TÜV-Report 2019 Jedes fünfte Auto bekommt keine Plakette

Berlin · Der jährliche Tüv-Report gilt als der wichtigste Gebrauchtwagenratgeber und zeigt welche Automodelle bei der Hauptuntersuchung (HU) gut abschneiden und welche nicht.

Ein KFZ-Mechaniker arbeitet in einer KFZ-Werkstatt an einem Auto (Archiv).

Ein KFZ-Mechaniker arbeitet in einer KFZ-Werkstatt an einem Auto (Archiv).

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Gut jeder fünfte Gebrauchtwagen (21,2 Prozent) ist durch die Hauptuntersuchung (HU) der TÜV-Prüfstellen gefallen. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der Fahrzeuge mit "erheblichen Mängeln" über alle Altersklassen hinweg um 1,3 Prozent gestiegen.

Stellen die Prüfer erhebliche Mängel fest, müssen die Autobesitzer ihr Fahrzeug reparieren und erneut prüfen lassen. Weitere 12,0 Prozent aller Fahrzeuge waren mit "geringen Mängeln" unterwegs (minus 1,9 Prozent). In absoluten Zahlen 4.789 Fahrzeuge oder 0,1 Prozent galten als "verkehrsunsicher" und mussten sofort stillgelegt werden. Das geht aus dem aktuellen "TÜV-Report 2019" hervor, für den rund 8,8 Millionen Hauptuntersuchungen der TÜV-Unternehmen ausgewertet wurden. "Die Hauptuntersuchung als wichtige Säule der Verkehrssicherheit in Deutschland steht vor gravierenden Veränderungen", sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands (VdTÜV), bei Vorstellung des TÜV-Reports in Berlin. Aktuell stehen eine veränderte Mängelsystematik, neue Grenzwerte bei der Abgasuntersuchung und der Einstieg in die Prüfung digitaler Systeme wie eCall im Mittelpunkt. "Die Zukunft der Hauptuntersuchung ist digital", sagte Bühler. "Autos sind heute rollende Computer und Datenspeicher. Wenn immer mehr sicherheitskritische Komponenten eines Fahrzeugs digital gesteuert werden, muss sich die HU anpassen. Dafür muss die Politik die Voraussetzungen schaffen."

Alternde Fahrzeugflotte

Als einen wichtigen Grund für die gestiegene Durchfallquote hat der TÜV-Verband die alternde Fahrzeugflotte in Deutschland ermittelt. Das Durchschnittsalter aller Pkw beträgt aktuell 9,4 Jahre. Im Vergleich zum Jahr 2010 sind die Autos im Schnitt 1,3 Jahre älter und im Vergleich zum Jahr 2000 sogar um 2,5 Jahre. "Der Fahrzeugbestand in Deutschland wird von Jahr zu Jahr älter. Über kurz oder lang wird das zu einem Problem für die Verkehrssicherheit", sagte Bühler. Denn mit höherem Alter steige die Fehleranfälligkeit der Pkw. Nach den Ergebnissen des aktuellen TÜV-Reports fällt nur jedes zehnte 4 bis 5 Jahre alte Fahrzeug mit erheblichen Mängeln durch die HU, während es bei den 10 bis 11 Jahre alten Fahrzeugen mehr als jedes vierte ist (28 Prozent). "Gerade die Halter älterer Autos sind aufgerufen, ihre Fahrzeuge regelmäßig zu warten, um sich und andere nicht in Gefahr zu bringen", sagte Bühler.

Gewinner ist der Porsche 911

Der Gewinner des TÜV-Reports 2019 ist der Porsche 911. Der Sportwagen hat mit einem Anteil von 2,5 Prozent die geringste Quote erheblicher Mängel (EM-Quote) unter den 2 bis 3 Jahre alten Fahrzeugen. Da der Gewinner in dieser Altersklasse die niedrigste EM-Quote aller untersuchten Fahrzeuge hat, wird das entsprechende Modell zum Gesamtsieger erklärt. Der Porsche 911 sichert sich aber nicht nur den Gesamtsieg, sondern gewinnt auch in allen anderen Altersklassen. Während bei den 2-3 Jährigen und 4-5 Jährigen der Porsche 911 Typ 991 gewinnt, ist es bei den 6-7 Jährigen, 8-9 Jährigen und 10-11 Jährigen der Typ 997. "Dass ein Fahrzeug in allen Altersklassen so überzeugend abschneidet, hat es in der Geschichte des TÜV-Reports noch nicht gegeben", sagte Bühler. Insgesamt haben die deutschen Hersteller mit zahlreichen Top-10-Platzierungen in den verschiedenen Altersklassen sehr gut abgeschnitten. Darüber hinaus gewinnt Mercedes mit seinen Modellen die Wertungen für die vom Kraftfahrt-Bundesamt festgelegten Wagenklassen Kompaktklasse, Mittelklasse, SUV und Van. Der Opel Adam gewinnt bei den Minis und der Hyundai i20 bei den Kleinwagen.

Schlusslichter in den verschiedenen Altersklassen sind in diesem Jahr der Dacia Logan mit einer EM-Quote bei den 2-3 Jahre alten Fahrzeugen in Höhe von 14,6 Prozent, der Peugeot 206 bei den 4-5 Jährigen mit 28,0 Prozent und bei den 6-7 Jährigen wieder der Dacia Logan mit 30,9 Prozent. Bei den 8-9 Jahre alten Fahrzeugen teilen sich Renault Kangoo und Chevrolet Matiz den letzten Platz mit einer EM-Quote von 37,1 Prozent. Bei den 10-11 Jahre alten Fahrzeugen verliert erneut der Dacia Logan: vier von zehn Logans (40,6 Prozent) fallen in diesem Alter durch die HU.

Technische Mängel nicht unterschätzen

Ein Dauerbrenner bei der HU ist das Thema Licht. Vor allem ältere Fahrzeuge fallen auf den TÜV-Prüfständen mit defekter Beleuchtung auf. "Fahrzeugnutzer sollten häufiger überprüfen, ob sämtliche Leuchten funktionieren. Das ist gerade in der dunklen Jahreszeit sehr wichtig", sagte Bühler. Ein weiteres Problem ist Ölverlust an Motor und Antrieb. Austretendes Öl ist kritisch, da es bei einem Unfall brandbeschleunigend wirkt. Darüber hinaus belastet entweichendes Öl die Umwelt. Mängel an den Achsfedern und den Stoßdämpfern verschlechtern nicht nur den Fahrkomfort, sondern sind auch ein Sicherheitsrisiko, weil die Fahrzeuge nicht mehr stabil auf der Straße liegen. Das ist vor allem in engen Kurven oder bei Ausweichmanövern gefährlich. Nicht zuletzt müssen die Bremsen regelmäßig gewartet werden, um sicher unterwegs zu sein.

Neuerungen bei der Hauptuntersuchung

Die Hauptuntersuchung von Pkw befindet sich infolge der Digitalisierung, neuen Vorgaben zum Umweltschutz und der Harmonisierung auf EU-Ebene in einem grundlegenden Wandel. Am 20. Mai 2018 wurde in Deutschland mit dem "gefährlichen Mangel" eine neue Mängelkategorie eingeführt und damit eine EU-Richtlinie umgesetzt. Für die Fahrzeughalter hat das in der Praxis aber nur geringe Auswirkungen: Sie erhalten einen Hinweis auf dem Prüfbericht und haben dann - wie bei den erheblichen Mängeln - einen Monat Zeit für die Reparatur und HU-Nachprüfung.

Bereits seit Anfang 2018 ist wieder eine Abgasuntersuchung mit Endrohrmessung bei der HU Pflicht. "Nur mit einer Kombination aus Abgasmessung am Auspuff, einer Auswertung der Diagnosedaten und einer Sichtprüfung können die Prüfer Verschleiß, Manipulationen oder Defekte an der Abgasanlage richtig erkennen", sagte Bühler. Ihre volle Wirksamkeit entfalte die Endrohrmessung aber erst mit den neuen Grenzwerten, die ab 1. Januar 2019 dem Stand der Technik angepasst werden. Ein weiterer Meilenstein ist die Messung der Partikelanzahl bei Dieselfahrzeugen ab dem Jahr 2021. Darüber hinaus fordert der TÜV-Verband, dass zukünftig auch die Stickoxid-Emissionen (NOx) von Dieseln bei der Abgasuntersuchung überprüft werden. "Schmutzige Luft macht Menschen krank", sagte Bühler. "Die Prüfungen stellen sicher, dass die Abgasreinigung in unseren Fahrzeugen einwandfrei funktioniert."

Prüfung digitaler Komponenten

Darüber hinaus erfolgt der Einstieg in die digitale Hauptuntersuchung. Seit dem 1. April 2018 ist der Einbau des eCall-Notrufsystems in Neuwagen Pflicht. Die Prüfverfahren für bestimmte digitale Komponenten sind allerdings noch in der Entwicklung und bislang soll nur das Vorhandensein eines eCall-Moduls geprüft werden, nicht aber seine Funktion. "Statt um Rost und Öl geht es in Zukunft um Bits und Bytes bei der Hauptuntersuchung", sagte Bühler. "In den Prüfkatalogen müssen Kriterien für die digitale Sicherheit von Fahrzeugen ergänzt werden." Dabei gehe es sowohl um den Schutz vor kriminellen Hackerangriffen als auch um die Prüfung sicherheitsrelevanter Funktionen, die von Software gesteuert werden. Bühler: "Die Prüforganisationen müssen Zugang zur Software von sicherheits- und umweltrelevanten Fahrzeugkomponenten sowie zu den entsprechenden Diagnosedaten bekommen. Nur so können sie ihrem gesetzlichen Prüfauftrag nachkommen."

Deutschlands größter Gebrauchtwagenratgeber

Der TÜV-Report ist seit dem Jahr 1972 eine unabhängige Quelle für Verbraucher, Autohersteller und Politik, wenn es um den technischen Zustand der Fahrzeuge in Deutschland geht. "Der TÜV-Report ist eine umfangreiche und verlässliche Datenquelle, die den Herstellern wichtige Informationen für die Verbesserung ihrer Fahrzeuge liefert", sagte Bühler. "Gleichzeitig gibt der Report Autobesitzern praktische Tipps, wie sie sich und andere im Straßenverkehr besser schützen können." Damit trage der TÜV-Report maßgeblich zur Verkehrssicherheit in Deutschland bei.

Der TÜV-Report ist aber in erster Linie Deutschlands wichtigster Gebrauchtwagenratgeber. "Verbraucher finden im TÜV-Report zahlreiche Hinweise, worauf sie beim Kauf eines Gebrauchtwagens achten sollten", sagte Chefredakteur Hartmut Müller-Gerbes. Im Heft finden die Leser die Stärken und Schwächen einzelner Fahrzeugmodelle in den verschiedenen Altersklassen. Müller-Gerbes: "Der TÜV-Report informiert Gebrauchtwagenkäufer unabhängig von möglichen Interessen der Hersteller, Werkstätten oder Händler. Die Marke TÜV steht dafür wie keine andere."

Der TÜV-Report 2019 ist ab 9. November 2018 als Sonderausgabe der Auto BILD zum Preis von 4,90 Euro im Zeitschriftenhandel und bei den TÜV-Stationen erhältlich. Herausgeber ist der Verband der TÜV e. V., gemeinsam mit dem TÜV Hessen, TÜV NORD, TÜV Rheinland, TÜV SÜD und TÜV Thüringen.

Hinweis zur Methodik: Für den TÜV-Report 2019 sind rund 8,8 Millionen Hauptuntersuchungen ausgewertet worden, die von Juli 2017 bis Juni 2018 durchgeführt wurden. Basis der Rankings in 5 Altersklassen sind 18 ausgewählte, besonders relevante Mängel. Untersucht wurden in diesem Jahr 231 Fahrzeugmodelle. Grundlage der Angaben zum Durchschnittsalter der Pkw in Deutschland sind Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes.

(özi/ots)
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