Hohe Benzinpreise Der Spritklau nimmt zu

Berlin (RPO). Tankbetrug, Spritklau, Heizöl im Tank - illegale Handlungen im Zusammenhang mit der Explosion der Kraftstoffpreise sind keine Seltenheit mehr. "Wir haben deutschlandweit ein Problem", sagt der Vizevorsitzende des Bundesverbandes Tankstellen.

Aktuelle Spritpreise in Deutschland / Stand: 31.07.08
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Foto: AP

Die einen stecken einen Schlauch in den Tank und saugen mit Mund oder Handpumpe, bis der Sprit von allein läuft. Andere greifen zum Bohrer. Wieder andere fahren zur Zapfsäule, tanken voll und machen sich auf und davon. Seitdem die Preise für Benzin und Diesel ungebremst nach oben gehen, schlagen Spritdiebe immer häufiger zu.

Günter Dederichs, der Vizevorsitzende des Bundesverbandes Tankstellen, berichtet von zunehmenden Schwierigkeiten. Seit Monaten häuft sich die Zahl der Spritdiebstähle. Der Schaden gehe in die Millionen. In nächster Zukunft, so Dederichs, rechne er mit noch mehr Fällen. "Das Problem steigt mit den Treibstoffpreisen."

Noch kein eigenes Delikt

Noch sind die verschiedenen Formen von Spritdiebstählen den Polizeistatistiken als eigenständiges Delikt unbekannt. "Dieses Ausmaß ist neu", heißt es bei den Landeskriminalämtern. Die Polizei Köln etwa will den "Tankbetrug" ab nächstem Jahr gesondert ausweisen.

Die Zechprellerei an den Zapfsäulen bereite Tankstellen-Pächtern zunehmend Sorgen, sagt Verbandsvize Dederichs. "Die Abhauer sind mehr geworden." Dederichs erklärt, wie diese Kunden vorgehen: "Sie kaufen Zigaretten und 'vergessen' zu sagen, dass sie noch getankt haben." Kunden hätten jedoch eine Bringschuld. Wer beim Spritklau erwischt werde, könne sich nicht damit herausreden, der Kassierer hätte darauf achten müssen.

Täter schnell identifiziert

Da das Gros der Tankstellen über Kameras verfüge, ließen sich die meisten Täter anhand der Autokennzeichen identifizieren, sagt die Sprecherin des Mineralölkonzerns Aral, Claudia Braun. "Die Aufklärungsquote ist hoch." Alle Fälle würden zur Anzeige gebracht. Die Aral-Sprecherin ist überzeugt: "Das hat abschreckende Wirkung." Die Schadenssumme lasse sich nicht beziffern. Sie sei aber "relativ gering", sagt Braun.

Die Mineralölgesellschaften spielten das Ausmaß der Spritdiebstähle gern herunter, wendet Dederichs ein: "Sie fürchten Nachahmer, wenn öffentlich zu viel darüber gesprochen wird." Letztlich bleibe nämlich nicht der Tankstellen-Pächter auf dem Schaden sitzen, sondern die Ölgesellschaft.

Organisierter Spritklau

Schwerer zu verfolgen als die Gelegenheitsdiebe ist laut Dederichs der organisierte Spritklau. Die Täter verwendeten meist gestohlene Autokennzeichen. Unlängst habe die Polizei ihn daher persönlich gewarnt, dass auf einem nahe seiner Tankstelle gelegenen Parkplatz mehrere Nummernschilder gestohlen wurden.

Kriminelle Kraftstoffdiebe haben es aber vor allem auf Baustellenfahrzeuge, Busse und Lastwagen abgesehen. In Velgast (Mecklenburg-Vorpommern) schnappte die Polizei am Freitag zwei Männer auf frischer Tat. Rund 3000 Liter Diesel hatten die beiden in den vergangenen Wochen aus Fahrzeugen eines Bauernhofes abgezapft, dann teils selbst verbraucht und teils verkauft. Nach Polizeiangaben gab es im Land Anfang 2008 rund 28 Prozent mehr Diebstahldelikte in diesem Bereich als Anfang 2007.

Der Werkstattleiter der Bickhardt Bau AG, Bernd Michel, berichtet von "fast täglichem" Spritklau auf den 70 Baustellen des Unternehmens. "Das ist ein großes Problem." Monatlich würden mehrere tausend Liter abgezweigt. Im Herbst, wenn die Heizöltanks gefüllt werden, befürchtet Michel noch mehr Diesel-Diebstähle.

Heizöl statt Diesel im Tank

Stichwort Heizöl: Auch wer diesen Brennstoff statt Diesel in den Tank zu füllt, macht sich strafbar. Besonders unter Lkw-Fahrern wird diese Praxis immer beliebter. Aber es ist ein Steuervergehen, da der Dieselkraftstoff wesentlich höher besteuert ist. Nachweisen lässt sich der Schwindel übrigens relativ leicht. Denn Heizöl ist aufgrund seiner beigemischten Farbe auch schon in kleinen Mengen ohne weiteres nachzuweisen.

Im übrigen tut man mit Heizöl seinem Motor keinen Gefallen: Früher mögen der Brennstoff und Diesel bis auf den Farbstoff identisch gewesen sein. Mittlerweile ist der Schwefelgehalt von Heizöl bis zu hundert Mal höher als beim Diesel. Somit ist das Risiko von Schäden beträchtlich.

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