Volkswagen Auch Benziner von Abgas-Skandal betroffen

Wolfsburg/Washington · Bei 800.000 Wagen hat der VW-Konzern falsche Kohlendioxid-Werte angeben. Zudem hat die US-Regierung erhöhte Stickoxid-Werte auch bei großen Diesel-Wagen festgestellt. Der Aufsichtsrat ist geschockt.

Die Krise rund um Deutschlands wichtigsten Konzern spitzt sich zu. Das Unternehmen musste Dienstagabend einräumen, dass nun auch 800.000 Autos mit falschen Kohlendioxid-Werten zugelassen wurden. Dabei geht es um Diesel und um Autos mit Benzinmotoren, nachdem VW bisher nur Manipulationen bei Dieselwagen zugegeben hat.

Bei den Diesel ging es bislang um überhöhte Werte für das giftige Stickoxid — das allerdings in der gewaltigen Zahl von elf Millionen Autos weltweit. Besonders ärgerlich für die Kunden ist: Wenn verkaufte Wagen nun doch mehr Kohlendioxid emittieren als offiziell angeben, liegt der Spritverbrauch auch höher als angegeben.

Der Aufsichtsrat nimmt die Ausweitung des Skandals "mit Betroffenheit und Sorge zur Kenntnis", erklärt er. Er will nun schnell zusammenkommen, um die Lage zu bewerten. Der "neu festgestellte Sachverhalt" solle nun "für Aufsichtsrat und Vorstand Ansporn sein, alles Erdenkliche dafür zu tun, Unregelmäßigkeiten aufzuklären und Vertrauen wieder herzustellen."

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Das wird VW jetzt noch schwerer fallen. Die US-Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis befragt Mitarbeiter, um die Schuldigen für die strafbaren Tricks herauszufinden — belastbare Ergebnisse gibt es bisher anscheinend nur wenige, darum wird Mitarbeitern nun Straffreiheit angeboten, wenn sie auspacken.

Bei der technischen Bewältigung der Skandale scheint VW auch große Probleme zu haben: Wann und wie welche der bisher betroffenen knapp elf Millionen Diesel-Wagen nun 2016 nachgerüstet werden, ist ungeklärt. Wenn nun außerdem 800.000 Autos mit falschen Kohlendioxidwerten nachgerüstet werden müssen, wird dies laut VW weitere zwei Milliarden Euro kosten — das wären 2500 Euro pro Wagen.

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Aber das ist nicht der einzige neue Skandal. Knapp vier Monate, nachdem die US-Umweltschutzbehörde EPA dem Konzern am 8. Juli nachgewiesen hatte, dass Motoren im Testmodus dank einer manipulierten Software bessere Verbrauchswerte haben als im Normalbetrieb, kam am Dienstag heraus, dass ein weiterer, wichtiger Motor von dem Skandal betroffen ist. Das hatte die EPA am Montagabend erklärt.

In Modellen von Porsche und Audi seien demnach Drei-Liter-Motoren für Diesel eingebaut worden, die das zulässige Emissionsvolumen für Stickoxid um das neunfache überschreiten (Grafik). Dies sei nur vertuscht worden, indem der Motor mit einer Software erkennt, wann er im Testmodus fährt, um die Abgaswerte herunterzudrosseln. Aber genau "1,37 Sekunden" nach Ende des Tests würde der Wagen dann wieder in den Normalmodus umschalten, so die EPA.

Matthias Müller – Werkzeugmacher, Informatiker, VW-Chef
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VW treffen die Vorwürfe hart. Sie bedrohen den Absatz der hochpreisigen Porsche- und Audi-Diesel in den USA und Europa "Da bei VW nur Audi und Porsche richtig Geld verdienen", sagt Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen, "kann dieser neue Rückschlag richtig teuer werden."

Die Vorwürfe sind auch brisant, weil Konzernchef Matthias Müller bis vor kurzem Porsche-Chef war — unter ihm ließ Porsche fragwürdige Motoren einbauen. Zugleich stellt sich die Frage, ob der VW-Aufsichtsrat nicht einen Fehler machte, als er nach dem Sturz von Martin Winterkorn einen Manager der alten Garde zum neuen Konzernchef kürte.

Zudem klärt VW seinen Skandal nicht angemessen auf. So erklärte das Unternehmen, die Drei-Liter-Motoren seien nicht "in unzulässiger" Weise manipuliert worden. Das lässt die Interpretation zu, es gäbe zulässige Manipulationen.

Volkswagen habe die Größe der Probleme nicht verstanden, sagt Max Warburton vom Finanzhaus Bernstein. Wirklich aufklären könnten nur die Ämter meint Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) von der Kanzlei Baum Reiter: "Es ist die Stunde des Kraftfahrtbundesamtes, das dringend für Aufklärung bezüglich der Abgaswerte im Realverkehr und bei Tests sorgen muss. Die Untersuchungen sollten auf andere Hersteller ausgedehnt werden, damit das Vertrauen des Verbrauchers nicht weiter leidet."

(kowa)
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