Ein Tag bei den Prüfern Zittern auf dem Weg zur neuen Plakette

Köln/Hamburg/Stuttgart (rpo). Manchem wird schon mulmig, wenn der Mann mit Block und Bleistift einen selbst prüfend anblickt. Was mag erst geschehen, wenn er mit seinem Kittel in den nächsten Minuten den treuen Freund auf vier Rädern auf Herz und Nieren prüft - bremst, bis es rüttelt, geheimnisvoll mit der Taschenlampe in die Grube abtaucht? Was passiert am Tag der amtlichen Hauptuntersuchung, wenn es quasi um Leben und Tod geht - um eine neue Plakette?

Es ist ein Termin, dem viele mit Schrecken entgegen sehen: Wenn beim Auto die nächste Hauptuntersuchung ansteht, wird oft an teure Reparaturen oder gar an den endgültigen Abschied von dem fahrenden Untersatz gedacht. Dabei weiß eigentlich kaum jemand so recht, was bei dem alle zwei Jahre stattfindenden Gastspiel in der Prüfhalle tatsächlich abläuft.

"Im Durchschnitt werden 160 bis 170 Punkte an einem Pkw geprüft", sagt Hans-Ulrich Sander, Sachverständiger des TÜV-Rheinland in Köln. Am Anfang steht die Kontrolle, ob es sich bei dem Wagen tatsächlich um das angegebene Exemplar handelt: "Zuerst werden die Daten aus den Fahrzeugpapieren mit den Angaben am Fahrzeug selbst verglichen", erklärt Hans-Jürgen Griem, Abteilungsleiter Gutachterwesen bei der Niederlassung Hamburg der Sachverständigenorganisation Dekra.

Im Motorraum geht's los

Danach beginnt die eigentliche Prüfung, deren Ablauf von Prüfer zu Prüfer unterschiedlich sein kann. Im Endeffekt werden jedoch immer die gleichen Bereiche und so genannten Baugruppen des Wagens überprüft. Sander beginnt mit einem Blick in den Motorraum, wo er unter anderem nach losen Kabeln schaut.

Es folgt die Überprüfung der Reifen. "Hier wird unter anderem auf Alterungsrisse und auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindesttiefe des Profils von 1,6 Millimetern geschaut", erklärt Hermann Schenk, von der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) in Stuttgart.

Im Innenraum kommt es auf funktionierende Warnleuchten an. "Unter anderem schauen wir uns auch die Sicherheitsgurte an", sagt Hans-Ulrich Sander. Kriterien sind, ob die Gurte unbeschädigt sind und ob sie sich aufrollen. Nach einem Blick auf das Vorhandensein von Warndreieck und Verbandskasten folgen zwei der mängelträchtigeren Kontrollen: Licht und Bremsen stehen auf dem Prüfstand.

Besonders wichtig sind die Kontrollen unter dem Fahrzeug. "Hier geschieht unter anderem das, was man auch als Rostsuche kannte - die Überprüfung von Rahmen, Fahrgestell und Aufbau", sagt Hermann Schenk. "Doch diese Mängel nehmen heute ab." Anders sieht es dem Experten zufolge bei den Überprüfungen von Achsen und Achsaufhängungen aus: "Achsschäden nehmen zu. Die Aufhängungen werden immer komplizierter, die Straßen immer schlechter - und die Leute fahren immer schneller."

"fehlerfrei, geringe oder erhebliche Mängel"

Grundsätzlich geht es bei allen Prüfungen darum, ob der jeweilige Bereich fehlerfrei ist oder geringe oder erhebliche Mängel aufweist. Damit entscheidet sich, ob das Fahrzeug eine Plakette bekommt. "Ein erheblicher Mangel bedeutet, dass eine sofortige Behebung notwendig ist, um das Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu bewegen", so Griem. Daher gibt es bei erheblichem Mangel keine Plakette - der Mangel muss beseitigt und der Wagen erneut vorgeführt werden. Ein geringer Mangel ist ebenfalls zu beseitigen, es gibt aber dennoch die Plakette.

Doch so genau die Sachverständigen auch prüfen, eine neue Plakette bedeutet nicht, dass das Auto fehlerfrei ist. "Die Hauptuntersuchung ist eine Sicht- und Funktionsprüfung", erläutert Hermann Schenk. "Wir dürfen zum Beispiel kein Teil demontieren." So ist zwar im Grunde starker Ölverlust des Motors ein erheblicher Mangel - bei den oft an der Unterseite hinter Verkleidungen verborgenen Aggregaten kann es aber vorkommen, dass der Mangel nicht erkannt wird. "Daher heißt es im Prüfbericht auch "ohne erkennbare Mängel"", sagt Schenk.

(gms)
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