Jaguar und Land Rover Nobler und edler geht nicht

Pebble Beach · Da mal eine besondere Farbe, dort ein spezieller Lack: Weil der Trend zur Individualisierung längst viel weiter geht, leisten sich Jaguar und Land Rover neuerdings eine spezielle Truppe für besondere Kundenwünsche, Kraftmodelle und Kleinserien. Der gerade prominent in Pebble Beach präsentierte Lightweight E-Type ist da nur der Anfang.

Die ganz Edlen von Jaguar und Land Rover
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Foto: Jaguar

Der gemeine Autokäufer ist eitel und mag es gerne exklusiv. Zwar sind mittlerweile selbst Premium-Fahrzeuge Massenmodelle. Doch von der Stange kauft heute keiner mehr. Wo immer möglich, gehen die Kunden ihren eigenen Weg und leisten sich eine Individualisierung — selbst wenn sie nicht wie bei Bugatti im Schnitt eine Million Euro in Extras investieren.

Weil das für die Hersteller ein gutes Geschäft ist, kümmern sie sich sehr gründlich um die Belange dieser Eigenbrötler und bedienen sie mit immer neuen Klein- und Sonderserien. Und kaum jemand ist dabei im Augenblick so rührig wie die Schwestermarken Jaguar und Land Rover. Nicht umsonst haben die Briten gerade eine eigene Abteilung mit dem vielversprechenden Namen "Special Vehicle Operations" gegründet: 750 Experten für Extrawürste treiben die Individualisierung dort so weit auf die Spitze, bis streng limitierte Kleinserien entstehen.

Für den richtigen Einstand seiner Abteilung hat Edwards ein besonders spektakuläres Projekt gestartet und die sechs fehlenden Lightweight-Versionen des Jaguar E-Type aus den 1960er-Jahren nachgeliefert. Die für den Einsatz auf der Rennstrecke um 250 Kilogramm abgespeckte Version des Kult-Coupés wurde 1963 geplant und sollte eigentlich 18 Mal gebaut werden. Doch obwohl schon alle Fahrgestellnummern reserviert waren, haben die Briten am Ende nur zwölf Autos auf die Räder gestellt. Elf davon sind heute noch erhalten, zählen nach zahlreichen Renneinsätzen mit prominenten Fahrern zu den berühmtesten Jaguar-Oldtimern und sind mittlerweile Millionen wert.

Deshalb hat Edwards keine Minute gezögert, als ein Mitarbeiter kurz nach der Gründung der Special Operations auf die Idee kam, die sechs Karteileichen zu beleben und das Projekt Lightweight 50 Jahre nach dem Start doch noch zu Ende zu bringen. Mit den Original-Skizzen, einer Handvoll Ersatzteile und den Zulieferern von einst haben die Experten deshalb in monatelanger Handarbeit einen ersten Prototypen aufgebaut und diesen Wagen soweit digitalisiert, dass jetzt binnen jeweils drei Monaten ein neuer Lightweight entstehen kann. Der unterscheidet sich zwar von den Alublechen der Karosserie über die Instrumente und das Fahrwerk bis hin zum 340 PS starken 3,9-Liter-Sechzylinder unter der langen Haube in keiner Schraube vom Original. Denn selbst die Designer hatten nur bei Lack und Leder die Finger im Spiel. Doch ist der Klassiker Baujahr 2014 trotzdem das bessere Auto, ist Edwards überzeugt: Alle Teile sind nagelneu und mit der Präzision des neuen Jahrtausends gefertigt, sagt der SVO-Chef: "Noch nie waren zum Beispiel die Bleche bei einem E-Type so symmetrisch."

Gemessen an den Reaktionen der Kunden bei der Premierenparty in Pebble Beach hatte Edwards wahrscheinlich locker zehn so viele Autos verkaufen können. Doch da bleibt der Chef der Spezialtruppe hart: "Da können die Kunden noch so nachhaltig mit dem Scheckbuch wedeln — mehr Autos gibt es nicht. Sonst verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit", sagt Edwards.

Aber für all jene, die diesmal leer ausgehen, hat er einen Trost. Denn neben dem Lightweight hat er noch einen zweiten Sportwagen entwickelt, der immerhin 250 mal gebaut wird, anders als der Retro-Renner sogar eine Straßenzulassung bekommt sowie obendrein mehr Leistung und mehr Tempo verspricht: Das Project 7. Der zur Erinnerung an insgesamt sieben LeMans-Siege gebaute Zweisitzer basiert auf dem aktuellen F-Type, nimmt Designanleihen am legendären D-Type, sieht nicht nur grandios aus und ist dank der kleineren Frontscheibe viel luftiger als das normale Cabrio. Sein 575 PS starker V8-Motor macht ihn obendrein zum stärksten Serienmodell in der Firmengeschichte und erlaubt eine Spitzengeschwindigkeit, von der man im E-Type allem Leichtbau zum Trotz nur träumen kann: Erst bei 300 km/h dreht die Elektronik dem Achtzylinder den Saft ab.

Exklusive Kleinserien und millionenschwere Einzelstücke — die sieht Edwards vor allem bei Jaguar. Aber er hat auch ein Auge auf Land Rover und startet dort jetzt zum ersten Mal mit einem Werkstuning, wie es AMG oder die M GmbH machen. Das Erstlingsexemplar ist der Range Rover Sport SVR, der mit einem 550 PS starken V8-Motor nicht nur zum stärksten, sondern mit 260 km/h auch noch zum schnellsten Land Rover aller Zeiten aufsteigt.

Die Idee der Individualisierung und Veredelung ist zwar alles andere als neu. Doch bislang haben die Briten dieses Geschäft meist Tunern und Veredlern überlassen. "Das ist ein riesiger Markt und es gibt keinen Grund, dass wir uns dort nicht eine ordentliches Stück vom Kuchen herausschneiden", sagt Edwards. Zwar werde es wohl noch ein bisschen dauern, bis seine Firma in der Firma einen ähnlichen Stellenwert habe wie AMG bei Mercedes oder die M GmbH bei BMW, sagt Edwards. "Doch wir sind extrem ambitioniert und haben viele Ideen."

Wie ernst ihm dabei auch die Sache mit dem Geldverdienen ist, sieht man spätestens beim Preis für den Lightweight. Denn mit rund zwei Millionen Euro ist er fast so teuer wie ein Bugatti. Dem Erfolg der Idee hat das aber offenbar keinen Abbruch getan: Die ersten fünf Autos waren schon vor der Premiere vergeben und das sechste hätte Edwards bei der Debütparty gleich ein Dutzend Mal verkaufen können.

Kein Wunder, das die Briten auf den Geschmack gekommen sind, ihr Archiv wälzen und schon über die nächsten Projekte nachdenken. Es ist noch nichts entschieden, muss Edwards einräumen: "Aber das war ganz sicher noch nicht das letzte Projekt dieser Art."

(SP-X)
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