Fesche Flitzer auf der Essen Motor Show Die Männerwelt der Auto-Tuner
Essen (RP). Ab heute treffen sich Freunde fescher Flitzer in Essen zur Motor Show. Viel Raum bekommt dort die Tuning-Branche. Sie sorgt dafür, dass aus teuren Wagen sehr teure Einzelstücke werden. Dazu braucht man neben Geld vor allem ein Herz für Autos. Und das haben nur Männer, behaupten Experten.

Essen 2006: Heiße Reifen, klasse Frauen
"Frauen?" Einen Augenblick lang schaut Ralf Kelleners (38) so, als höre er das Wort zum ersten Mal in seinem Leben. "Nein, Frauen hatte ich als Kunden noch nicht." Der Moerser Auto-Rennfahrer, der in den USA immer noch aktiv im Geschäft ist, präsentiert auf der Auto-Show in Essen seine Dinslakener Tuning-Firma. Er hat sich darauf spezialisiert, BMWs schneller und sportlicher zu machen. Zwischen 3.000 und 15.000 Euro geben seine Kunden im Schnitt aus. "Frauen sitzen auch manchmal bei mir im Büro, aber nur um den Kauf ihres Mannes abzunicken." Kelleners wundert das nicht weiter: "Nur Männer haben ein Herz fürs Auto."
Frauen vorwiegend als Kühlerhauben
Tatsächlich kommen Frauen in den Messehallen, die den Tunern gewidmet sind, immer noch vorwiegend als Kühlerhauben-Deko oder Plätzchenanreicherinnen vor. Das geschieht heute etwas dezenter als noch vor Jahren. Da gesellte sich oft Solariumsbräune zu Bastlerschweiß. Aber seit auch Audi, BMW, Mercedes und Porsche das Tuning-Geschäft entdeckt haben, verblasst das Manta-Image von Jahr zu Jahr.
Bis zur Gleichberechtigung am Steuer reicht der Wandel aber nicht. "Fahren darf meine Freundin nicht", sagt Christian Keller (25) zur Sitzverteilung in seiner Luxuslimousine. Die kostbare Karosse des Tuners aus Kevelaer ist in dezentem Granitsilber lackiert. Gut 40.000 Euro stecken in dem BMW E 36, Baujahr 1991.
Flügeltüren, Chromlenkrad, Sonderanfertigungen für Front- und Heckstoßstange hat der stattliche Schlitten. Die Steine, mit denen der 25-Jährige sein Auto schmückt, könnte sich so manche Frau auch hübsch um ihren Hals vorstellen: Der Innenspiegel ist mit 140 Swarowski-Kristallen bestückt. Die Radschrauben sind mit 24 Karat vergoldet und ebenfalls mit Swarowski-Kristallen verziert. Die Ventilkappe ist eine goldene Krone.
Inspiration übers Internet
Mit seinem BMW fährt Keller nur im Sommer, und nur zu Tuner-Treffen. Wenn der 25-Jährige ein Auto zum Fahren braucht, nimmt er den Golf III seiner Freundin. "Manche denken vielleicht: Der hat einen Knall, aber es ist mein Hobby", sagt Keller. Der Reiz liege darin, ein Auto zu fahren, das einfach anders sei. "Es ist toll, wenn die Leute das Auto begucken und alle applaudieren, wenn du den Pokal abholst."
Übers Internet holt sich Christian Keller seine Inspirationen für den nächsten Umbau. Derzeit wird wieder geschraubt. Zur weiteren Verschönerung. Eine Hifi-Anlage kommt in den Kofferraum, in Wagenfarbe lackiert. Vier Monitore - zu den beiden an den Sonnenblenden - werden eingebaut. Tempo ist für den Tuner dagegen Nebensache. Seine Devise: "Wer langsam fährt, wird länger gesehen."
Der Fantasie und den Kosten für luxuriöse Ausstattung sind - wie die Messe zeigt - keine Grenzen gesetzt. Die Luxus-Karossen Bentley und Aston Martin werden zwar schon ab Fabrik ab 150.000 Euro individuell nach Kundenwünschen gefertigt. Zeitgenossen, denen das noch nicht exklusiv genug ist, wenden sich an Kourosh Mansory, der im Fichtelgebirge eine exklusive Autoveredelungs-Werkstätte betreibt.
Franjo Pooth lässt tunen
Franjo Pooth, Düsseldorfer Geschäftsmann und Verona-Ehemann, hat seinen Aston Martin Vanquish S in die Hände von Meister Mansory gegeben. 275.000 Euro Endpreis dürften für ihn verschmerzbar sein, zumal es dafür nicht nur Aluminium-Pedale, 315er Reifen und ein Carbon-Leder-Lenkrad, sondern auch ein Schild im Türschweller gibt, auf dem steht: "Handbuilt in England for Franjo Pooth".
Das teuerste Design-Auto ist Pooths Bolide nicht. Das steht einen Stand weiter: Ein mit handgeschliffenem Rosenholz und offenporigem Bullenleder ausgestatteter 600 PS starker Porsche Cayenne Turbo des Leonberger Tuners TechArt. 330.000 Euro kostet der Wagen, "plus Mehrwertsteuer", ergänzt TechArt-Mitarbeiter Marc Herdtle. Kunden, die derartige Summen für ein Auto ausgeben, kommen meist aus dem Nahen Osten, aus Japan oder Kalifornien.
"Der Trend zum Luxus-Tuning hält an", bestätigt Hans-Jörg Köninger, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Auto-Tuner VDAT. Daneben blüht aber auch das Geschäft mit den Hinterhof-Schraubern, bei denen der Euro nicht so locker sitzt. "Die besorgen sich die Teile zunehmend billig übers Internet. Häufig stammt das Material aus dem Ausland und ist in Deutschland nicht zugelassen", berichtet Köninger.
Carsten Wagener bestätigt das. Bis vor wenigen Monaten hat er noch Türpinne, Schaltknäufe und Stoßstangen in seinem Weseler Laden verkauft. "Aber die Kunden haben sich bei uns beraten lassen und dann im Internet bestellt", berichtet Wagener. Inzwischen ist seine Firma Westuning ins Emsland umgezogen - und verkauft nur noch übers Internet.