Der 911er im Fokus Diebe machen Jagd auf alte Porsche-Klassiker

Köln · Weil Oldtimer sich zu lukrativen Wertanlagen entwickeln, werden sie auch für Diebe interessant. Vor allem auf ältere Porsche vom Typ 911 haben es die Täter abgesehen. In NRW wurden 2015 doppelt so viele 911er gestohlen wie 2014.

Diebe machen Jagd auf alte Porsche-Klassiker - der 911er im Fokus
Foto: Polizei

Michael Schumacher liebte seinen Porsche 911 Carrera. Entsprechend ungern denkt der 48-Jährige an den Mittwoch vor vier Wochen zurück. An diesem Tag wollte der Kölner morgens in seinen Sportwagen, Baujahr 1993, einsteigen - doch das blaue Gefährt war nicht mehr da, wo er es geparkt hatte. "Zu 99 Prozent stand der Wagen in oder vor der Garage, meist zusätzlich zugeparkt von anderen Fahrzeugen", sagt der 48-Jährige. Nur ausnahmsweise hatte er das Auto vor seinem Büro auf der Straße abgestellt. Eine Gelegenheit, die sich die Diebe nicht entgehen ließen. Nun ist der Wagen weg - und die Chancen, ihn wiederzubeschaffen, liegen laut Polizei bei unter einem Prozent.

Auch wenn es Schumacher kaum tröstet, er steht nicht alleine da. Wurden laut einer Auswertung des Landeskriminalamts im Jahr 2014 in NRW noch 40 Porsche 911 gestohlen, so verdoppelte sich die Zahl im vergangenen Jahr nahezu auf 75. Ähnlich sieht es aus, wenn man die Daten auf eine Stadt herunterbricht. So verzeichnete die Kölner Polizei im Jahr 2015 zehn Diebstähle von 911ern, davon fünf Versuche, in diesem Jahr waren es bis Juni schon zwölf Taten, davon drei Versuche. Der Trend also ist ungebrochen.

Das hat mehrere Gründe. Vor allem anderen die unglaubliche Wertsteigerung, die Oldtimer und speziell Porsche erfahren. Gemessen an den derzeitigen Zinsen für Bankeinlagen erzielen die Fahrzeuge astronomische Renditen. "So stieg beispielsweise der Wert eines vor sieben Jahren erworbenen, zerlegten Porsche Oldtimer mit erheblichen Unfallschäden nach der Restaurierung von circa 20.000 Euro auf über 170.000 Euro", sagt Thomas Held, Sprecher der Kölner Polizei. Einige Modelle, vor allem in der Stückzahl limitierte Sondereditionen, können auch bis zu eine Million Euro kosten. Ein anständiger Wertzuwachs gilt im übrigen nicht nur für die alten Schätzchen, sondern auch für den Durchschnitts-911er jüngeren Baujahrs. "Man kann etwa von 13 Prozent mehr pro Jahr ausgehen", sagt Roland Czens, Präsident des Porsche Clubs Düsseldorf.

Ein anderer Grund, weshalb die älteren Sportwagen - viele aus den 80er und 90er Jahren - ganz oben auf den Diebeslisten stehen, sind die relativ leicht überwindbaren Sicherheitsstandards. "Zum Diebstahl ist lediglich herkömmliches Werkzeug erforderlich", sagt Held. Besonderes Knowhow oder eine Ausrüstung wie Laptops und Funkwellenverlängerung wie bei modernen Fahrzeugen brauchen die Diebe nicht. Porsche-Besitzer wissen natürlich um diese Probleme und sorgen vor, erzählt Czens. In der Regel stehen die Autos in verschlossenen Garagen, von denen viele auch mit Videokameras ausgerüstet sind beziehungsweise über besondere Einbruchsicherungen verfügen. So lassen sich beispielsweise im Boden versenkbare Betonpoller vor der Garageneinfahrt installieren. Zudem bieten spezialisierte Anbieter auf die alten 911er zugeschnittene, moderne Alarmanlagen an. "Und wenn wir als Club ein Treffen veranstalten, werden die Fahrzeuge natürlich streng bewacht", sagt Czens.

Sind die Sportwagen erst einmal verschwunden, bleiben sie es meistens auch. "Oldtimer sind generell nicht mit Ortungstechnik ausgestattet, was die Wiederbeschaffung deutlich erschwert", erzählt Held. Hinter den Diebstählen vermutet die Polizei vor allem niederländische Banden. In Scheunen auf holländischem Hoheitsgebiet konnten 2014 und 2015 etliche alte Fahrzeuge sichergestellt werden, dazu sind Beschaffungslisten gefunden worden. Die Porsches und andere Oldtimer werden also oft auf Bestellung gestohlen und verschwinden mutmaßlich auch in Sammler-Garagen, manchmal auf Jahre, um den Wert zu steigern und die Fahndung zu erschweren. Teils werden sie auch sofort ins Ausland verschifft. Klar ist: Hinter den Diebstählen steckt eine ausgefeilte Logistik.

Auch Michael Schumacher ist, so vermuten er und die Polizei, ausgekundschaftet worden. Als der Wagen frei zugänglich war, schlugen die Diebe zu. Trotz Alarmanlage und Wegfahrsperre. "Profis schalten das in wenigen Sekunden aus", sagt er. Aber auch eine Garage schützt nicht immer. Einem Verwandten von Schumacher wurde ein 911er Cabrio aus der Garage gestohlen. Die Diebe stiegen nachts ins Haus ein, als die Besitzer schliefen, suchten sich die Autoschlüssel, schoben den Wagen aus der Garage und starteten erst dann den Motor, um nicht unnötig auf sich aufmerksam zu machen. Abhalten sollte man die Täter selbst tunlichst nicht - in diesem Fall sollen die Diebe nämlich bewaffnet gewesen sein.

Künftig wegen der Diebstahlgefahr auf einen Porsche zu verzichten, kommt aber für Schumacher nicht in Frage. "Zum Spaß kommt ja noch die unschlagbare Wertsteigerung", sagt Schumacher. "Ich lasse in den nächsten Porsche lieber etwas einbauen, mit dem sich der Wagen orten lässt."

(RP)
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