Neues Messverfahren für CO2-Werte

Ab diesem Monat werden der Verbrauch und der Kohlenstoffdioxidausstoß von Autos nach einem neuen, realitätsnaheren Prüfzyklus gemessen. Kleinere Autos schneiden wohl schlechter ab, große profitieren dagegen von der neuen Messung.

Seit dem 1. September gilt ein neues Prüfverfahren für den Kraftstoffverbrauch von Personenkraftwagen. Der neue Messzyklus Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure, kurz WLTP, ersetzt das NEFZ-Verfahren (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Das neue Testverfahren gilt zunächst für alle neu auf den Markt gebrachten Fahrzeuge. Ab September 2018 wird es auf alle Neuzulassungen angewandt.

"Der neue Prüfzyklus liegt näher an der Wirklichkeit und bildet die heutigen Modelle und Verkehrssituationen besser ab", sagt Joachim Damasky, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie VDA. Der WLTP deckt Fahrsituationen vom innerstädtischen Verkehr bis zur Autobahnfahrt ab. Im Gegensatz zum bisherigen Test ist er wesentlich dynamischer, denn er beinhaltet deutlich mehr Beschleunigungs- und Bremsvorgänge, und er wird mit höheren Geschwindigkeiten gefahren. Zudem berücksichtigt der WLTP Sonderausstattungen wie Räder- und Reifengrößen und das tatsächliche Fahrzeuggewicht. Gefahren wird das neue wie das aktuelle Verfahren im Labor auf dem Prüfstand.

Weil der WLTP realitätsnaher ist und die Rahmenbedingungen genauer festgelegt, werden die Unterschiede zwischen Prüfstandergebnissen und Verbrauchswerten auf der Straße geringer ausfallen. "Aber es wird sie weiterhin geben, weil Fahrweise, Streckenverlauf und Nutzung der Klimaanlage den Kraftstoffverbrauch maßgeblich beeinflussen", sagt Damasky. Da im WLTP mehr Langstrecke und schärfere Beschleunigungen gefahren werden, werden die gemessenen Verbrauchswerte höher sein als im NEFZ. Verbrauch und Kohlenstoffdioxidausstoß hängen direkt zusammen. "Im Durchschnitt ist deshalb damit zu rechnen, dass die Umstellung auf das neue Messverfahren zu einer Erhöhung der CO2-Werte um etwa 20 Prozent je Fahrzeug führt und damit zu einer höheren Kraftfahrzeugsteuer", erläutert Damasky. Finanzminister Wolfgang Schäuble rechnet laut einem Bericht im Handelsblatt zwischen 2018 und 2022 mit Mehreinnahmen bei der Kfz-Steuer von 1,1 Milliarden Euro.

Drei Faktoren bestimmen die Höhe der Kfz-Steuer: Das ist neben dem Hubraum und der Antriebsart die CO2-Emission. Je nach Zulassungsdatum eines Pkw gibt es eine Freigrenze für CO2-Werte, die in Gramm angegeben wird. Bei Erstzulassungen ab 2014 sind es 95g/km. Jedes weitere Gramm über der steuerfreien Grenze kostet zwei Euro. Beispiel: BMW gibt für den neuen 5er mit Zwei-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor mit 252 PS einen CO2-Ausstoß von 126 g/km an. Das macht einen Aufschlag von 62 Euro bei der Kfz-Steuer. Wird nun der theoretisch angenommene Wert von 20 Prozent mehr Ausstoß nach dem neuen Prüfverfahren angesetzt, kämen 74,40 Euro Aufschlag heraus.

Aber die Rechnung geht in der Praxis so nicht auf, weil der neue Prüfzyklus unterschiedliche Auswirkungen hat. Die im WLTP gefahrenen höheren Geschwindigkeiten machen es kleineren, auf Sparsamkeit getrimmten Benzinmotoren schwerer, niedrige Verbrauchswerte zu erreichen. Auch dem Diesel mangelt es daran, hohes Tempo und niedrigen Schadstoffausstoß hinzubekommen. Großvolumige und leistungsstarke Motoren schaffen das eher und profitieren daher vom WLTP. Während des Prüfzyklus fahren sie häufiger als kleine Fahrzeuge im unteren Lastbereich und in einem optimalen Gang. Beim NEFZ sind die Gänge vorgegeben, bei WLTP nicht. Und auch diese Rechnung hat ihre Tücken: mehr Kfz-Steuer für einen Kleinwagen bedeutet letztlich nicht, dass er nun bei den Kosten auf dem Niveau eines Luxus-SUVs liegt. Am tatsächlichen Verbrauch der Autos ändert sich durch ein anderes Prüfverfahren nichts - mit Ausnahme der Herstellerangaben.

Die Berechnung der Kfz-Steuer nach WLTP-Werten gilt für Autos, die nach dem 1. September 2018 zugelassen werden. Alle anderen haben Bestandschutz. Bis 2018 bleibt den Herstellern somit noch Zeit, ihre Modelle auf den neuen Testzyklus zu optimieren und den Laborverbrauch zu senken. Danach wird sich zeigen, ob die Steuervorschau des Finanzministeriums zutreffend war.

(RP)
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