Finanzierung So gehen Bauherren gelassener mit Marktdruck um

Jetzt schnell kaufen oder bauen, um noch einigermaßen günstige Konditionen mitzunehmen? Oder die Sache in Ruhe angehen? Wir geben Tipps, was jetzt zu tun ist.

 Wie sehen die konkreten Wünsche für das Eigenheim aus? Darüber sollten Paare und Familien vor der Besichtigung von Objekten sprechen.

Wie sehen die konkreten Wünsche für das Eigenheim aus? Darüber sollten Paare und Familien vor der Besichtigung von Objekten sprechen.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

In den vergangenen Wochen sind die Zinsen für Baukredite kräftig nach oben gegangen. Von um die ein Prozent auf Werte um drei Prozent. Gleichzeitig bleibt das Angebot an Wohnungen, Eigenheimen und Bauplätzen knapp und die Preise hoch. Wie sollten sich Kaufwillige in so einem Marktumfeld verhalten?

Professionelle Marktakteure bringt diese Situation zum Nachdenken – manche tendieren eher zum Verzicht auf ein Investment, weil andernfalls die Rendite leiden würde.

Private Bauherren haben zwar kein Renditeproblem. Aber viele stehen vor der Frage, ob sie sich den Traum vom Eigenheim noch erfüllen sollen, bevor Zinsen und Preise weiter davonlaufen. Das zu entscheiden, bedeutet zeitlichen, finanziellen und emotionalen Druck.

Dem sollten angehende Eigentümer nach Meinung von Experten widerstehen. Niemand sollte aus Sorge, leer auszugehen, überstürzt handeln, sagt Roland Stecher von der Verbraucherzentrale Bremen. Er rät: „Jetzt erst recht in Ruhe umgucken“. Bei Immobilien gehe es um viel zu hohe Geldbeträge, um eine Entscheidung zum Erwerb übers Knie zu brechen. Hinzu komme die Langfristigkeit des Investments. Manche Menschen binden sich lebenslang an ihr Eigentum. Übereilte Kaufentschlüsse erhöhten das Risiko eines Fehlgriffs und damit das Risiko, mit und in den eigenen vier Wänden unglücklich zu werden.

Neben Zinsen und Preisen kommt das Verkaufsgeschick von Anbietern wie Maklern und Bauträgern als zusätzlicher Druckfaktor hinzu. Da wird die angeblich letzte Wohnung im Objekt angepriesen und Hinweise auf brennend interessierte Mitbewerber sollen nicht nur das Interesse steigern, sondern auch zum schnellen Zugreifen verlocken.

Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren (VPB) kennt Mittel gegen diese „psychologischen Tricks“. Dazu gehöre, frühzeitig den Markt zu sondieren. So lasse sich beispielsweise herausfinden, wie schnell vergleichbare Objekte in der Region tatsächlich verkauft würden. Außerdem sollten Interessenten einen unabhängigen Berater oder Sachverständigen hinzuziehen, um ein objektives Bild von der Immobilie zu erhalten. Das kann Druck rausnehmen und zugleich vor einem Kauf im Überschwang der Gefühle bewahren. Zum einen achten die Berater bei Besichtigungen von Bestandsimmobilien auf mögliche Schwachstellen - erfahrungsgemäß besteht je nach Baualtersklasse unterschiedlicher Renovierungs- und Investitionsbedarf, für den zusätzliches Kapital aufzubringen ist.

Das Geld sollte aus den eigenen Rücklagen finanziert werden, um – auch in Anbetracht der Zinsentwicklung – den Kreditbedarf in Grenzen zu halten. Zu den aufwendigsten Arbeiten gehören dabei Dachsanierungen. Deren Kosten könnten Hauskäufer in den Ruin treiben, so der VPB. „Man sollte nicht die Katze im Sack kaufen, sonst wird daraus ein Tiger, der einen auffrisst“, warnt Merzyn.

Zum anderen schätzen Sachverständige das Gesamtvorhaben mit eher kühlem Kopf ein. Denn für sie stellt der Immobilienerwerb im Unterschied zu potenziellen Eigenheimbesitzern keine emotionsgeladene Herzensangelegenheit dar. Deshalb lassen sie sich kaum von Hinweisen beeindrucken wie dem, diese jetzt gerade besichtigte Wohnung sei nun wirklich die letzte in dem tollen Objekt und man müsse sich unbedingt sofort entscheiden.

Solche vermeintlich guten Tipps machten eher misstrauisch, meint Verbraucherschützer Stecher. Er empfiehlt, bei Neubauten den Bauträgervertrag neutral prüfen zu lassen. Das Gefühl, unbedingt zugreifen zu müssen, entsteht allerdings nicht allein durch äußere Einflüsse. Häufig kommt eine hausgemachte Komponente hinzu. „Den Menschen fehlt die Klarheit darüber, was sie überhaupt wollen“, sagt Detlef Schmidt zur Ursache. Der Unternehmensberater aus der Nähe von Cuxhaven coacht sowohl Verkäufer als auch Käufer von Immobilien.

Seine Beobachtung: Familien diskutieren erst nach Besichtigungen über ihre Wünsche, nicht im Vorfeld. Die Folge sei eine lange Suche nach dem passenden Objekt einschließlich stressigen Besichtigungsmarathons. Daraus entwickle sich Druck, endlich etwas finden zu müssen. Der verstärke sich, wenn gleichzeitig alle Kaufinteressen lossausten.

Gegen den internen Druck empfiehlt der Coach einen Familienrat am runden Tisch. Jeder benennt seine Vorstellungen, dann werden Prioritäten gesetzt. Das Ganze mündet in einem Fahrplan oder einer Checkliste, die sowohl Fakten als auch Emotionen beinhaltet. Bei Objekten werden die festgelegten Kriterien dann abgehakt: ja, nein, kompromissfähig. „Das bringt Klarheit. Klarheit hilft bei schnellen Entscheidungen. Und wenn ich weiß, was ich will, habe ich keinen Druck“, fasst Schmidt zusammen.

So gehen Bauherren gelassener mit Marktdruck um​
Foto: grafik

Eine Einschätzung, die Corinna Merzyn teilt. Sie sagt: „Je besser vorbereitet, desto kaltblütiger kann man entscheiden.“ Ein Gespräch mit der Hausbank gehöre zwingend zur Klärung der Rahmenbedingungen dazu. Wer eine Bankzusage im Rücken hat, kann schneller zuschlagen. Auch das kann mehr Gelassenheit in den Kaufprozess bringen.

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