Speckiger Glanz verboten Gebrauchtwagen richtig privat verkaufen

Stuttgart · Schein oder Sein? Am Verkauf eines Gebrauchtwagens kann man fast eine philosophische Frage aufziehen. Denn zu viel Glanz weckt das Misstrauen beim potenziellen Käufer. Wer zum Beispiel die Reifenwände mit Hilfe eines Silikonsprays fast in eine Spiegeloberfläche verwandelt, tut selbst nach Meinung des Bundesverbands Fahrzeugaufbereitung (BFA) zu viel des Guten und könnte in den Verdacht geraten, Mängel vertuschen zu wollen. "Auch ein wie eine Speckschwarte glänzendes Cockpit ist ein No-go beim Verkauf des Gebrauchten", sagt BFA-Vorstandsmitglied Markus Herrmann.

Gebrauchtwagen-Tipps: Privat kaufen und verkaufen
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Was natürlich nicht heißen soll, dass ein dreckstarrendes Auto bessere Karten bei der Veräußerung hätte. Der allgemeine Rat der Automobilclubs lautet: "Bevor Sie Ihr Auto verkaufen, sollten Sie es grundlegend aufbereiten." So heißt es zum Beispiel beim ADAC in München. Gemeint ist damit mehr als die übliche Fahrt in die Waschstraße und das folgende Aussaugen am Münzautomaten. Während das gründliche Putzen auch in Eigenregie erledigt werden kann, lohnt je nach Restwert des Fahrzeuges auch eine Reinigung durch Profis.

Komplettaufbereitung für 200 bis 300 Euro

Eine Intensivpflege bieten Autohäuser, aber auch spezielle Autoreinigungs- oder -aufbereitungsfirmen an. "Für eine Komplettaufbereitung müssen je nach Aufwand 200 bis 300 Euro eingeplant werden, das kriegen Sie nachher oft zwei- bis dreimal wieder rein", ist Herrmann überzeugt. Enthalten sind dann in der Regel eine Lackreinigung, Politur und Wachsversiegelung. Gereinigt werden auch Holme, Türeinstiege und Radkästen. Im Innenraum wird ebenfalls poliert und schamponiert, um zum Beispiel Polsterflecken zu beseitigen.

"Man sollte sich bei der Reinigung am Originalzustand des einstigen Neuwagens orientieren. Vermeiden Sie alles, was unnatürlich wirkt, also auch auf Hochglanz gebrachte Reifen", rät Herrmann. Zu einem guten Gesamteindruck des Fahrzeugs trägt laut dem Auto Club Europa (ACE) bei, wenn Luftdruck sowie Öl- und Kühlwasserstand stimmen. Ein bisschen Patina könne aber auch nicht schaden: Zum Beispiel etwas verbleibender Schmutz unter Fuß- oder Kofferraummatten zeige, dass dort keine Pfütze trockengelegt wurde.

Neben der Pflege gilt es, einen realistischen Verkaufspreis für das Auto zu ermitteln. "Neben der Schwacke-Liste geben Online-Verkaufsportale eine gute Orientierung", sagt ADAC-Sprecherin Bettina Hierath. Auf der Webseite der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) können Händler-Einkaufswerte von tausenden Fahrzeugen recherchiert werden. Da Sonderausstattungen und Zustand dabei nicht berücksichtigt werden, hilft bei der individuellen Preisermittlung auch die Fachwerkstatt der Vertrauens weiter. Sein Auto an einen Händler zu verkaufen, läuft vielleicht routinierter ab, hat aber monetäre Nachteile: "Wer seinen Wagen privat anbietet, erzielt häufig die höhere Verkaufssumme", notiert der ADAC in einem Merkblatt.

Ob das Auto sein Geld wert ist, darüber gibt glänzendes Blech nur begrenzt Auskunft. Über den technischen Zustand sollte der Verkäufer Interessenten deshalb mit Dokumenten aufklären. Für das Verkaufsgespräch stellt er am besten Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief sowie Bescheinigungen über erfolgte Haupt- und Abgasuntersuchungen zusammen, rät der ACE. Auch die Vorlage von Wartungs- und Reparaturrechnungen schafft Vertrauen beim Interessenten. Bei Unfallschäden greift sogar eine Mitteilungspflicht: "Nach der Rechtsprechung muss der Verkäufer auch geringfügige Unfallschäden dem Käufer ungefragt offenbaren", so der ADAC.

Gebrauchtwagengutachten ab 50 Euro

Da vor allem bei älteren Fahrzeugen das Checkheft nicht immer lückenlos sein wird, bietet sich ein Gebrauchtwagengutachten an, das Automobilclubs und Sachverständigenorganisationen wie TÜV oder Dekra ab rund 50 Euro anfertigen. "Darin werden Aussagen getroffen über den technischen Zustand des Autos, aber auch, wie gepflegt es ist", sagt Dekra-Sprecher Norbert Kühnl.

Sind an dem betreffenden Fahrzeug bauliche Änderungen vorgenommen worden, helfen ebenfalls Dokumente weiter. "Die allgemeine Betriebserlaubnis oder ein Sachverständigen-Gutachten sollten vorliegen", sagt Rainer Camen vom TÜV Nord. Fehlen notwendige Eintragungen in den Fahrzeugpapieren, könne es für den Käufer spätestens bei der nächsten Hauptuntersuchung teuer werden - etwa wenn eine illegale Auspuffanlage komplett ersetzt werden müsse.

Verweigert der Verkäufer dem Interessenten die Probefahrt, wird dieser schnell Abstand vom möglichen Kauf nehmen. Also heißt es, ihn ans Steuer lassen. "Vorher sollte man sich allerdings unbedingt den Führerschein zeigen lassen", mahnt ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner. So wisse man zugleich, dass der Käufer volljährig und damit geschäftsfähig ist. Um Komplikationen mit der Versicherung zu vermeiden, falls es bei der Probefahrt knallt, empfiehlt sich den Automobilclubs zufolge eine Vereinbarung zum Haftungsausschluss. Vordrucke dafür stellen ADAC und ACE auf ihren Webseiten bereit.

Ausschluss der Sachmängelhaftung

Grundsätzlich sollten private Verkäufer das Fahrzeug unter Ausschluss der Sachmängelhaftung und der Gewährleistung verkaufen, raten die Automobilclubs. Werde dies versäumt, unterliege der Verkäufer der gesetzlichen, zweijährigen Gewährleistungspflicht, so Hillgärtner. Nur wirksame Ausschlussklauseln schützten vor unerwünschten Reklamationen. Kaufvertragvordrucke mit einem entsprechenden Passus gibt es bei Autoclubs.

Für die Übergabe gibt es auch ein paar Regeln: Schlüssel und Papiere, vor allem der Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil II) als Besitzurkunde, sollten nur aus der Hand gegeben werden, wenn der Kaufpreis in voller Höhe, am besten in bar, gezahlt wurde. Verkäufer, die auf Nummer sicher gehen, melden ihr Fahrzeug vor dem Verkauf selber ab und kommen mit einer Tageszulassung zur Übergabe. "Andernfalls laufen Sie Gefahr, dass Sie weiterhin für die Versicherungsprämie haften, wenn der Käufer den Wagen nicht ummeldet und plötzlich nicht mehr auffindbar ist", warnt der ADAC.

(tmn/sgo)
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