"Ich möchte eine Pkw-Maut nicht" Vignette, Streckenmaut, Toll Collect oder 100 Euro für alle?

Düsseldorf (RPO). Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat eine neue Debatte über eine Pkw-Maut losgetreten. In der Koalition gehen die Meinungen auseinander. Die CSU bevorzugt Vignetten, Teile der CDU fordern 100 Euro Maut im Jahr. Die Kanzlerin hat sich noch nicht in die aktuelle Debatte eingeschaltet, steht aber im Wort.

Fakten für und gegen die Pkw-Maut
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Foto: dpa, jbu pzi tmk tba

Düsseldorf (RPO). Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat eine neue Debatte über eine Pkw-Maut losgetreten. In der Koalition gehen die Meinungen auseinander. Die CSU bevorzugt Vignetten, Teile der CDU fordern 100 Euro Maut im Jahr. Die Kanzlerin hat sich noch nicht in die aktuelle Debatte eingeschaltet, steht aber im Wort.

In der hitzigen Debatte um die Pkw-Maut verhält sich die Kanzlerin auffallend zurückhaltend. Ob sich Angela Merkel daran erinnert, was sie noch kurz vor der Bundestagswahl den Autofahrern in Deutschland versprochen hat? Die "ADAC-Motorwelt" zitierte sie im September mit den Worten: "Ich möchte eine solche Pkw-Maut nicht."

Weiter meinte Angela Merkel in dieser Ausgabe: "Transitländer neigen dazu, eine solche Maut zu erheben. Das ist zwar nachvollziehbar, aber wir haben gerade die Kfz-Steuer auf die CO2-Basierung umgestellt. Damit haben wir einen wichtigen Schritt getan. Eine Pkw-Maut würde erhebliche Umschichtungen zwischen Viel- und Wenigfahrern bringen. Diese Verunsicherung möchte ich vermeiden. Die Autofahrer können sich auf stabile staatliche Rahmenbedingungen verlassen." Punkt. Zitat Ende.

Auf dieses Versprechen dürften sich alle stürzen, die sich mit Macht gegen die Einführung einer Pkw-Maut wenden. So viel steht jetzt schon fest.

Klar ist aber auch, dass die Union in dieser Frage schon seit Jahren gespalten ist. Zwar hatte sich Merkel vor Erstellung des Wahlprogramms mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer darauf verständigt, den Punkt Pkw-Maut fallen zu lassen. Doch kaum ist Peter Ramsauer (CSU) im Amt, hievt er das Thema wieder auf die Tagesordnung.

So naiv kann Ramsauer eigentlich kaum gewesen sein, dass er die Folgen seiner Äußerung in der "Passauer Neuen Presse" nicht abgesehen hat. Eher ist zu vermuten, dass Ramsauer ganz bewusst einen Testballon hat steigen lassen, um die Stimmung zu testen. Zurückrudern kann man immer. Doch die Debatte ist losgetreten.

Welche Möglichkeiten der Pkw-Maut kommen für Deutschland infrage?

Vignette Das ist die von der CSU favorisierte Lösung. Die Pkw-Vignette ist in Mittel- und Osteuropa vertreten. Es gibt sie in Bulgarien, Rumänien, Slowenien, Tschechien, der Slowakei oder Ungarn. Aber auch die Schweiz und Österreich setzen auf das "Pickerl", so der österreichische Begriff. Die Preisspanne bei der Vignette ist von Land zu Land höchst unterschiedlich. So kostet sie in der Schweiz nur 27,50 Euro für ein Jahr, in Ungarn dagegen 129 Euro für den gleichen Zeitraum. Für Deutschland kommt Experten zufolge ein Preis von 120 Euro in Betracht.

Streckenmaut Eine Pkw-Maut, die abhängig von der gefahrenen Strecke ist, gibt es vor allem in westeuropäischen Ländern. In Portugal, Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland zahlen Autofahrer bei der Ein- oder Ausfahrt auf Autobahnen oder Schnellstraßen, dazu gibt es Sondermauten etwa für Brücken, Tunnel oder Innenstädte. Von den osteuropäischen Staaten haben sich auch Kroatien, Serbien, Mazedonien und Polen für ein Mautmodell entschieden. Für Deutschland scheidet dieser Weg vermutlich aus, denn es gibt viel zu viele Ausfahrten, die kontrolliert werden müssten.

Toll Collect Das satellitengestützte System zur automatischen Gebührenabrechnung wurde nach erheblichen Anfangsschwierigkeiten zum 1. Januar 2006 zur Erhebung der Lkw-Maut in Deutschland eingeführt. Es setzt voraus, dass ein Erfassungsgerät (On-Board-Unit) mitgeführt wird. Bei Lkws kostet der Einbau dieser Geräte um die 250 Euro und muss vom Fahrzeughalter selbst getragen werden. Die Infrastruktur zur Ausweitung auf eine Pkw-Maut wäre also da.

Nach einer Übersicht der Straßenverkehrsgenossenschaft Hessen für 35 europäische Staaten gibt es nur in fünf Staaten keinerlei Maut für Lkw oder Pkw. Das sind Bosnien-Herzegowina, Estland, Finnland, Malta und Zypern. In allen anderen Ländern gibt es - außer in Litauen und Luxemburg, die nur für Lkw oder Busse kassieren - für Autos kostenpflichtige Strecken. Das gilt teils fürs gesamte Autobahnnetz, teils nur für einzelne Tunnel. In Deutschland müssen Autofahrer zahlen, die den 790 Meter langen Warnow-Tunnel bei Rostock befahren - eine Durchfahrt für einen Pkw kostet bis zu 2,90 Euro.

100 Euro Pkw-Maut

Nach Informationen unserer Redaktion aus Regierungskreisen wird im Bundesfinanzministerium die Einführung einer Pkw-Vignette für die Autobahnnutzung zum Preis von 100 Euro pro Jahr erwogen. Die Beamten schätzen die Einnahmen für den Bund auf 4,5 Milliarden Euro jährlich. In den Koalitionsverhandlungen von Union und FDP lag der Vorschlag aus dem Ministerium als mögliche Einnahmequelle auf dem Tisch, wurde aber nicht weiter verfolgt. Die FDP ist strikt gegen jede Pkw-Maut. Ebenso wie die Automobilclubs.

(RPO/AFP)
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