Marktlage Welche Folgen die Zinswende hat

Die Zinsen steigen. Zugleich bleiben die Immobilienpreise hoch. Das hat Auswirkungen auf Finanzierung und Rendite. Das sollten Kaufinteressenten wissen.

 Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Hauptsitz in Frankfurt leitet die Zinswende ein. Trotzdem bleiben Immobilien weiterhin eine sichere Wertanlage, sagen Experten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Hauptsitz in Frankfurt leitet die Zinswende ein. Trotzdem bleiben Immobilien weiterhin eine sichere Wertanlage, sagen Experten.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

In den vergangenen Jahren schienen die Zinsen nur einen Weg zu kennen: nach unten. Das war für Sparer ärgerlich, aber exzellent für Menschen, die eine Finanzierung benötigten, etwa für einen Immobilienerwerb. Zwischen 2018 und 2021 konnten Käufer Immobiliendarlehen für zum Teil deutlich unter ein Prozent pro Jahr erhalten.

Das ist schon länger vorbei, wie Max Herbst von der Frank-
furter Finanzberatung FMH bereits im Frühling sagte: „Wir stecken mittendrin in der Zinswende.“ Am 1. April hatte der Basiszins die Schwelle von zwei Prozent überschritten, und der Baufinanzierungsvermittler Interhyp erwartet bis Jahresende einen weiteren Anstieg der Immobilienzinsen auf bis zu vier Prozent. Derzeit liegt der Durchschnittszins für zehnjährige Darlehen bei 3,1 Prozent, mehr als dreimal so hoch wie zu Jahresbeginn.

Die Verdreifachung von ein auf drei Prozent führt bei einer Darlehenssumme von 250.000 Euro bei einer zehnjährigen Zinsbindung und einer anfänglichen Tilgung von zwei Prozent zu einem Zinsmehraufwand in Höhe von rund 44.337 Euro. Die monatliche Annuität steigt dabei von 625 Euro auf 1041,67 Euro, zeigt Finanzierungsberater Rainer Pöstges aus Mönchengladbach anhand einer einfachen Musterberechnung auf und stellt heraus: „Aufgrund dieser Veränderungen wird die individuelle Strukturierung der Finanzierung aus Investorensicht umso bedeutender. Die optimale Mischung aus Eigenkapitaleinsatz, langfristiger Zinsbindung bei variabler Tilgungsoption und möglicher Einbindung von Fördermitteln sollte die Bedienung der Belastungen nachhaltig absichern.“

Das sei besonders wichtig, weil die Immobilienpreise nicht aufgrund der potenziellen Zinswende stagnierten, sondern vielmehr weiterhin stiegen, betont Finanzanalyst Haimo Wassmer aus Bochum. Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland seien im vergangenen Jahr um elf Prozent gegenüber 2020 gestiegen, stellt er mit Bezug zum Statistischen Bundesamt heraus. Im Zeitraum Oktober bis einschließlich Dezember 2021 habe es sogar einen Anstieg um durchschnittlich 12,2 Prozent zum Vorjahresquartal gegeben. „Das ist nicht nur für den Käufer des Eigenheims ein Problem, sondern gerade auch für Immobilieninvestoren. Sie müssen höhere Preise teurer finanzieren und somit mit niedrigeren Renditen rechnen. Denn die Mieten können nicht einfach immer wieder erhöht werden, um die steigenden Kosten auszugleichen.“ Zugleich ist Haimo Wassmer der Auffassung, dass Immobilien weiterhin einen wichtigen Baustein im Vermögensschutz darstellten. „Ich sehe die Investmentimmobilie primär als Wertspeicher an. Auch wenn die laufenden Erträge aus den Mieten nicht mehr so hoch sind wie in der Vergangenheit, wird Vermögen in der Immobilie gesichert. Und durch die Möglichkeit des steuerfreien Verkaufs von Anlageimmobilien nach zehn Jahren können Investoren auf diese Weise ihren Gewinn machen.“ Markus Brochenberger, Vorstandsvorsitzender der compexx Finanz AG, weist auf die Bedeutung professioneller Begleitung bei Immobilienkauf und -finanzierung hin. „Ein Immobilienerwerb kann immer ein Risiko darstellen, selbst bei attraktiven Konditionen, die immer noch am Markt zu finden sind. Die Gefahren sind vielfältig und reichen von einer falschen Preisermittlung über eine unpassende Bewertung der Wohnbedürfnisse bis zu einer Fehleinschätzung der eigenen finanziellen Möglichkeiten.“ Die korrekte Ermittlung der persönlichen Finanzkraft sei ein wichtiger Punkt, sowohl für Investoren als auch für den Privatmann. Es müsse immer möglich sein, bei Mietausfällen oder dem Wegfall des Gehalts den Kredit aus anderen Mitteln beziehungsweise Reserven tragen zu können. Daher sollten Kaufinteressenten nicht jeden Preiskampf mitmachen, warnt Markus Brochenberger.

Er betont auch, dass der günstigste Zins nicht immer der beste sei. „Manchmal kann es sinnvoll sein, einige Basispunkte mehr zu bezahlen und sich damit beispielsweise interessante KfW-Sonderkonditionen und die Möglichkeit zur Sondertilgung zu sichern. Das gilt für die selbstgenutzte Immobilie genauso wie für das Objekt als Kapitalanlage.“

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