Lässig oder egoistisch? Was Blinkmuffel zum Risiko treibt

München (RPO). Es ist in Mode gekommen. Das kurze Antippen des Blinkhebels vor dem Überholen - wenn überhaupt. Sehr oft ignorieren Autofahrer das Verkehrsgeschehen um sie herum komplett. Nur zwei von drei Autofahrern kündigen den Spurwechsel an.

NRW - Land der Blinkmuffel?
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Foto: tmn, Kai Remmers

Immer wieder kommt es durch Blinkmuffel zu Unfällen. Das haben die Verkehrssicherheits-Experten schon lange erkannt. Warum auf das Betätigen des Blinkerhebels verzichtet wird, ist auch ihnen aber immer noch nicht so recht klar. In der Regel wird herausgefunden, dass etwa ein Drittel der Autofahrer sich nicht oder kaum um das Blinken kümmert. Die jüngste Untersuchung dieser Art stammt vom ADAC Anfang 2010.

Wie groß die tatsächlichen Zahlen sind, darüber gibt es keine exakten Untersuchungen. Denn nur ein Bruchteil der Auto- oder Motorradfahrer wird überhaupt erwischt, wenn sie einmal ohne eingeschaltete Blinkleuchte abbiegen, die Spur wechseln, die Fahrtrichtung ändern wollen oder aus einer Parklücke steuern.

Außerdem gilt der Blinkverzicht auch in der Allgemeinheit immer noch als reine Bagatelle, die meist nur mit einem Kopfschütteln anderer Verkehrsteilnehmer abgetan wird. Verkehrsexperten halten das Blinken jedoch für immens wichtig: "Das Blinken ist das einzige Kommunikationsmittel, um im Straßenverkehr einen Richtungswechsel anzuzeigen", erklärt Carla Bormann vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR).

Einfach zu lästig

Auch wenn die Ursachen für diese Nachlässigkeiten nicht komplett geklärt sind, gibt es zumindest einige bekannte Gründe. "Viele finden das Blinken einfach lästig", sagt Katja Legner vom ADAC in München. "Andere sind sich der möglichen Gefahr gar nicht bewusst." Noch andere fühlen sich sicher und meinen auch, den völligen Überblick über das Verkehrsgeschehen zu haben. Und manchmal gerät der Blinker auch komplett in Vergessenheit: "Oft ist es dem Fahrer gar nicht mehr bewusst, dass er nicht blinkt."

Der Verkehrssoziologe Bastian Roet vom Verkehrsclub AvD vermutet in einigen Fällen auch eine Spur Egoismus hinter der Verweigerung. "Es kann sein, dass mancher Autofahrer sich nicht mehr als Teil des gesamten Verkehrsgeschehens sieht - es gilt "Hauptsache, ich komme weiter". Bei Befragungen habe man außerdem einige typische Antworten von Blinkmuffeln erhalten: Eine sei, dass der Fahrer nur dieses eine Mal den Blinker nicht betätigt habe, es sonst aber immer mache.

Blinken unnötig

Eine andere verbreitete Antwort ist laut Roet, dass der Fahrer keine anderen Autos gesehen hat und deswegen sicher war, dass das Blinken unnötig sei. Gerade solche Situationen können aber gefährlich werden: "Ich muss blinken, auch wenn ich gerade niemanden sehe." Denn nur weil der Fahrer eben noch niemanden entdeckt hat, bedeutet das nicht, dass nicht im nächsten Augenblick doch noch ein Auto kommen kann.

Speziell auf der Autobahn kann so etwas gefährlich werden: Ein langsamer Fahrer meint, ohne zu blinken auf die linke Spur wechseln zu können - weil die gerade leer erscheint. Allerdings kann plötzlich von hinten ein wesentlich schnellerer Fahrer kommen, der eine Notbremsung einleiten muss, um das langsame Fahrzeug nicht zu rammen.

Aufblinken in letzter Sekunde

Falsch ist aber nicht nur der Blinkverzicht, sondern auch das verbreitete kurze Aufblinken lassen in letzter Sekunde: Etwa wenn ein Autofahrer auf die linke Spur will, bereits einlenkt, und dabei den Blinkhebel nur antippt - so dass die Leuchte einmal kurz aufblinkt. "Mindestens drei Lichtzeichen sollten es schon sein - einmal den Hebel antippen, das reicht nicht", sagt Carla Bormann. Und die Lichtzeichen müssen rechtzeitig gegeben werden, nicht erst, wenn der Spurwechsel eingeleitet ist.

Auch wer bis jetzt ohne jede Bestrafung durchgekommen ist, sollte sich fragen, ob er sich den Griff zum Blinkhebel nicht doch wieder angewöhnt. Das ist auf der einen Seite nicht wirklich schwer und hilft anderen. Auf der anderen Seite muss ein erwischter Blinkmuffel mit 10 Euro Geldbuße rechen - das mag bei ersten Mal noch zu verkraften sein, könnte auf Dauer aber doch ins Geld gehen.

(tmn/kpl)
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