Breite Ablehnung im Bundestag Pkw-Maut ist "sozial ungerecht"

Berlin (RPO). Die CSU-Pläne zur Einführung einer Pkw-Maut bleiben auf dem Tisch. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer sprach sich am Freitag im Bundestag für die Einführung einer "nutzerorientierten Abgabe" aus. Dafür erntete der CSU-Politiker Widerspruch von der Bundeskanzlerin und der Opposition.

Hier werden die Maut-Milliarden gebraucht
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Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt bei ihrer Skepsis gegenüber einer Pkw-Maut. Diese Idee gehöre "nicht zu den Projekten" der Kanzlerin, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Auch der Koalitionspartner FDP distanzierte sich. Hintergrund der Überlegungen sind fehlende Gelder zur Sanierung von Straßen und Schiene.

Ramsauer forderte zugleich, die Mehreinnahmen sollten anders als bei der Lkw-Maut ungeschmälert in die Straße gehen, um Engpässe zu beseitigen. Ziel seien lärmärmere und sicherere Straßen, sagte er. Der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz begrüßte die Idee und betonte, es gehe nicht unbedingt nur um eine Maut. Hier gebe es "eine Reihe von Alternativen".

Die CSU-Pläne zur Maut hält der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) für nicht durchdacht und verfrüht. Es sei völlig sinnlos, Geld in ein nicht funktionierendes System zu spülen, sagte BUND-Verkehrsexperte Werner Reh am Freitag in Berlin. Zuerst müsse der Straßensanierung höchste Priorität vor dem Aus- und Neubau eingeräumt werden.

Breite Maut-Ablehnungsfront

Die Opposition warf Ramsauer indes vor, sich bei der Pkw-Maut gegen allen Sachverstand zu stellen. Eine Vignette würde nur Vielfahrer entlasten, sagte der SPD-Politiker Johannes Kahrs. Der Grünen-Politiker Stephan Kühn nannte das Projekt "sozial ungerecht". Die Linke kündigte an, zusammen mit den anderen Parteien sowie dem Automobilclub ADAC eine "Schutzgemeinschaft" gegen den CSU-Minister bilden zu wollen.

Selbst in der Koalition ist das Projekt umstritten. Die FDP-Abgeordnete Claudia Winterstein wies darauf hin, dass die Autofahrer schon heute über die verschiedenen Steuerarten mit etwa 53 Milliarden Euro zur Kasse gebeten würden. Daher halte sie die Einführung einer Pkw-Maut allein "für falsch".

10.000 Brücken sollen saniert werden

Ramsauer wies darauf hin, dass für den Straßenbau nicht genügend Gelder vorhanden seien, um alle gewünschten Projekte realisieren zu können. Daher stelle er "Sanierung vor Neubau". Damit bestätigte der Minister indirekt einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung", wonach es in den kommenden Jahren "grundsätzlich keine Neubeginne" bei Straßen- und Schienenprojekte geben solle.

Zugleich kündigte Ramsauer ein Brückensanierungsprogramm an. In den nächsten fünf bis sieben Jahren sollen ein Viertel der rund 39.000 Brücken in Deutschland instand gesetzt werden. Insgesamt sollen bis 2015 durchschnittlich zehn Milliarden Euro an Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur fließen. Das sei mehr als vor der Wirtschafts- und Finanzkrise, hob der Minister hervor.

Opposition: Ramsauer gescheitert

Die Opposition aus SPD, Linke und Grünen warf Ramsauer vor, nur auf Ankündigungen zu setzen und später im Kabinett dann umzufallen. "Was sie zustande kriegen, ist wirklich unterirdisch", sagte der SPD-Politiker Kahrs. Sein Parteifreund Uwe Beckmeyer fügte hinzu, Ramsauer verschweige, dass es ab 2012 kein einziges Neubauprojekt bei der Straße geben werde. Eine nationale Salzreserve, das Durchforsten des Schilderwaldes und eine Neuordnung der Flensburger Verkehrssünderkartei reichten als ministerielle Leistung nicht aus.

Die Linke begrüßte derweil die Kritik des CSU-Politikers an der Bahnpolitik der Vorgängerregierungen. Ramsauer habe es jetzt in der Hand, die Privatisierung der Bahn endgültig zu stoppen, sagte Haushaltsexperte Roland Claus. Der Minister hatte zuvor einen "Privatisierungswahn" gegeißelt und den SPD-Amtsvorgängern vorgehalten, sie hätten die Bahn unter Missachtung des öffentlichen Wohls "ausbluten" lassen.

Die Grünen schließlich kritisierten das Pilotprojekt der sogenannten Gigaliner. Der auf fünf Jahre angelegte Versuch mit rund 400 Lastzügen soll Ende des Jahres beginnen. Die Laster dürfen maximal 25,25 Meter lang sein und 44 Tonnen wiegen. Der Grünen-Verkehrsexperte Kühn betonte, Gigaliner gefährdeten zum einen die Verkehrssicherheit und missachteten zum anderen das Ziel, Verkehr auf die Schiene zu verlagern.

Der Verkehrsetat ist für 2012 mit 25,34 Milliarden Euro veranschlagt. Das sind 0,4 Prozent mehr als im laufenden Jahr.

(apd/ap/nbe)
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