Minister fordert Verkaufsstopp Neuer Streit um Biosprit E10
Düsseldorf · Wichtige Grundnahrungsmittel wie Weizen und Mais sind teuer wie lange nicht – für Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Grund genug, einen zeitweisen Verkaufsstopp für E10 vorzuschlagen. Damit hat Niebel die Diskussion über Effizienz und Nachhaltigkeit des Biosprits neu entfacht .
Wichtige Grundnahrungsmittel wie Weizen und Mais sind teuer wie lange nicht — für Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Grund genug, einen zeitweisen Verkaufsstopp für E10 vorzuschlagen. Damit hat Niebel die Diskussion über Effizienz und Nachhaltigkeit des Biosprits neu entfacht .
Der Entwicklungsminister ist aktuell in Kenia. Dort will sich Dirk Niebel für die Rettung des Victoriasees einsetzen, mit nachhaltigem Fischfang soll die Ernährung der Menschen vor Ort gewährleistet werden. Zu Hause in Deutschland wird aber weniger das Hilfsprojekt als vielmehr eine Aussage des Ministers kurz vor seinem Abflug diskutiert.
"Biosprit trägt zum Hunger in der Welt bei"
Niebel hat einen Verkaufsstopp für den Biosprit E10 gefordert. Nicht wegen des mangelnden Erfolges, oder wegen seiner Unverträglichkeit mit alten Motoren. Niebel argumentiert sehr grundsätzlich: "Gerade bei steigenden Lebensmittelpreisen kann Biosprit zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen." Deswegen müsse die dazugehörige Politik überdacht werden. "Und solange man denkt, sollte man E10 aussetzen."
Das zuständige Bundesumweltministerium hat die Aussagen des Kabinettskollegen zur Kenntnis genommen. Eine Bewertung gab es nicht, dafür den Verweis auf eine geltende EU-Richtlinie. Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) spricht hingegen von "Symbolpolitik" und rät dem Minister, in den betroffenen Ländern vernünftige Entwicklungsarbeit zu leisten. Doch Niebel hat mit seiner Aussage nichts weniger als eine Grundsatzdebatte losgetreten. Wer E10 kritisiert, muss keinen großen Gegenwind der Öffentlichkeit fürchten, nur jeder achte Autofahrer tankt den Biosprit.
Unterstützung bekommt der Minister von Umweltverbänden und Hilfsorganisationen. Der Sprecher von "Brot für die Welt" sagt, es sei ungerecht und verantwortungslos, "dass Menschen hungern müssen, damit wir mit einem scheinbar reinen Gewissen unsere Autos tanken können." Und Benjamin Luig, Agrarexperte des katholischen Hilfswerks Misereor, ist für Niebels Vorstoß ebenfalls dankbar: "Wir sind überrascht von der Kehrtwende, begrüßen sie aber sehr."
Tatsächlich sind die Preise für Getreide und Mais auf neue Rekordhöhen geklettert, Experten sprechen bereits von einer "sich anbahnenden Katastrophe". Wegen Ernteausfällen reichen die weltweiten Getreidevorräte für nur noch 69 Tage, die Welternährungsorganisation hat die USA — wo 40 Prozent der Maisernte in den Tank wandert — bereits zur Drosselung der Biospritproduktion aufgerufen.
Klimaschutzziele
Auf der anderen Seite stehen Klimaschutzziele: Bis 2020, so hat es die Europäische Union im Rahmen ihres Klimaschutzpakets beschlossen, muss der Anteil von Biokraftstoffen im Verkehr auf zehn Prozent gesteigert werden. Deutschland hat diese Vorgabe in eine zehnprozentige Beimischung von Ethanol je Liter Benzin umgesetzt. Das nötige Biogas wird hierzulande vor allem aus Rüben gewonnen.
Nach einer aktuellen Studie der Akademie der Wissenschaften werden in Deutschland allerdings weniger als zehn Prozent der angebauten Biomasse überhaupt als Energiequelle genutzt. Der nötige Rest — immerhin rund 600.000 Tonnen kommt aus Drittländern. Und so schließt die Studie, dass Biokraftstoffe keine Zukunft haben sollten. Zum einen könne Deutschland die eigene Produktion von Biomasse nicht ausweiten, zum anderen sei Biosprit zu ineffizient, um das Klima nachhaltig zu verbessern.