Erstmals Elektronik-Prüfung Was sich beim TÜV ab 2009 ändert

Bonn/Hannover (RPO). Die Schonzeit beim TÜV ist 2009 abgelaufen. Dann kommt auch die Elektronik von Fahrzeugen auf den Prüfstand, nachdem es bislang immer nur um Licht, Bremsen, Reifen oder Rost ging. Als wichtiges Datum gilt in diesem Zusammenhang der April 2006.

TÜV oder Dekra: Wer ist besser?
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Foto: ddp

Entschieden wurde, dass Fahrzeuge, die ab April 2006 neu zugelassen wurden, künftig bei den Hauptuntersuchungen im Hinblick auf die Elektronik intensiver in Augenschein genommen werden. Allerdings können auch ältere Fahrzeuge den neuen Prüfungen unterzogen werden - zum Beispiel wenn ein Modell aus dem Jahr 2005 technisch bereits dem aus dem Jahr 2006 entspricht. "Bei einem Golf V werden sicher auch etwas ältere Fahrzeuge nach den neueren Vorgaben geprüft", sagt Jürgen Bönninger, Vorsitzender des Ausschusses Fahrzeugtechnik im Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) in Bonn.

Obwohl die Karossen von heute mit Elektronik vollgestopft sind, rumpeln sie bei den Hauptuntersuchungen wie eh und je über die Bremsenprüfstände und werden aus der Grube auf Rostbefall am Unterboden untersucht. Das soll sich ab 2009 ändern.

17-stelliger Fahrzeug-Code

Wer allerdings denkt, dass sich die Sachverständigen von TÜV oder den anderen Prüforganisationen wie Dekra oder GTÜ künftig mit Computerhilfe und Datenaustausch in den Tiefen der automobilen Rechenzentralen umschauen, irrt - denn bei der Prüfung wird es zwar Neues geben, im Grunde allerdings bleibt vorerst alles wie gehabt.

Bei den verschärften Prüfungen geht es vor allem darum, zu schauen, ob an dem Auto wirklich alles an Technik vorhanden ist, das da sein müsste. Zu diesem Zweck gibt der Prüfer im Optimalfall am Computer einen 17-stelligen Fahrzeug-Code ein, der dann die entsprechenden Daten liefert.

Das Ergebnis könnte lauten, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen VW Passat handelt, der serienmäßig über ein ESP verfügen müsste. Je nach Menge der vorhandenen Daten können sich diese Angaben grundlegend auf die gesamte Modellreihe und im Idealfall sogar auf exakt das zu prüfende Auto beziehen, für das auch die individuellen Ausstattungsextras aufgeführt werden können.

Doch auch wenn einmal wirklich alle Angaben vorliegen, bedeutet das nicht, dass die Sachverständigen die einzelnen Systeme bis in die Tiefen durchchecken werden. Vielmehr bewegt sich die Prüfung selbst meist auf eher herkömmlichem Niveau. "Bei einem Airbag muss der Prüfer dann zum Beispiel auf sichtbare Beschädigungen im Umfeld achten und darauf, ob nachträgliche Einbauten den Entfaltungsraum beeinträchtigen", erklärt Joachim Wein, Sachverständiger des TÜV Nord in Hannover. Hinzu kommt dann unter anderem noch eine Überprüfung der Kontrollleuchten für die einzelnen Geräte.

Mehraufwand von fünf Minuten

Der Blick in die Elektronik selbst fällt noch eher oberflächlich aus: Über die Diagnosestecker der Onboard-Diagnose (OBD) können die Prüfer laut Arnulf Volkmar Thiemel, "ob ein Steuergerät tatsächlich da ist". Die Nutzung dieser Schnittstellen zur wirklich intensiven Diagnose ist vorerst allerdings noch Zukunftsmusik, erläutert der Mitarbeiter des ADAC-Technikzentrums in Landsberg (Bayern) weiter. Insgesamt sei zunächst mit einem zeitlichen Mehraufwand von drei bis fünf Minuten pro Fahrzeug zu rechen.

"Wir begrüßen die neuen Vorgaben prinzipiell", so ADAC-Mitarbeiter Thiemel. Es handele sich um einen ersten Schritt, mit dem man Erfahrungen sammeln müsse. Doch auch bei späteren intensiveren Prüfungen dürfte ein kompletter Elektronik-Check nicht möglich sein - denn im Hinblick auf die Prüfkosten müssen sich Aufwand und Ergebnis die Waage halten. "Ein ESP ist mit vernünftigem Aufwand nicht wirklich zu überprüfen."

Dass es bei den Hauptuntersuchungen Veränderungen geben musste, ist seit langem klar: "Die Fahrzeugsicherheit wird heute überwiegend von der Elektronik bestimmt", fasst Arnulf Volkmar Thiemel zusammen.

Schwere Mängel mit teuren Folgen

Schon jetzt zeigt sich, dass selbst mit den 2009 kommenden Methoden zusätzliche Mängel entdeckt werden. Denn manche Fahrzeuge des Baujahrs 2006 müssen schon vor der Dreijahres-Frist zur Hauptuntersuchung - zum Beispiel Taxen und Mietwagen. "Über einen Zeitraum von neun Monaten wurden rund 38.000 Airbags detektiert, die nicht einwandfrei funktionierten", sagt Jürgen Bönninger vom DVR. Und so etwas gilt als schwerer Mangel, den es zu beheben gilt - was bei elektronischen Bauteilen und Airbags schnell einmal drei- oder vierstellige Summen verschlingen kann.

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