Steigende Energiepreise Lohnt sich jetzt ein Anbieterwechsel?

Kaum eine Woche scheint derzeit zu vergehen, ohne dass ein Energieanbieter seine Preise anhebt. Die Gründe sind vielfältig. Doch Kunden sind dem nicht wehrlos ausgesetzt. Was man tun kann.

 Energie wird immer teurer. Verbraucher können den Anbieter wechseln. Doch der günstigste Tarif ist nicht immer der beste.

Energie wird immer teurer. Verbraucher können den Anbieter wechseln. Doch der günstigste Tarif ist nicht immer der beste.

Foto: dpa-tmn/Julian Stratenschulte

So viel Dynamik war selten in den Energiepreisen. Fast täglich scheinen Anbieter ihre Tarife derzeit neu zu kalkulieren. Etliche Kunden bekommen Schreiben mit Preiserhöhungen. Verbraucherinnen und Verbrauchern bleibt dann nur: neue Preise akzeptieren oder nach einem günstigeren Anbieter suchen. „Grundsätzlich hat der Kunde bei Preiserhöhungen ein Sonderkündigungsrecht“, sagt Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Wollen Verbraucherinnen oder Verbraucher von sich aus wechseln, ohne dass der Preis erhöht wurde, müssen sie in den Vertrag schauen.

Wer die Energie in einem Grundversorgungstarif bezieht, kann den Vertrag jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Ansonsten kommt es darauf an, was in den AGB vereinbart wurde. Entscheidend sind die restliche Vertragslaufzeit und die Kündigungsfrist. Antworten auf wichtige Fragen:

Wie finde ich einen passenden Anbieter? Eine Möglichkeit: selber suchen. Vergleichsportale wie Verivox oder Check 24 geben einen Marktüberblick und ermöglichen die Suche nach bestimmten Kriterien. Aber Vorsicht: „Nicht alle Tarife sind auf diesen Portalen gut zu finden“, sagt Leonora Holling, Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher. Da sich die Vergleichsrechner über Vermittlungsprovisionen finanzieren, werden laut Holling Firmen, die keine Kunden dort sind, mitunter versteckt. „Es kann sich also lohnen, direkt auf den Webseiten von Versorgern nach passenden Tarifen zu schauen.“ In einem Test von acht Portalen für die Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 12/21) schnitt kein Anbieter gut ab. Nur zwei waren befriedigend, die anderen ausreichend oder mangelhaft. Es mangelt oft an wichtigen Tarifinformationen und Transparenz. Auch die Datenschutzeinstellungen überzeugten die Tester oft nicht.

Kann mir die Arbeit nicht jemand abnehmen? Eine Alternative können Wechseldienste sein, die jährlich für Kundinnen und Kunden zu einem günstigeren Tarif wechseln. Dafür verlangen die Anbieter der Stiftung Warentest zufolge eine Provision. In einem Langzeittest konnten von sieben Anbieter waren die Tester weitgehend zufrieden: Alle Wechseldienste boten günstige Tarifvorschläge an, organisierten den Wechsel und leiteten im zweiten Jahr vor Ablauf der Kündigungsfrist wieder einen Anbieterwechsel ein.

Ist der günstigste Tarif immer der beste? Ein günstiger Preis allein sollte nicht das einzige Kriterium sein. Bei Gas- und Stromtarifen sind nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW auch Punkte wie kurze Laufzeiten und Kündigungsfristen wichtig. Ist der offerierte Preis besonders niedrig ist, ist sogar Vorsicht ist geboten: „Soll dann eine hohe Vorauszahlung geleistet werden, kann es teuer werden“, weiß Leonora Holling. „Falls der Versorger in Insolvenz geht, ist das Geld für den Kunden verloren.“

Schützt eine Preisgarantie vor Tariferhöhungen im neuen Vertrag? Man muss zwischen einer vollständigen und einer eingeschränkten Preisgarantie unterscheiden. Bei einer vollständigen Garantie ist der Kunde vor Erhöhungen sicher. „Oft ist die Preisgarantie aber eingeschränkt, indem veränderte Steuern und Netzentgelte an die Kunden weitergegeben werden“, erklärt Christina Wallraf. Wichtig zu wissen: Der Energieanbieter darf dann nur die Preisbestandteile erhöhen, auf die er keinen Einfluss hat. „Seine erhöhten Beschaffungskosten gehören nicht dazu.“

Wie viel kann man durch einen Wechsel sparen? Noch vor einem Jahr lag der Mittelwert der Einsparungen nach Erhebungen von Verivox bei einem Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4000 KWh im Jahr bei 361 Euro und bei einem Gasverbrauch von 20.000 KWh bei 583 Euro. Angesicht der stark steigenden Preise dürfte die Ersparnis aber aktuell geringer ausfallen.

Die Verbraucherzentrale NRW sieht die Einsparmöglichkeiten gering. „Aktuell sieht es leider so aus, dass man durch den Anbieterwechsel deutlich weniger sparen kann als vor einem Jahr“, so Christina Wallraf. „Manchmal kann man gar nichts sparen im Vergleich zur Grundversorgung.“

Was kann ich tun, wenn mir der Stromanbieter kündigt? Es kommt vor, dass der Stromversorger kündigt, ohne dem Kunden ein neues Angebot zu machen. „Dann wird der Haushalt vom Grundversorger beliefert.“ Der Grundtarif ist oft teurer als andere Tarife. Dann sollte man wechseln. „Gegen den alten Anbieter kann es dann sogar Schadenersatzansprüche geben, etwa wenn die Kündigung unzulässig war.“

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