50 Jahre Blechgebirge Mercedes-Heckflossen feiern Geburtstag

Stuttgart (RPO). Die späten 50er Jahre standen in den USA für regelrechte Karosseriegebirge. Flügelähnliche Auswüchse zierten die hinteren Kotflügel vieler Straßenkreuzer. Mit leichter Verzögerung eiferte Mercedes diesem Vorbild nach. 2009 feiert die so genannte Heckflosse ihren 50. Geburtstag.

50 Jahre Mercedes-Heckflossen
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Mode und Mercedes - das passte über viele Jahrzehnte nicht zusammen. Vielmehr legte der Autobauer traditionell Wert auf eine schwer zu definierende Zeitlosigkeit, die sich speziell in den 70er und 80er Jahren auch in schlichten - und aus heutiger Sicht klassischen - Karosserieformen ausdrückte.

Eine Ausnahme leistete man sich in Wirtschaftswunder-Zeiten während der späten 50er Jahre. Die Heckflossen in den USA, die nicht selten noch mit Unmengen an Chrom verziert wurden, glichen Blechskulpturen waren zum einen der Faszination jener Zeit für Raumfahrt und Fliegerei geschuldet - auf der anderen Seite aber einfach stilbildend für die Automode jener Jahre.

Stilbildend

So stilbildend eben, dass der Gedanke an ein wenig Mode im Automobildesign sich nach und nach auch bei den Mercedes-Machern festsetzte. So ganz mochten sie von der eher sachlich geprägten Unternehmensphilosophie aber doch nicht lassen, und versuchten daher dem modischen Spiel ein wenig Sachlichkeit mit auf den Weg zu geben.

Bei Mercedes, so wollten es später die Werbestrategen den Käufern Glauben machen, handele es sich bei den Heckflossen nicht einfach nur um schicke Blech-Verschwendung. Der Autofahrer sollte während seines Einsatzes am Lenkrad etwas davon haben: Also wurden die Heckflossen als "Peilstege" bezeichnet - die Erhöhungen am Heck sollten Hilfen für das gezielte Einparken sein. Eine nette Idee - abgesehen davon, dass Parkplätze in den 50ern weit häufiger zu finden waren als heute.

Premiere 1959

Doch eigentlich war das nur ein kleines Detail jener Modellreihe, die 1959 ihre Premiere feierte. Zwar wird auch heute noch einfach nur vom Heckflossen-Mercedes jener Jahre gesprochen. Vergessen wird jedoch dabei, dass gerade diese Generation der Stern-Mobile als wahrhaft wegweisend in Sachen Sicherheit bezeichnet werden darf.

Grundsätzlich unterteilt wird die Heckflossen-Generation in die Baureihen W 110, 111 und 112. Aber in der komplizierten Bezeichnungs-Aufteilung des Hauses Mercedes würde man es natürlich als zu einfach erachten, wenn die Autos tatsächlich in dieser Reihenfolge erschienen wären. Zunächst gab es 1959 die Baureihe 111 - unterteilt in die Typen 220, 220 S und 220 SE. Dabei handelte es sich um völlig neu konstruierte Modelle, mit denen die bisherige Sechszylinder-Generation abgelöst wurde. Optische Kennzeichen waren die aufrecht stehenden, nahezu ovalen Scheinwerfer.

Flackerndes Lichtspiel

Die Baureihe 110 folgte 1961 und stellte sozusagen das Basismodell dar. Die technische Basis und auch die Karosserie waren größtenteils identisch. Die 110er-Typen 190 und 190 D mussten jedoch auf die großen Scheinwerfer verzichten, wurden stattdessen mit kreisrunder Standardware an der Front bestückt - und im Motorraum gab es nur vier Zylinder. Berüchtigt waren die frühen 110er unter anderem wegen der Blinker, die kurz vor den Seitenspiegeln oben an den Kotflügeln montiert waren - Fahrer konnten sich bei jedem Abbiegen auf ein flackerndes Lichtspiel im Blickwinkel gefasst machen.

Als Krönung der Palette erschien ebenfalls im August 1961 der 300 SE, der mit wiederum weitgehend identischer Basis die Oberklasse des Hauses darstellte. Ab Werk gab es eine Automatik, Luftfederung, zahlreiche weitere Extras und einen Motor mit 3,0 Litern Hubraum und immerhin 170 PS. Äußerlich zeigte der 300er seinen Spitzenstatus durch geradezu verschwenderische Verwendung von Chromschmuck.

Ungewöhnlich und exotisch

Seinen ersten Serieneinsatz erlebte praktisch zeitgleich in den Baureihen 110 bis 112 die vom Konstrukteur Béla Barényi erfundene "gestaltfeste Fahrgastzelle" mit den Knautschzonen an Front und Heck, die einen heftigeren Unfall nicht mehr zu einem Ereignis mit hundertprozentiger Todesgarantie machen sollte. Als weitere Sicherheitsextras gab es ein gepolstertes Armaturenbrett und ein Lenkrad mit einer Polsterplatte.

Das Thema Heckflosse war bei Mercedes nur ein vergleichsweise kurzer Ausreißer: Schon 1965 kamen die Nachfolgemodelle, die sich - wie gewohnt - durch den Verzicht auf modischen Schnickschnack auszeichneten. Lediglich die kleine Ausführung W 110 und ein Modell 230 wurden noch leicht aufgefrischt bis 1968 weitergebaut. Mit der Folge, dass die Heckflossen von Mercedes schon bald nach ihrer Ausmusterung den Status als ungewöhnlich und sogar exotisch bekamen - und sich heute als zeitlos modische Erscheinungen in der Oldtimerszene präsentieren.

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