Zahl der Beanstandungen steigt Jeder vierte Fahrer von Fernbussen sitzt zu lange am Steuer

Berlin · Die Zahl der Verstöße gegen Vorschriften in der Fernbusbranche ist stark gestiegen. Die Grünen üben Kritik am Minister.

Fernbusse sind in Deutschland als Alternative zu Fahrten mit der Bahn oder dem Pkw beliebt. 22 Millionen Menschen nutzten die Angebote im vergangenen Jahr. Die Fahrer der Linienbusse stehen jedoch angesichts des Termindrucks häufig unter hoher Anspannung. So ist die Zahl der Beanstandungen deutlich gestiegen.

Darunter fallen etwa Mängel bei der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten. Von den im ganzen Jahr 2014 kontrollierten 278 Fernbussen wurden fast 15 Prozent beanstandet; bei 245 Kontrollen allein im ersten Halbjahr 2015 lag die Quote bereits bei 27 Prozent. Das geht aus einem Sonderbericht des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) hervor, auf den eine aktuelle parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion aufmerksam macht.

2014 insgesamt 60 festgestellte Verstöße

Demnach gab es laut BAG im Jahr 2014 insgesamt 60 festgestellte Verstöße von Fahrern deutscher Busse gegen Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten sowie Fahrtunterbrechungen. 254 deutsche Fahrzeuge wurden kontrolliert. Innerhalb der ersten sechs Monate des Jahres 2015 zählten die BAG-Beamten bei 217 kontrollierten deutschen Bussen bereits 53 Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten. Fast jeder vierte Fahrer fiel also bei Kontrollen auf, Tendenz leicht steigend. Deutlich mehr Beanstandungen gab es unterdessen im ersten Halbjahr 2015 im Vergleich zum Gesamtjahr 2014 bei den Arbeitszeitnachweisen.

Für den Verkehrsexperten der Grünen-Fraktion im Bundestag, Matthias Gastel, ist der Grund für die Zunahme der Verstöße eindeutig. "Der Preisdruck im Fernbusgeschäft wird immer wieder auf dem Rücken der Busfahrer ausgetragen", sagte Gastel unserer Redaktion.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schaue dabei nur zu. "Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten sind kein Kavaliersdelikt", kritisierte Gastel. Die Sicherheit der Fahrgäste müsse an erster Stelle stehen. Außerdem müsse die Zahl der Kontrollen ausgeweitet und Verstöße konsequenter geahndet werden, so Gastel.

Gewerkschaften üben immer wieder Kritik

Lob sprach er dem Bund hingegen dafür aus, die Ergebnisse der Kontrollen zwischen den Bundesländern besser abzugleichen. Das geht aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf die kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Immer wieder war in den vergangenen Monaten die Fernbusbranche in die Schlagzeilen geraten. Seit der Liberalisierung des Marktes 2013 herrscht ein harter Preiswettbewerb zwischen den Anbietern. Mehrere Unternehmen, darunter der Pionier Deinbus.de, mussten Insolvenz anmelden. Auch der Automobilclub ADAC hatte sich 2014 aus dem Segment zurückgezogen und der Post als Kooperationspartner die Anteile überlassen.

Gewerkschaften kritisieren in dem Zusammenhang immer wieder, dass der harte Wettbewerb im Markt zulasten der Fahrer gehe. Bei einem durchschnittlichen Stundenlohn zwischen elf und 13 Euro müssten sie nach den stundenlangen Fahrten häufig noch die Busse reinigen und Schreibarbeit leisten.

(jd)
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