Elektromobilität Elektroautos brennen selten, aber gewaltig

Stadthagen · Nach dem Brand auf dem Frachter Fremantle Highway im Sommer 2023 fragen sich viele, wie schnell Elektroatus brennen können. Der Deutsche Feuerwehrverband kann keine auffällige Brandhäufigkeit bei batterieelektrischen Autos feststellen.

Dieses Elektroauto brennt in einem Tunnel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Lunghammer/TU Graz

Der Brand auf dem Autotransporter „Fremantle Highway“ im vergangenen Sommer auf der Nordsee, der angeblich von einem Elektroauto ausgelöst wurde, hat dem Image der Elektromobilität erneut Kratzer zugefügt. Autohändler berichten, in Verkaufsgesprächen werde von Kunden immer wieder nach der Brandgefahr von Elektroautos gefragt. In Eigentümerversammlungen von Mehrfamilienhäusern wird diskutiert, ob Elektroautos in die Tiefgarage dürfen. Einige Parkhausbetreiber und Fährschiff-Reedereien sollen E-Mobile bereits verbannt haben.

Dabei steht noch immer nicht fest, ob eines der rund 500 Elektroautos an Bord der „Fremantle Highway“ den Brand ausgelöst hat, der einem Besatzungsmitglied das Leben kostete. Das Schiff war zuvor in Bremerhaven bei der BLG Logistics, einem der weltweit größten Autologistiker, beladen worden und ausgelaufen. Wenige Stunden später brach das Feuer aus. Laut Kawasaki Kisen Kaisha, der japanischen Reederei der „Fremantle Highway“, waren insgesamt 3783 Autos an Bord.

Auch die BLG weiß nichts über die Brandursache, erklärt aber auf Nachfrage: Für Elektroautos gelten beim Beladen der Schiffe grundsätzlich die gleichen Regeln wie für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. „Es müssen bei der Verladung von E-Fahrzeugen keine speziellen Sicherheitsmaßnahmen beachtet werden“, heißt es. Allerdings hat das Unternehmen auf dem Autoterminal fünf eigene Quarantäne-Plätze für „kritische Hochvolt-Fahrzeuge“ geschaffen, sollte einmal ein Elektroauto beschädigt sein oder brennen. „E-Fahrzeuge geraten nicht schneller in Brand als Verbrennerfahrzeuge“, teilt BLG mit. Aber wenn es dazu kommt, muss der Brand anders bekämpft werden. Zudem neigen gelöschte Fahrzeug dazu, erneut zu brennen. Deshalb die Quarantäne. „Dafür sind wir auf dem Terminal vorbereitet. Sollte ein E-Fahrzeug auf dem Terminal in Brand geraten, gibt es ein vorgeschriebenes Prozedere. In unseren Technikzentren werden zusätzliche Brandbegrenzungsdecken vorgehalten.“ Diese Decken werden auch an Hochöfen eingesetzt und können der großen Hitze standhalten, die bei einem Batteriebrand entsteht.

Auch der Deutsche Feuerwehrverband kann keine auffällige Brandhäufigkeit bei batterieelektrischen Autos (BEV) feststellen. Allerdings: Wenn ein Elektroauto brennt, stellt das die Feuerwehr vor besondere Herausforderungen. „Aufgrund der aktuellen Berichterstattung in den verschiedenen Medien erscheint es wichtig, zu betonen, dass auch Elektrofahrzeuge von den Einsatzkräften der Feuerwehr gelöscht werden können“, erklärt Dipl.-Ing. (FH) Peter Bachmeier, Leitender Branddirektor und Vorsitzender des Fachausschusses Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz der deutschen Feuerwehren. „Dies gestaltet sich unter Umständen etwas schwieriger als die Brandbekämpfung von herkömmlich angetriebenen Fahrzeugen.“

Denn die Hochvoltbatterie eines Elektroautos ist in einem luft- und wasserdichten Gehäuse meist im Fahrzeugboden untergebracht. Wenn es zu einem Zellenschluss kommt – Hunderte Batteriezellen also die gespeicherte Energie auf einmal abgeben – entsteht große Hitze. Der Feuerwehr bleibt dann nichts anderes übrig, als das Gehäuse mit Wasser zu kühlen. Neue Löschmethoden, zum Beispiel Lanzen in das Batteriegehäuse zu bohren und dieses dann zu fluten, sind in der Erprobung. Die Bad Homburger Feuerwehr hat gemeinsam mit einem Wiesbadener Unternehmen einen Löschsack entwickelt, der das brennende Auto von unten umhüllt und mit Wasser gefüllt werden kann. Im Gegensatz zu einem mit Wasser gefüllten Container könne der Sack auch auf Schiffen oder in Tiefgaragen eingesetzt werden, so die Feuerwehr. Wenn das Feuer erst mal auf andere Fahrzeuge übergreift, wird Löschen noch schwieriger.

Es ist ein weit verbreiteter Glaube, dass von E-Autos eine hohe Brandgefahr ausgeht.

Foto: dpa-tmn/Benjamin Nolte

Deshalb bekam die Besatzung der „Fremantle Highway“ das Feuer auch nicht in den Griff. Die Ladung, darunter etliche BMW, Mercedes, einige wenige VW und sogar Rolls-Royce, wurde vernichtet. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet von einem Versicherungsschaden in Höhe von 240 Millionen Euro. Und das alles wegen eines brennenden Elektroautos? Dafür spricht bisher wenig. Die Brandursache wird von den niederländischen Behörden untersucht. Der Verdacht, ein Kurzschluss in der Hochvolt-Batterie eines E-Autos könne die Brandursache sein, ließ sich bisher nicht erhärten. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) konnte in seiner Schadensbilanz kein höheres Brandrisiko für Elektroautos erkennen. Im Gegenteil: Laut GDV haben die meisten batterieelektrischen Fahrzeuge eine niedrigere Haftpflicht- oder Kasko-Typklasse als ihre Verbrenner-Pendants. Sie verursachen weniger Schäden, zum Beispiel durch Brände.

In Norwegen, dem Land mit dem höchsten Anteil an Elektroautos, hat die Feuerwehr ermittelt, dass Autos mit Verbrennungsmotoren pro 100.000 prozentual um den Faktor sechs bis sieben häufiger brennen als Elektroautos. Auch wenn berücksichtigt werden muss, dass die BEV im Schnitt jünger sind als die Flotte der Benzin- und Dieselautos. Batterieautos aus Tiefgaragen zu verbannen, ist rechtlich nicht möglich: Laut Wohneigentumsgesetz muss die Eigentümerversammlung sogar der Einrichtung einer Ladestation für Elektroautos zustimmen (§ 20 Abs. 2 WEG). Auch darf das Parken von Elektroautos nicht verboten werden, hat das Amtsgericht Wiesbaden festgestellt (Az.: 92 C 2541/21).

(amp)