Albtraum aller Autofahrer Wenn man sich selbst ausgesperrt hat

Losheim/Rüsselsheim (rpo). Der Albtraum eines jeden Autofahrers: Man ist weit weg von zu Hause, kommt zu seinem Wagen und sieht von draußen den Autoschlüssel im Zündschloss. Man hat sich selber ausgesperrt. Wenn man keinen Notschlüssel dabei hat, bricht schnell Panik aus. Zurecht, denn in vielen Fällen kann nur noch der Pannendienst weiterhelfen.

Glaubt man den Experten bei der Sachverständigenorganisation KÜS in Losheim am See (Saarland), passiert das Aussperren vor allem bei älteren Fahrzeugen mit mechanischen Schlüsseln immer wieder. Die moderne Technik dagegen nimmt Schlüssel in Schutz. Schon mit einer Zentralverriegelung ist es nach Angaben von Opel-Sprecher Manfred Daun in Rüsselsheim ausgesprochen schwierig, den Wagen so zu verschließen, dass der Schlüssel drinnen und der Fahrer draußen ist.

Mit schlüssellosen Zugangssystemen ist dies laut Hartmuth Wolff vom Allianz Zentrum für Technik (AZT) in Ismaning sogar gänzlich unmöglich. Nur eine Schwachstelle bleibt häufig bestehen: der Kofferraum. Wer mit einer normalen Zentralverriegelung den Wagen schließt, solange das Gepäckabteil noch offen steht und nach dem Ein- oder Ausladen als letztes den Heckdeckel zuwirft, hat schlechte Karten, wenn er seinen Schlüssel neben den Einkaufstüten abgelegt hat. "Dann steht man tatsächlich draußen", sagt Wolff.

"In solchen Fällen sind Autofahrer auf die Hilfe von Experten angewiesen", sagt KÜS-Sprecher Hans-Georg Marmit. "Denn der alte Trick mit dem aufgebogenen Drahtkleiderbügel, der durch die Türfuge eingefädelt wird und dann den Öffner betätigt, funktioniert nur bei Uralt-Autos." Wer sich aussperrt, werde deshalb zum Fall für den Pannendienst oder die Werkstatt.

Wenn Autodiebe neidisch werden

Allerdings muss man dort in der Regel keine geborstenen Scheiben oder andere Gewaltakte fürchten. "Mit einem Geschick, das viele Autodiebe neidisch machen dürfte, bekommen die Experten den Wagen mit Hebeln, Schienen und Drähten wieder auf", so der KÜS-Sprecher. Dennoch wird so ein Einsatz mitunter teuer, weil die Kaskoversicherung solche Kosten laut Marmit nicht deckt. Für Mitglieder eines Autoclubs sei dieser Service aber meist kostenlos.

Wenn man es nicht ganz so eilig hat oder der Schlüssel tatsächlich dauerhaft verschollen ist, bleibt laut Opel-Sprecher Daun der Weg zum Händler. Dort gibt es gegen Vorlage des Fahrzeugscheins und des so genannten Car-Pass einen neuen Schlüssel. "Er wird anhand des individuellen Codes für das jeweilige Fahrzeug, das mit einer elektronischen Wegfahrsperre geschützt ist, programmiert", sagt Daun. Bei Funkzentralverriegelungen muss laut der KÜS zudem die Frequenz angepasst werden, damit sich die Türen auch öffnen.

Schlüssellose Zugangssysteme

Weitgehend gefeit vor den Risiken des Aussperrens sind Autofahrer mit so genannten Keyless-, also schlüssellosen Zugangssystemen, die ausschließlich mit Funk arbeiten. "Bei diesen Systemen gibt es statt des Schlüssels einen Sender, den man getrost in der Hosen- oder Aktentasche lassen kann", sagt Mike Pepler, der die Elektronikentwicklung des neuen Jaguar XK geleitet hat. "Sobald man sich dem Fahrzeug nähert und den Türgriff berührt, geht der Wagen auf."

Beim Schließen allerdings lässt die Automatik Vorsicht walten. Wer etwa seine Jacke mitsamt dem Sender in den Kofferraum legt, kann den Deckel nicht mehr verschließen. "Und auch die Türen können nicht geschlossen werden, solange ein autorisierter Sender im Wagen ist", sagt Pepler. Und noch eine Hürde haben die Briten eingebaut: Um den Wagen zu schließen, muss der Besitzer erst einen Knopf drücken. Von selbst verriegelt das System die Türen nicht. "Weil dem Fahrer ohne diesen Tastendruck die Rückmeldung fehlt, gerät er sonst in eine endlose Schleife. Das ist wie wenn man beim Kühlschrank die Tür aufmacht, um zu schauen, ob das Licht auch aus ist."

Notschlüssel sollte immer dabei sein

"Egal ob mit Fernbedienung oder Keyless — jedes Auto hat irgendwo ein mechanisches Notschloss, mit dem wenigstens eine Tür aufgesperrt werden kann", sagt AZT-Experte Wolff. Der in der Regel mitgelieferte Notschlüssel gehöre deshalb nicht in den Wagen oder an den Schlüsselbund, sondern in Brieftasche oder Geldbörse und sollte immer dabei sein, rät der Experte.

Ist ein solcher Notschlüssel etwa bei einem Gebrauchtwagen nicht mehr vorhanden, könne er von jedem Schlüsseldienst hergestellt werden. "Zwar öffnet dann — anders als der werkseitig gelieferte Notschlüssel mit Transponder, der auch das Fahren ermöglicht — nur das Notschloss in der Tür oder am Kofferraum. Aber schon das löst ja in den meisten Fällen das Problem", sagt Wolff.

Keine gute Idee ist in seinen Augen dagegen das Verstecken des Ersatzschlüssels irgendwo am Fahrzeug. "Diebe kennen alle, auch die ganz geheimen Verstecke", warnt der Experte. "Die Versicherung wird sich im Ernstfall nicht zu Unrecht auf grobe Fahrlässigkeit berufen und die Zahlung ablehnen."

(gms)
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