Immobilienexperte erklärt „Moers ist ein solider Markt“
Serie | Moers · In Deutschland kennen die Immobilienpreise seit Jahren nur einen Weg: nach oben. Womit Käufer in der und rund um die Grafenstadt rechnen müssen, erklärt Michael Finkeldey von der Sparkasse am Niederrhein.

Experten warnen: Der Traum vom Traumhaus könnte jetzt für viele Menschen platzen.
Foto: dpa/Mia Bucher Von Moers bis Xanten: Wenn es um Immobilien in der Region geht, kennen sich wahrscheinlich nur wenige Menschen so gut aus wie Michael Finkeldey. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet der Makler aus Moers als Immobilienberater bei der Sparkasse am Niederrhein. Der Markt in der und rund um die Grafenstadt ist ein besonderer, sagt er. Das ist die Lage.
Angebot und Nachfrage In einem Satz: Es tut sich was. „Aufgrund der gestiegenen Zinssituation merken wir, dass aktuell tatsächlich mehr Angebote am Markt sind als zum Beispiel vor einem Jahr, als die Zinsen noch deutlich günstiger waren“, sagt Michael Finkeldey. „Auf der Nachfragerseite bedeute das, dass durch die gestiegenen Zinsen auch einige Interessenten aus dem Raster fallen.“ Heißt: Wenn das Budget im vergangenen Jahr vielleicht noch bei 0,7 bis 0,8 Prozent Zinsen lag, ist der Weg zur eigenen Immobilie jetzt schwieriger. „Aktuell bewegen wir uns im Bereich von 2,5 Prozent Zinsen bei zehn Jahren Zinsbindung“, sagt der Immobilienexperte. „Wir sprechen also von einer Verdreifachung allein des Zinsaufwands.“ Das, sagt Finkeldey, führe bei etlichen Kaufinteressenten aktuell dazu, dass sie ihr Budget runterstocken oder Pläne komplett aufgeben müssten. „Da, wo wir im vergangenen Jahr noch 20 Kaufinteressenten hatten, haben wir im Moment vielleicht noch zwei oder drei.“
Preisniveau Konsequenz: Die Nachfrage sinkt im oberen und steigt im unteren Preisbereich. „Unter 300.000 Euro ist in Moers und Umgebung derzeit schwer etwas zu finden, bei etwas besserer Lage, Ausstattung und Qualität liegen wir bei um die 400.000 Euro Minimum“, sagt Finkeldey. Zu preislichen Einbrüchen führt die Verringerung der Nachfrage aus Sicht des Maklers allerdings nicht. Zum einen: „Der Markt war in den vergangenen zwei Jahren auf der Nachfrageseite komplett überhitzt“, erklärt der Experte. „Das hat dazu geführt, dass Immobilien auch deutlich über den Angebotspreis hinaus verkauft wurden.“ Diese Überhitzung schleiche sich jetzt langsam aus, der Markt komme zwar runter, allerdings von einem extrem hohen Niveau. Zum anderen: Zwei oder drei solvente Interessenten sind für einen Verkäufer immer noch genug, denn seine Immobilie kann er ohnehin nur einmal verkaufen. „Das ist auch der Grund, warum die Preise nicht einbrechen werden“, sagt Finkeldey. „Wir merken deutlich, dass die Qualität in der Nachfrage besser wird. Das heißt, die Interessenten, die sich aktuell am Markt bewegen, werden nicht nur bonitäts-, sondern auch eigenkapitalstärker.“
Allgemeine Stimmung Schwankungen auf dem Markt gehören für Michael Finkeldey seit je her zum Geschäft. „Wir haben auch Immobilien verkauft, als die Zinsen noch bei acht Prozent lagen“, sagt er. In den vergangenen 26 Jahren habe es immer wieder Höhen und Tiefen gegeben, abhängig vom Zinsniveau und allgemeinwirtschaftlichen Faktoren. „Im Moment sprechen wir über die Unsicherheit vieler Menschen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, über Preissteigerungen bei der Energieversorgung, bei den Lebensmitteln – quasi in allen Bereichen. Das nimmt natürlich Stimmung aus dem Markt“, sagt Finkeldey.
Finanzierung Aus der Sicht des Immobilienexperten steht der Wunsch nach Eigentum bei den allermeisten Menschen trotzdem immer ganz oben auf der Wunschliste. „Die Corona-Pandemie wird diesen Wunsch vielleicht verstärkt haben“, vermutet er. „Getrieben wurde er aber von der Zinssituation.“
Markt Bodenständig statt extravagent: „Moers ist ein guter, aber eher solider Immobilienmarkt“, sagt Michael Finkeldey. „Es gibt hoch interessante Wohnlagen wie zum Beispiel rund um den Schlosspark, aber selten über die Maßen luxuriöse Ausreißerimmobilien. Wir sind nicht in Düsseldorf, wo die Leute für denkmalgeschützte Jugendstilvillen mit Rheinblick Liebhaberpreise zahlen, und wir haben auch keine Fabriken, die zu schicken Lofts umgenutzt werden.“