Streitfälle Welche Pkw dürfen ALG-II-Empfänger besitzen?

Berlin (rpo). In jüngster Zeit häufen sich bei Alg-II-Empfängern die Streitfälle über Pkw. Eingebürgert hat sich mittlerweile eine Grenze von 5.000 Euro, mehr sollte das Auto nicht mehr wert sein. Ansonsten zählen die Behörden den Pkw zum anrechenbaren Vermögen. Doch die Gerichte vertreten bezüglich der 5.000 Euro unterschiedliche Ansichten.

Auch wer Arbeitslosengeld II (ALG II) erhält, darf ein Auto besitzen. Sofern der Pkw nicht mehr als 5000 Euro wert ist, zählen die Arbeitsagenturen und Sozialbehörden das Fahrzeug auch nicht zum anrechenbaren Vermögen des Arbeitslosen. Liegt der aktuelle Verkaufswert jedoch höher, wird der Pkw - abzüglich des Freibetrags von 5000 Euro - zum Vermögen hinzu gerechnet. Oft mit der Folge, dass die Vermögensfreibeträge überschritten werden und die ALG-II-Stellen auf einem Verkauf des Fahrzeugs bestehen. Mehrere Entscheidungen der Sozialgerichte haben die starre Grenze von 5.000 Euro jedoch ausgehebelt.

So entschied das Sozialgericht Aurich, dass auch ein Skoda Octavia mit einem Zeitwert von 9.900 Euro ein angemessener Pkw sein könne und nicht zum verwertbaren Vermögen gerechnet werden dürfe. Angemessen sei ein Kraftfahrzeug, das "ein zuverlässiger, möglichst wenig reparaturanfälliger, sicherer und arbeitstäglich benutzbarer Gebrauchsgegenstand ist, der weder übertriebenen Luxus noch eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Motorleistung aufweist". Der aktuelle Fahrzeugwert sei demgegenüber nicht entscheidend. (SG Aurich, Beschluss vom 24.2.2005, AZ: S 15 AS 11/05 ER).

Bei besonderen Lebensumständen darf der Pkw auch deutlich teurer sein. So musste ein zu 70 Prozent Schwerbehinderter seinen VW Beetle nicht verkaufen, obwohl dieser einen Zeitwert von 15.500 Euro hatte. Die Richter am Sozialgericht Detmold folgten der Argumentation des Klägers, dass er wegen seiner Behinderung auf ein Automatik-Getriebe angewiesen sei, dass im unteren Preissegment kaum angeboten werde. Für 5.000 Euro sei auch kein zuverlässiger Gebrauchtwagen mit Automatik zu bekommen (SG Detmold, Urteil vom 21. Juni 2005, AZ: 4 AS 17/05).

Ohne Erfolg blieb hingegen ein Kläger, der sich auf das Auricher Urteil bezog und generell Mittelklassewagen von der Vermögensanrechnung ausgenommen wissen wollte. Sein Pkw (Audi A3) sei mit einem Zeitwert von 14.000 Euro tatsächlich zu teuer, entschied das Sozialgericht Aachen (Urteil vom 27.10.2005, nicht rechtskräftig, AZ: S 9 AS 31/05). Zwar gebe es für 5.000 Euro auf dem lokalen Gebrauchtwagenmarkt tatsächlich nur ältere und daher reparaturanfälligere Autos, so dass ein Umstieg nicht zumutbar sei. Für 7.000 Euro seien jedoch zuverlässige, neuere Gebrauchtwagen im Angebot, beispielsweise ein Opel Corsa.

Auch wenn die Wertgrenze von 5.000 Euro vor Gericht also häufig keinen Bestand hat, dürfen es sich Kläger nicht zu leicht machen. Es müsse zumindest begründet werden, warum ein teureres Fahrzeug noch angemessen sein soll, entschied das Bayerische Landessozialgericht (Beschluss vom 2.5.2005, AZ: L 10 B 180/05 AS ER).

(afp2)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort