Reform der Wettbewerbsbeschränkung Regierung will freie Tankstellen stärken

Berlin · Die Bundesregierung will schärfer gegen überhöhte Spritpreise vorgehen. Das Wirtschaftsministerium arbeitet an einer Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung, die freie Tankstellen gegen die Marktmacht der großen Mineralölkonzerne schützen soll, wie ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin bestätigte.

Vertretern von Union und SPD geht das allerdings noch nicht weit genug. Die Bundesregierung will mit ihren Plänen sogenannte Preis-Kosten-Scheren verhindern: "Mit dieser Regelung wird den großen Mineralöl-Konzernen untersagt, das Benzin an freien Tankstellen zu einem höheren Preis abzugeben, als sie selbst an ihren eigenen Tankstellen verlangen", erklärte der Sprecher. Das wirke sich positiv auf den Wettbewerb aus. Ein entsprechender Entwurf sei bereits ausgearbeitet und werde derzeit beraten.

Bisher findet laut Bundeskartellamt quasi kein Wettbewerb am Tankstellenmarkt statt. Die fünf großen Ölmultis Aral/BP, Shell, Total, Esso und Jet sind auf allen Ebenen der Kraftstoffgewinnung tätig, von der Erdölförderung bis zum Verkauf. Sie bilden nach Einschätzung der Wettbewerbshüter ein Oligopol, was zu überhöhten Preisen führt.

Erst Mitte November waren laut Autofahrerclub ADAC die Preise für Diesel auf einen Jahres-Höchststand geklettert. Mit durchschnittlich 1,496 Euro habe dessen Literpreis nur noch vier Cent unter dem von Super E10 gelegen. In dieser Woche sank der Dieselpreis laut ADAC zwar wieder um 3,4 Cent, er sei aber "immer noch deutlich überhöht", kritisierte der Autoclub und forderte deshalb Taten ein, um den Wettbewerb und insbesondere die freien Tankstellen zu stärken.

Vertretern von Union und SPD gehen aber die Pläne von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nicht weit genug. "Die Ölkonzerne sollten gesetzlich dazu verpflichtet werden, den Verbrauchern eine 24-Stunden-Preisgarantie zu geben", forderte der saarländische SPD-Chef Heiko Maas.

Er war damit einer Meinung mit der Verbraucherschutz-Beauftragten der Unionsfraktion im Bundestag, Mechthild Heil (CDU), die selbigen Vorschlag in der "Berliner Morgenpost" vortrug. Demnach sollen Tankstellen nur noch einmal am Tag die Preise anheben, sie aber beliebig oft senken dürfen.

Maas wie Heil verweisen auf Österreich, wo ein solches Modell seit Anfang des Jahres praktiziert wird. Allerdings hat sich zuletzt vor allem Diesel auch dort massiv verteuert, allein von Mitte September bis Mitte November um rund fünf Cent, wie der Österreichische Autoclub ÖAMTC kritisierte. Der Dieselpreis nahm damit in Österreich in absoluten Zahlen genauso stark zu wie in Deutschland.

Dem österreichischen Modell erteilte das Wirtschaftsministerium allerdings eine Absage. Die Regelung verstärke den Anreiz, die Preise stärker zu erhöhen als notwendig, um sie anschließend in kleinen Schritten wieder zu senken, erklärte das Ministerium.

Diese Gefahr sieht sogar die Mineralöl-Branche selbst. "Der Gesetzgeber muss sich entscheiden, was ihm wichtiger ist: ein hoher und stabiler oder ein niedriger und schwankender Tankstellenpreis", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands MWV, Klaus Picard.

In nächster Zeit können die Autofahrer ohnehin auf ein Ende des Preisanstiegs hoffen. Angesichts der sich abschwächenden Weltkonjunktur spreche im Moment "wenig dafür, dass die Preise nach oben ausbrechen", sagte Helaba-Analyst Heinrich Peters. Sicher sei diese Entwicklung aber nicht.

(AFP)
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