Barersatz oder Reparatur? Unfallauto muss nicht komplett repariert werden

München (rpo). Erst im Februar hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Reparaturkostenersatz für Unfallautos in zwei Urteilen begrenzt und damit gegen die Autohalter entschieden. Es blieb zwar dabei, dass nicht jeder Unfallschaden in Deutschland komplett repariert werden muss, sondern dass man auch selbst "herumschrauben" darf. Aber wer auf diese Weise am Unfall verdienen will, wird häufig enttäuscht sein.

Wer sein Auto nach einem unverschuldeten Zusammenstoß nur wieder notdürftig zusammenschraubt und dann mit Beulen weiterfahren will, kann das durchaus tun. Grundsätzlich hat jeder Geschädigte die Wahl zwischen Barersatz oder Reparatur auf Kosten der gegnerischen Versicherung.

Auf keinen Fall gibt es allerdings automatisch so viel Geld, wie die vollständige Profi-Reparatur gekostet hätte. Die Möglichkeiten, Schäden auf Gutachtenbasis mit der Versicherung abzurechnen, sind begrenzt. Der große Reibach lasse sich damit nicht machen, betont Markus Schäpe, Jurist beim Autoclub ADAC. Jeder, dessen Fahrzeug durch einen Unfall in Mitleidenschaft gezogen wurde, bekommt diesen Schaden ersetzt. Mehr aber auch nicht. Diese - grob zusammengefasste - Rechtsposition hatte der Bundesgerichtshof (BGH) erst im Februar in zwei Urteilen klar gestellt (Aktenzeichen: VI ZR 70/04 und VI ZR 172/04).

Geschädigte können also nicht in jedem Fall die Summe von der gegnerischen Versicherung verlangen, die ein Gutachter als Schaden ausgemacht hat. Worauf es ankommt, ist in der Regel die Schadenshöhe. Niemand soll sich durch den Unfall bereichern können, betont auch Paul Kuhn, ADAC-Experte für Schadenersatz. Wird das kaputte Auto in Eigenregie oder auch gar nicht in Stand gesetzt, gibt es keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten, die den Wiederbeschaffungswert (also den Preis eines gleichwertigen Wagens) übersteigen.

Das ist vor allem bei älteren Unfallwagen ein wichtiger Aspekt, so Kuhn. Übersteigen die geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert, aber nicht mehr als 30 Prozent, dann bekommt der betroffene Besitzer von der Versicherung maximal den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts für das Unfallauto. Ein Rechenbeispiel: Die Reparatur würde 12.000 Euro kosten, der Wiederbeschaffungswert liegt bei 10.000 Euro, das Unfallauto hat noch einen Restwert von 4.000 Euro. Danach bekäme der Selbstreparierer maximal 6.000 Euro von der gegnerischen Versicherung.

Bei älteren Fahrzeugen "können die Wiederbeschaffungskosten aber schnell überschritten sein", gibt Klaus Brandenstein vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) zu bedenken. Die Abrechnung von Reparaturkosten von bis zu 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert ist nur dann drin, wenn die Reparaturen fachgerecht auf der Basis des Gutachtens erfolgen. Und das Auto dann auch weiter gefahren wird. "Wer selbst bastelt und sich dann von einem Sachverständigen bestätigen lässt, dass im Umfang des Gutachtens repariert wurde, kann das nutzen", erläutert Kuhn weiter.

Auch bei Schrottreife

Eine Sonderlösung gibt es für die Autobesitzer, die ihren Wagen nach dem Unfall unbedingt wieder richten lassen wollen - auch wenn die Kosten so hoch sind, dass sich eine Reparatur wirtschaftlich gar nicht mehr lohnt (und damit mehr als 30 Prozent über dem Preis eines gleichwertigen Wagens liegt). In solch einem Fall, so der BGH, kann der Geschädigte trotzdem noch die vollständige Schadensregulierung durch die Versicherung beanspruchen. "Das gilt für Leute, die beispielsweise eine große emotionale Bindung an ihr Auto haben, es schon sehr lange besitzen oder einfach um seine Zuverlässigkeit wissen", erläutert Brandenstein.

Grundsätzlich gilt seiner Ansicht nach für alle unverschuldet Geschädigten: "Es ist im Vergleich zu früher unattraktiver geworden, fiktiv abzurechnen." Wer statt Reparatur Bargeld will, muss mit Abzügen rechnen.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort