Schon wieder Pannen Wie lange hält Toyota das noch aus?

Düsseldorf (RP). Nach dem Rückruf von Millionen Autos wegen defekter Gaspedale müssen jetzt bei 1,6 Millionen Fahrzeugen die Ölschläuche gewechselt werden. Wie lange hält der einstige Vorzeige-Konzern das noch aus?

Toyota-Anhörung: Wut und Tränen im US-Kongress
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Die Pannenserie von Toyota nimmt kein Ende. Nachdem fast neun Millionen Fahrzeuge wegen defekter Bremsen und Gaspedale zurückgerufen wurden, muss der japanische Autobauer jetzt schon wieder 1,6 Millionen Kunden in die Werkstätten bitten: Die Ölschläuche werden undicht. In Deutschland sind 1200 Fahrer des Lexus RX350 betroffen, wie eine Sprecherin unserer Redaktion sagte. Sie seien angeschrieben worden.

Schwerpunkt der neuesten Panne ist wieder mal die USA: Dort wurden die Probleme bei knapp 350.000 Wagen der Modelle Avalon, Camry und RAV4 sowie bei gut 370.000 Wagen der Modelle Lexus ES 35 und RX350 festgestellt. In Japan hat Toyota bereits bei 45.000 Autos die Schläuche gewechselt.

Toyota versucht, das Desaster kleinzureden: Die Öl-Lecks seien nicht sicherheitsrelevant, daherhandele es sich nicht um eine Rückruf-, sondern um eine "Serviceaktion”. Außerdem sei mit der "freiwilligen” Aktion schon im Herbst begonnen worden. Die Toyota-Sprecherin räumte aber ein, dass der Schmierfilm, den ausgetretenes Öl hinterlasse, "auf Dauer” sehr wohl auch ein Sicherheitsrisiko darstelle. "Dafür muss der Fahrer das Problem aber sehr lange ignorieren.”

Toyota hat nun zwei Probleme. Zum einen dürfte die Pannenserie dem Konzern Rückruf-Kosten in Milliardenhöhe beschert haben. Zum anderen ist die Glaubwürdigkeit des einstigen Vorzeigekonzerns vor allem auf seinem wichtigsten Absatzmarkt USA untergraben. Nachdem es in den USA mutmaßlich wegen defekter Gaspedale bereits zu mehreren tödlichen Unfällen gekommen ist, musste sich Toyota-Firmenchef Akio Toyoda bereits vor dem US-Kongress verantworten. Sein Ratschlag an die Verbraucher wirkte dabei wie Satire: "Bitte drücken Sie das Bremsdpedal im Zweifel schön kräftig herunter, dann hält das Auto auf jeden Fall an.”

Toyoda sieht in dem stürmischen Wachstum seines Hauses die Ursache der technischen Probleme: "Wir konnten mit unserer Belegschaft und unserer Organisation unserem Wachstum nicht folgen”, so der Enkel des Firmengründers Kiichiro Toyoda. Seit dem Jahr 2000 hat Toyota weltweit 18 neue Fabriken eröffnet, tausende neuer Mitarbeiter angelernt und neue Zulieferer angeheuert. Denn die inoffizielle Firmenstrategie "langweilig, aber sicher, preiswert und qualitativ hochwertig” kam weltweit an: Toyota steigerte seines Produktion von gut fünf auf 8,5 Millionen Autos und wurde größter Autohersteller der Welt. Offenbar blieb die Qualität dabei auf der Strecke. Und die Kommunikation, die in Zeiten der Globalisierung schwerer wird.

Die fällt Akio Toyoda besonders schwer. Im vergangenen Sommer, als Toyota wegen der Wirtschaftskrise rote Zahlen schrieb, wurde der 53-Jährige auf den Präsidentenstuhl mehr geschoben als gehoben. Seither leidet er fast täglich unter den Missverständnissen, die zwischen der fernöstlichen und der westlichen Kultur bestehen.

Seine Verneigung als Geste der Reue kam in Japan gut an: der Winkel stimmte und die Verbeugung war nicht zu tief. Auf die USA wirkte die Szene hingegen einstudiert und machte manchen Toyota-Kunden erst richtig wütend. Während Toyodas bisweilen schüchtern wirkenden Antworten sicher den Regeln der hohen japanischen Diplomatie entsprachen, wurden sie in den USA als ausweichend abgetan.

Vermutlich würde Akio Toyoda sich viel lieber wieder seiner Leidenschaft, dem Autorennen widmen. Aber das geht im Moment nicht. Die Zukunft seines Konzerns wird ­ ausgerechnet ­ auf dem amerikanischen Markt entschieden.

(RP)
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