Urteil eines Rechtsgutachters Verordnung zu Gigalinern ist verfassungswidrig

Berlin (RPO). Überlange Lastwagen dürfen nach Ansicht eines Rechtsgutachters nicht ohne Zustimmung des Bundesrats auf deutschen Straßen rollen. Der von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorgelegte Verordnungsentwurf für Testfahrten der sogenannten Gigaliner sei "klar verfassungswidrig", sagte der Rechtswissenschaftler Ulrich Battis am Freitag in Berlin.

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Foto: dapd

Eine Neuerung von einer Tragweite wie die Testfahrten mit überlangen Lkw könne keinesfalls ohne Beteiligung des Bundesrates erlassen werden. Der Jurist erstellte das Gutachten unter anderem im Auftrag des Bahn-Lobbyverbandes Allianz pro Schiene.

Das Verkehrsministerium will in einer fünfjährigen Testphase die überlangen Lkw zulassen. Bisher ist die Länge von Lkw in Deutschland auf maximal 18,75 Meter begrenzt. Gigaliner dagegen können 25 Meter lang sein und damit deutlich mehr Güter transportieren.

In den Bundesländern gibt es aber Widerstand: Neun Länder sind laut Allianz pro Schiene dagegen, sieben dafür. Auch das bislang zu den Befürwortern zählende Bundesland Hessen hatte am Donnerstag Nachbesserungen an dem Verordnungsentwurf des Verkehrsministeriums gefordert und seine Teilnahme an dem Feldversuch in Frage gestellt.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte dazu am Freitag, Hessen habe sich "nicht aus dem Versuch verabschiedet". Die Stellungnahme von Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) sei nicht als "ausscherend, sondern als konstruktiv mitarbeitend zu sehen". Zu dem von Battis und Allianz pro Schiene vorgestellten Gutachten äußerte sich der Sprecher zunächst nicht.

Der Rechtswissenschaftler Battis weist in seinem Gutachten unter anderem die Argumentation des Verkehrsministeriums zurück, dass die Verordnung zu den Gigalinern auf Vorschriften über die Beschaffenheit und Prüfung von Fahrzeugen beschränkt sei, die ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen werden könnten.

Vielmehr treffe die Verordnung auch Regelungen über das Streckennetz, Überholvorgänge und Anforderungen an die Gigaliner-Fahrer. Wie beim Modellversuch "Begleitetes Fahren ab 17" sei der Bundesrat "zwingend" zu beteiligen, sagte Battis.

Die Allianz pro Schiene drohte mit einer Klage, sollte Ramsauer den Verordnungsentwurf nicht zurückziehen. Mangels Mehrheit habe der Minister "offensichtlich Angst, sich dem Bundesrat zu stellen", sagte Geschäftsführer Dirk Flege. Darüber hinaus wies der Verband den Testlauf insgesamt als inakzeptabel zurück.

In der Verordnung zu dem Testlauf würden weder das Untersuchungskonzept erläutert noch eine Obergrenze für die Zahl der teilnehmenden Fahrzeuge genannt. Die Bestimmungen zielten "offensichtlich auf eine faktische Markteinführung" der Gigaliner, obwohl nach einer Forsa-Umfrage 77 Prozent der Bürger den Riesen-Lastern skeptisch gegenüberstünden.

(AFP/nbe)
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