Mit Latein zum Weltunternehmen 100 Jahre Audi: Die Herrn der Ringe

Düsseldorf · Im Jahr 2008 hat Audi zum ersten Mal eine Million Fahrzeuge verkauft. Ob sich das August Horch im Jahre 1909 hätte träumen lassen? Man weiß es nicht. Doch der 1951 verstorbene Firmengründer wäre gewiss sehr stolz gewesen auf sein Werk. Mit einer Sonderausstellung zum 100-Jährigen wird es im "museum mobile" in Ingolstadt gefeiert.

100 Jahre Audi - eine Erfolgsstory
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Die Ausstellung dauert bis zum 16. Juli 2009, dem Tag, an dem August Horch vor exakt 100 Jahren die Marke Audi ins Leben rief. Eigentlich hatte Kraftfahrzeugpionier Horch bereits 1899 seine erste Automobilfirma in Köln gegründet. 1904 verlegte er die August Horch & Cie nach Zwickau. Innerhalb der Horch-Werke kam es 1909 zu Differenzen, August Horch verließ das Unternehmen.

Sein Tatendrang blieb ungebrochen. Kurzerhand stellte er mit der Hilfe seines Freundes Franz Fikentscher eine neue Autofirma auf die Beine. Dieses zweite Unternehmen erhielt ebenfalls den Namen Horch. Doch wie zu erwarten war, kam es zu einem Prozess um die Namensrechte, den August Horch letztlich verlor.

Geniale Idee eines Zehnjährigen

Für den jungen Hersteller musste ein neuer Name gesucht werden. Keine einfache Angelegenheit. "In dieser Frage kam es im Wohnzimmer meiner Großeltern zu endlosen Debatten”, erzählt Horst Fikentscher. Einer der drei Söhne des Großvaters, die die Diskussionen mithörten, kam auf eine geniale Idee. Sein Vater Heinrich, damals Lateinschüler an einem Gymnasium und zehn Jahre alt, habe den verblüfften Erwachsenen eine simple Lösung vorgetragen: "Hören, Horchen heißt auf Latein audire — und die Befehlsform horch! somit audi!."

So war der neue Name geboren, der in den kommenden 100 Jahren zum Imperium aufstieg. Vom Audi Typ A mit seinen 26 PS aus dem Jahr 1911 bis zum Audi A4 Allroad quattro, der 2009 in Genf präsentiert wurde, entspannt sich eine wechselvolle Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen.

Die allerersten Audi-Fahrzeuge erregten schon bald Aufsehen. Neben dem ältesten Wagen der Marke, dem Typ A, ist in der Jubiläums-Ausstellung in Ingolstadt als Star auch der erst kürzlich wieder aufgebaute Audi 225 Front Spezialroadster von 1935 zu sehen. Beide sind Einzelstücke. Einen technische Meilenstein setzte Audi 1923 mit dem Audi Typ M, der zu den luxuriösesten und teuersten Autos in Deutschland zählte. Auf den Audi Typ M folgte 1929 mit dem Typ R der erste Acht-Zylinder, mit dem die Grenze von 100 PS durchstoßen wurde.

Geburtsstunde der vier Ringe

Der erste Rückschlag folgte 1928, als DKW das Unternehmen übernahm. Auf der Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1932 schlossen sich DKW und Audi sowie Horch und Wanderer zur Auto Union zusammen. Das war die Geburtsstunde der vier Ringe, die bis heute das Logo von Audi bilden.

Nach dem zweiten Weltkrieg ging es in Zwickau unter der Sowjetherrschaft nicht weiter. Die Auto Union AG verlegte ihren Sitz ins bayerische Ingolstadt, wo sie sie 1958 von Daimler-Benz für rund 41 Millionen Mark übernommen wurde. Damals wurden in Ingolstadt lediglich Motorräder sowie der DKW-Schnellaster gefertigt. Die Pkw-Produktion der Auto Union konzentrierte sich auf das Werk Düsseldorf, das 1950 in Betrieb gegangen war. Politische Kraftmeierei zwischen Bayern und Nordrhein-Westfalen war im Spiel, als ein neues Werk nicht in Zons am Rhein, sondern in Ingolstadt gebaut wurde. Wer weiß, wie die Geschichte sonst verlaufen wäre.

Ab 1962 gingen sowohl die Produktionszahlen als auch die Umsätze der Auto Union zurück. In einem aufsehenerregenden wirtschaftlichen Handel ging der Hersteller ab 1964 in mehreren Schritten auf Volkswagen über. VW zahlte insgesamt 297 Millionen Mark. Mit der Übernahme entkam die Auto Union nur knapp dem Konkurs. Die Zeit des einst so populären Zweitaktmotors ging zu Ende, und fast 30.000 DKW-Automobile standen unverkauft auf Halde. Als Retter in der Not entpuppte sich damals ausgerechnet der VW Käfer: Zwischen Mai 1965 und Juli 1969 wurden in Ingolstadt fast 348.000 Exemplare des Käfers montiert.

1965 wieder ein eigener Audi

Für wirtschaftliche Entspannung sorgte zudem ab August 1965 der neue Audi F103, mit dem VW die Marke Audi wieder aufleben ließ. Dieser erste Viertakter aus Ingolstadt war der Nachfolger des DKW F102 und stieß auf sehr großes Interesse.

Er bildete den Grundstein für die erfolgreichen Modellpaletten der kommenden Jahrzehnte. Am 10. März 1969 unterzeichnete die Auto Union einen Vereinigungsvertrag mit der NSU Motorenwerke AG (Neckarsulm), wodurch die Audi NSU Auto Union AG entstand. Dieser sperrige Name überlebte bis ins Jahr 1985, obwohl bereits im März 1977 der letzte NSU Ro 80 vom Band lief.

Der zu diesem Zeitpunkt längst verstorbene Gründer August Horch hatte sich bereits zu Beginn dem Grundsatz verschrieben "nur gute und starke Wagen" bauen zu wollen. Wenn er noch erlebt hätte, was folgte, hätte er seinen Traum wie bereits in den Anfängen zum zweiten Mal umgesetzt gesehen.

Für Furore sorgte bereits 1968 das erste Audi 100 Coupé. Es folgten der Audi 50, der eigentliche Vorläufer des VW Polo, der mit dem VW Passat verwandte Audi 80 und der legendäre Audi quattro von 1980. Mit seinem Allradantrieb fand er auf den Rallyestrecken der Welt seine Heimat. Im Jahr 1983 brachten die Ingolstädter den neuen Audi 100 auf den Markt, der den seinerzeit geringsten cw-Wert aller Autos besaß.

Aufstieg in die Oberklasse

Danach ging es weiter steil bergauf. Audi gelang im Verlauf der 80er und 90er die stetige Rückkehr in die Oberklasse zwischen die Platzhirsche Mercedes und BMW. Im Herbst 1986 erschien der neue Audi 80: Seine vollverzinkte Karosserie setzte mit einer Zehn-Jahres-Garantie gegen Durchrostung neue Maßstäbe. 1988 brachte Audi ein erstes Oberklassemodell mit 3,6-Liter-V8-Motor und Vierventiltechnik. Eine neue Ära leitete 1994 die Änderung der Nomenklatur ein. Zunächst kam der neue A8. Im Sommer folgte der Audi A6, im November erschien der neue A4 auf dem Markt. Die Single-Frame-Gesichter wurden im neuen Jahrtausend zu Stilikonen.

2001 nahm Audi seinen Slogan "Vorsprung durch Technik" allzu wörtlich. Der A2 als sparsames Einstiegsmodell war seiner Zeit um einige Jahre voraus. Heute ist er ein gefragter Gebrauchter, der zu Höchstpreisen gehandelt wird.

(RPO)
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