Tankbetrüger, Autoschieber und Souvenirjäger NRW Spitzenreiter bei Kennzeichen-Diebstahl

Berlin · Kennzeichen sind eine heiße Ware. Jährlich werden in Deutschland Tausende Nummernschilder gestohlen. Nicht angeschraubt sind sie für Tankbetrüger, Autoschieber aber auch Souvenirjäger leichte Beute. Trauriger Spitzenreiter unter den Bundesländern ist mit weitem Abstand Nordrhein-Westfalen.

Erkan Türkel ist ziemlich genervt. Innerhalb von zehn Monaten sind dem Berliner zweimal die Kennzeichen geklaut worden. "Ist ja auch nicht so schwierig", ärgert sich der 35-Jährige. Er beugt sich zum Nummernschild eines parkenden Autos runter und zeigt drauf: "Die sind nicht angeschraubt, sondern nur eingehängt." Ein kurzer Ruck und schon seien sie futsch.

Jahr für Jahr werden in Deutschland Tausende Kennzeichen gestohlen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Spitzenreiter unter den Bundesländern ist mit weitem Abstand Nordrhein-Westfalen. Im vergangenen Jahr sind nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) in NRW 20.309 Kennzeichen von Autos, Lastwagen und Motorrädern verschwunden. 2010 waren es noch knapp 2600 weniger. Bereits bis August dieses Jahres wurden 13.705 Kennzeichen als geklaut gemeldet.

Auch im übrigen Bundesgebiet sind die Zahlen zwischen 2010 und 2011 mit leichten regionalen Schwankungen gestiegen. Lediglich in Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gingen die Diebstähle an Autos um wenige Hundert Fälle zurück. Doch warum sind die Schilder so eine begehrte Beute?

Organisierte Banden

Experten zufolge tanken Kriminelle mit geklauten Kennzeichen und machen sich aus dem Staub, verschieben gestohlene Autos oder benutzen die TÜV-Plaketten. Ein Nummernschild zu stehlen ist bedeutend billiger, als eines zu fälschen - und einfacher ist es auch. Denn an den meisten Neuwagen werden die Schilder nicht mehr angeschraubt, sondern nur eingehängt. Hinter einigen Aktionen vermuten Experten sogar organisierte Banden. So verschwanden im Mecklenburgischen Demin 14 Kennzeichen auf einmal.

An einem Fluchtauto angebracht, können geklaute Kennzeichen für die Bestohlenen schnell zum Alptraum werden. So hat jüngst in Berlin ein Räuber-Duo zwei Bankangestellte beim Befüllen eines Geldautomaten überfallen und floh in einem Auto. "Das Autokennzeichen konnte dabei abgelesen werden", erzählt ein Sprecher der Polizei Berlin. "Es stellte sich heraus, dass es in der Nacht zuvor in Berlin (...) entwendet worden war." Deshalb rät die Polizei Opfern, sofort Strafanzeige zu erstatten, wenn die Schilder weg sind.

Wie viele geklaute Schilder für Delikte missbraucht werden, wissen die Experten nicht. Die meisten Fälle bleiben ungeklärt. "Manchmal fallen die Kennzeichen auch von alleine ab und werden wieder gefunden", sagt eine Sprecherin vom LKA Berlin. Manche Schilder werden auch von Souvenirjägern mitgenommen, weil die Kennzeichen zum Beispiel eine witzige Kombination hatten.

50.000 Kennzeichen gesperrt

Nicht so witzig ist der Aufwand, der auf bestohlene Autofahrer zukommt: Strafanzeigen bei der Polizei, Verlustanzeige bei der Kfz-Zulassungsstelle und die Anschaffung neuer Nummernschilder. Bis zu 100 Euro und mehr bezahlen Opfer für neue Kennzeichen. Die Kosten für die Prägung unterscheiden sich von Anbieter zu Anbieter. Die geklauten Schilder werden bis zu zehn Jahre gesperrt. So sind in NRW rund 50.000 Kennzeichen erstmal aufs Eis gelegt, allein in der brandenburgischen Hauptstadt Stadt Potsdam sind es 2192.

Erkan Türkel hatte auch besondere Nummernschilder. Er hatte die Initialen seiner Lieblingsmannschaft mit dem Geburtsdatum seiner kleinen Tochter. Diese Kombination kann er erst mal vergessen. Auf jeden Fall ist er jetzt schlauer: Seine neuen Kennzeichen sind angeschraubt.

(dpa)
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