Vor Übernahme durch Peugeot Aufstieg und Fall der Marke Opel

Düsseldorf · Von der Nähmaschinen- und Fahrradproduktion zum massentauglichen Automobil - die Geschichte des Rüsselsheimer Unternehmens ist extrem bewegt. Das zeigt sich insbesondere am früheren Standort Bochum.

 Ein Opel-Modell aus dem Jahr 1920.

Ein Opel-Modell aus dem Jahr 1920.

Foto: dpa, seb pzi wst

Dass ausgerechnet der Opel-Gründer eine starke Abneigung gegen das Automobil hatte, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Adam Opel, gelernter Schlosser und gewiefter Unternehmer, hatte es mit Erfindungsreichtum und Nähmaschinen Ende des 19. Jahrhunderts zu einigem Wohlstand gebracht.

Doch dem Fortschritt misstraute er. Als seine Söhne Adam Opel dazu bringen wollten, ein anderes modernes Fortbewegungsmittel - das Fahrrad - zu produzieren, zögerte der Patriarch zunächst, ehe er sich umstimmen ließ. Angesprochen auf das Automobil soll er aber noch kurz vor seinem Tod 1895 unmissverständlich gesagt haben: "Aus diesem Stinkkasten wird nie mehr werden als ein Spielzeug für Millionäre, die nicht wissen, wie sie ihr Geld wegwerfen sollen."

Adam Opel sollte irren und seine Nähmaschinen- und Fahrradfabrik zu einem der deutschen Massen-Autobauer werden. Die Technikbegeisterung der Söhne, der Einsatz der Fließbandtechnik und auch das schamlose Kopieren von Ideen bestimmten die Anfangsjahre des Autokonzerns: Der Opel Laubfrosch war ein Abklatsch des Citroën 5CV - und wurde zum Verkaufsschlager, der Opel an die Spitze der deutschen Autobauer katapultierte.

Von da an erlebte das Unternehmen mit seinem Stammsitz in Rüsselsheim eine vergleichsweise bewegte Geschichte. Einen ersten Rückschlag musste Opel in der Weltwirtschaftskrise hinnehmen. 1929 verkauften die Brüder einen Großteil ihrer Anteile an den US-Konzern General Motors. Später übernahm GM die Anteile komplett.

Die Strategie blieb aber auch unter den neuen Eignern gleich: Anders als Mercedes, Audi oder BMW setzten die Rüsselsheimer vor allem auf Massentauglichkeit. Die Entscheidung, ins bevölkerungsreiche Ruhrgebiet zu gehen, lag damit nahe.

Anfang der 60er-Jahre wurde ein ehemaliges Zechengelände in Bochum zum Fertigungsstandort umgewidmet. Ein Kadett A war das erste Modell, das dort vom Band rollte. Die Beschäftigten gewann das Management vorwiegend in den Zechen. Ein Gros der zunächst 10.000 Opelaner hatte zuvor unter Tage gearbeitet.

Mit den neuen Modellen wie dem Olympia, dem Ascona und dem legendären Manta stieg auch die Personalstärke. Ende der 70er-Jahre hat sich die Zahl in Bochum schon verdoppelt. Auch der Astra und der Zafira liefen in Bochum vom Band.

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Der Aufstieg von VW markierte zugleich den Abstieg von Opel. Kurz vor Ausbruch der Finanzkrise wurden die Probleme unübersehbar: Die Überkapazitäten zwangen den Autobauer 2004 dazu, die Motorenproduktion in Bochum einzustellen. Die Zahl der Beschäftigten schnurrte auf 9000 Mitarbeiter zusammen.

Das Umlenken kam spät. Zum 50-jährigen Bestehen des Werkes arbeiteten dort gerade noch rund 3700 Menschen. Nach zähem Ringen einigten sich ein Jahr später IG Metall und Opel-Management auf einen Tarifvertrag zum Ende der Bochumer Autoproduktion 2016. Die Belegschaft lief dagegen Sturm. Vor allem Betriebsratschef Rainer Einenkel versuchte, das Aus noch abzuwenden.

Die Bochumer Opelaner lehnten das Ergebnis mehrheitlich ab. Die Quittung folgte auf dem Fuße: Die Opel-Spitze beschloss im April, die Produktion des Zafira von Bochum nach Rüsselsheim zu verlagern. Die Produktion in Bochum wurde schon Ende 2014 eingestellt - das teure Ende einer Ära. Lediglich ein neues Ersatzteilzentrum des Autobauers ist heute noch am alten Standort beheimatet.

Welche Folgen ein möglicher Kauf durch den Peugeot-Citroën (PSA) für die dortigen Beschäftigten haben könnte, ist bislang schwer abzuschätzen. Die IG Metall NRW wollte sich gestern zunächst nicht äußern. Ganz unvorbereitet wird die Nachricht die Arbeitnehmervertreter aber nicht getroffen haben.

Eine Kooperation zwischen den beiden kriselnden Unternehmen PSA und Opel gibt es bereits seit Ende 2012. Zunächst handelte es sich nur um ein Entwicklungs- und Einkaufs-Joint-Venture, ab Herbst 2013 produzierten beide Autobauer gemeinsam im spanischen Saragossa, weitere Kooperationen gibt es seitdem im französischen Sochaux und im spanischen Vigo.

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Foto: AP, dpa, kombo rpo

Der große Befreiungsschlag für Opel blieb bislang aber aus. Laut einer Studie des CAR-Centers Automotive Research der Universität Duisburg-Essen zahlte Opel im vergangenen Jahr pro verkauftem Fahrzeug 221 Dollar drauf. Zum Vergleich: Konkurrent Ford erzielte pro Fahrzeug 783 Dollar Gewinn.

(RP)
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