Regelung gilt auch für Touristen Dänemark lässt Autos betrunkener Fahrer zwangsversteigern

Kopenhagen · Mit der drastischen Maßnahme sollen Fahrten unter Alkoholeinfluss minimiert werden. Für die konfiszierten Pkw zahlt der Staat keinerlei Entschädigung. Die Regelung ist am 1. Juli in Kraft getreten und gilt auch für Touristen.

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Es ist ein radikaler Schritt, den die Dänen vollziehen - und das ausgerechnet vor den Sommerferien, in denen Abertausende Touristen per Pkw ins Land strömen. Zurückfahren müssen sie vielleicht mit der Bahn, wenn die Fahrer leichtfertig mit dem Thema Alkohol am Steuer umgehen.

Denn ab Dienstag gelten in dem skandinavischen Land restriktive Regeln beim Fahren unter Alkoholeinfluss. Zusätzlich zum Führerscheinentzug für drei Jahre wird das Gefährt bei 2,0 Promille Alkoholkonzentration im Blut entschädigungslos und unwiderruflich konfisziert. Eine Verwarnung gibt es nicht. Der Staat versteigert die Autos später, die Einnahmen wandern in die Staatskasse.

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Auch Autofahrer, die mit mehr als 1,2 Promille unterwegs sind, verlieren ihr Auto, wenn sie innerhalb der vergangenen drei Jahre schon einmal mit mehr als den erlaubten 0,5 Promille am Steuer von der Polizei erwischt worden sind. Die neue Regelung gilt auch für Touristen. "Es spielt keine Rolle, ob man Däne ist oder nicht", erklärt eine Mitarbeiterin des dänischen Justizministeriums. Entscheidend ist, dass man der Besitzer des Wagens ist. Ist der Pkw nur geleast oder gemietet, kann die Polizei zwar die Autoschlüssel einkassieren, den Wagen aber nicht konfiszieren.

Dänemark orientiert sich mit seinem kompromisslosen Vorgehen an Italien. Dort wird bereits ab einer Blut-Alkoholkonzentration von 1,5 Promille das Fahrzeug eingezogen und entschädigungslos versteigert - wenn Fahrer und Halter des Fahrzeugs identisch sind. Verweigert sich ein Fahrer dem Alkoholtest, wird von der Polizei automatisch ein Wert von 1,5 Promille angesetzt und das Auto konfisziert. Hinzu kommt eine Geldstrafe von 6000 Euro.

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Viele Dänen wollen noch drastischere Regelungen

Das neue Gesetz ist in Dänemark kaum umstritten. Viele Menschen wünschen sich sogar noch drastischere Regeln: "Promillegrenze bei 2,0? Besser als nichts . . . aber warum so hoch?" fragt eine Facebook-Nutzerin. Immer wieder hat die Polizei in Dänemark mit Wiederholungstätern zu tun, die sich ohne Führerschein betrunken hinters Steuer setzen. "Das können sie nicht mehr, wenn wir ihnen neben dem Führerschein das Auto wegnehmen", sagte Trine Bramsen von den regierenden Sozialdemokraten der Zeitung "Jyllands-Posten".

So sieht es auch die sozialdemokratische Justizministerin Karen Haekkerup. "Wir haben etliche tragische Fälle erlebt, bei denen Unschuldige sterben mussten, weil rücksichtslose Autofahrer unmäßig Alkohol oder Drogen konsumiert haben. Die Regierung setzt nun alle Mittel ein, um solche Verkehrsteilnehmer zu stoppen."

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Allerdings warnte Henning Hyllestad von der grün-linken Einheitsliste, dass das Gesetz zu einer "sozialen Schlagseite" führen könne. Wenn etwa die Ehefrau eines Alkoholikers auf das gemeinsame Auto angewiesen sei, um zur Arbeit zu kommen oder den Nachwuchs in den Kindergarten zu bringen, würden Unbeteiligte unter der Strafe leiden. Während wohlhabende Dänen sich zudem relativ schnell ein neues Auto kaufen könnten, sei die staatliche Enteignung des Autos für ärmere Familien eine Katastrophe, so Hyllestad.

Der dänische Verbund der Autoeigentümer (FDM) steht grundsätzlich hinter der schärferen Bestrafung, hätte aber lieber erhöhte Bußgelder und mehr Zwangstherapiemaßnahmen für Alkoholfahrer den Vorzug gegeben. Es müsse mehr Rechtssicherheit geben, um bei einem Missbrauch den Eigentümer des Autos vor Enteignung zu schützen - so wie es auch in Italien praktiziert wird. Es sei laut FDM zudem ungerecht, dass jemand, der ein sehr teures Auto fahre, viel härter bestraft werde als jemand, der ein billiges Auto besitze.

Die Polizei erhofft sich von der rigorosen Handhabe eine deutlich erhöhte Verkehrssicherheit bis zum Jahr 2020. Angepeilt ist eine jährliche Quote von höchstens 120 Verkehrstoten bei insgesamt 5,58 Millionen Einwohnern. Das Land ist dabei auf einem guten Weg. Kamen 2008 noch 406 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, so waren es 2012 nur noch 167. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl aber wieder auf 192. Einem weiteren Negativtrend will man nun vorbeugen.

"Wer betrunken in Dänemark Auto fährt, hat bei uns nichts zu suchen", erklärt Polizeisprecher Thomas Kristensen den Kurs. "Wir wollen diese Fahrer nicht auf der Straße haben. Deshalb nehmen wir ihnen die Wagen weg. Unwiderruflich."

(RP)
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