe ich im Unternehmen? Und wie kann ich mich weiterentwickeln?“ – diese Fragen sollten ebenfalls eine Rolle spielen.

Mitarbeiter haben auch die Möglichkeit, bei der Führungskraft vorzufühlen, wie das Gespräch in etwa aussehen soll: Man könnte zum Beispiel fragen, was der oder die Vorgesetzte erwartet – ob man selbst etwas vorbereiten oder einbringen soll, rät Pöhlmann. So könne man eine grobe Richtung des Gesprächs abklopfen. Bernd Slaghuis empfiehlt dafür auch, den Prozess zu erfragen, also wie das Gespräch strukturiert ist und abläuft. Um sich inhaltlich vorzubereiten, sollte man sich überlegen: Woran wird mein Chef mich messen?

Dazu lohnt auch ein Blick in die Unterlagen zum letzten Mitarbeitergespräch: Was ist seit dem letzten Gespräch gut gelaufen? Welche Ziele habe ich erreicht? Was ist vielleicht nicht so gut gelaufen und was ist der Grund dafür? „Wer sich auch auf negative Punkte vorbereitet, kann darauf professioneller reagieren oder spricht diese Themen vielleicht von selbst an“, sagt Slaghuis.

Marlene Pöhlmann rät, sich die Punkte, die man selbst ansprechen möchte, im Vorfeld aufzuschreiben. Die Notizen könne man ruhig mit ins Gespräch nehmen – sie helfen einem auch, strukturiert zu bleiben. „Und es ist ein Anzeichen, dass man gut vorbereitet ist und sich Gedanken gemacht hat.“

Wer mehrere Punkte hat, die er selbst ansprechen möchte, sollte den Vorgesetzten am besten kurz vorwarnen, damit auch der sich kurz vorbereiten kann und sich zeitlich darauf einstellen kann.

Wer etwas zu kritisieren hat, der kann das im Mitarbeitergespräch durchaus tun, sind sich die Experten einig. Wichtig ist, dabei professionell und sachlich zu bleiben. Und: Bei der bloßen Kritik sollte man es nicht belassen, rät Pöhlmann: Am besten sei es, gleich einen Alternativ-Vorschlag zu machen. „Oft kann man die eigentliche Kritik so sogar unter seine Verbesserungsvorschläge fassen.“ Wenn manche Arbeitsabläufe nicht gut funktionieren, könne man etwa sagen: „Wir können viel effizienter arbeiten, wenn wir es wie folgt machen – und dann seine Idee erklären.“ Genau dieser Bereich ist es laut Pöhlmann, in dem ein Mitarbeiter glänzen kann: eigene Ideen einbringen und über den eigenen Arbeitsbereich hinausschauen.

Was aber, wenn das Gespräch ganz und gar nicht glänzend läuft und viel mehr negatives Feedback kommt als erwartet? Pöhlmann rät: „Fachliche Kritik sollte man mitnehmen und nach dem Gespräch darüber nachdenken, wie man es besser machen kann.“ Bevor es zu emotional wird oder man nur abwehrend reagiert, sollte man lieber einen zweiten Termin machen, um noch mal darüber zu sprechen.

Wer überrascht vom negativen Feedback ist, sollte das ruhig sagen. Im Gespräch lässt sich dann klären, wie die unterschiedlichen Sichtweisen zustande gekommen sind. Außerdem bietet es sich an, die Erwartungshaltung des Gegenübers abzuklopfen. Bernd Slaghuis rät: „Konkret fragen: Was muss ich anders machen, damit Sie finden, ich habe einen guten Job gemacht?“.

Wichtig ist, die Ergebnisse des Mitarbeitergesprächs zu dokumentieren. So verliert man bis zum nächsten Gespräch nicht seinen Fokus und ist bei Abmachungen besser abgesichert. Beide Seiten sollten das Protokoll absegnen. „Es sollte nichts in die Personalakte wandern, was der Mitarbeiter nicht gesehen hat“, betont Slaghuis.

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