Neben der Straße lockt das Abenteuer

SUV sind beliebt – nicht zuletzt für Fahrten in die Stadt. Wie es sich aber anfühlt, mit einem echten Gelände-Kraftprotz unwegsames Geläuf zu durchpflügen, erlebt unsere Autorin im Land-Rover-Experience-Center in Wülfrath.

SUV sind beliebt — nicht zuletzt für Fahrten in die Stadt. Wie es sich aber anfühlt, mit einem echten Gelände-Kraftprotz unwegsames Geläuf zu durchpflügen, erlebt unsere Autorin im Land-Rover-Experience-Center in Wülfrath.

Respekt. Dieses Gefühl macht sich in meinem Bauch breit und wandert weiter in den Kopf. Der denkt beim Autofahren plötzlich so viel nach wie lange nicht mehr. 110 Prozent Gefälle liegen vor mir und dem wuchtigen Land Rover Discovery. Trainer Alexander Augstein sitzt entspannt auf dem Beifahrersitz. Langsam taste ich mich ein Stück den Berg hinunter, der Fuß schwebt über der Bremse. Es kostet Überwindung, ihn vom Pedal zu lassen und dem Fahrwerk zu vertrauen. Gemächlich rollt der Geländewagen die Schotterpiste hinunter. Und die Anspannung im Gesicht weicht einem breiten Grinsen.

Augstein nickt zufrieden. Er ist heute mein Fahrlehrer, mit dem ich den 120 000 Quadratmeter großen Gelände- und Hindernis-Parcours in Wülfrath erkunde. Im ehemaligen Steinbruch betreibt Land Rover seit 1996 sein Experience-Center. Ein Spielplatz für große Jungs und Mädchen, die wissen wollen, was in einem Geländewagen steckt, und die Luft eines Offroad-Abenteuers ohne Risiko schnuppern wollen. Nicht zuletzt ist die größte europäische Anlage dieser Art Pilgerstätte für eingefleischte Fans des britischen Autobauers. Etwa 30 Land Rover umfasst die Trainingsflotte: Defender, Range Rover, Discovery und Freelander, soweit das Auge blickt.

Kurz zuvor: Ehe es auf die Strecke geht, soll ich verstehen, was unter dem Auto passiert. Im Schnelldurchgang erklärt Augstein, was einen echten Geländewagen ausmacht — und wie dessen Komponenten zusammenwirken: permanenter Allradantrieb mit sperrbarem Differential, Untersetzungsgetriebe und Bergabfahrkontrolle Hill Descent Control. Dann wären da noch Annehmlichkeiten wie die Luftfederung, die für konstante Bodenfreiheit sorgt und die meisten Erschütterungen schluckt, das Terrain-Response, mit dem sich das Fahrwerk an den jeweiligen Untergrund anpasst, und die dynamische Stabilitätskontrolle.

Auf der Strecke über die Schotterpiste zur Wasserdurchfahrt, Steilhänge hinauf und hinunter in die Sandpassage oder über das Dach der Blockhütte macht das Fahrzeug aber fast alles ganz allein. "Der Defender braucht noch einen geübten Fahrer, der darüber nachdenken muss, was er tut. Bei den neuen Land Rovern steigt man einfach ein und fährt", fasst Augstein zusammen. Vom Fahrersitz aus gibt er Erläuterungen zu den Hindernissen, dann darf ich selbst ans Lenkrad.

Ich fühle mich in Fahrschulzeiten zurückversetzt, als er mich ermahnt, die Hände auf drei und neun Uhr zu halten, dabei zeigen die Daumen am Außenrand nach oben. Bei der ersten Unebenheit verstehe ich: Das Lenkrad schlägt hart an — ein Finger dazwischen könnte schmerzhaft werden. Zweite Regel: "Langsam fahren! Wir sind hier nicht bei der Rallye Dakar", mahnt Augstein. Tatsächlich bewegen wir uns die gesamte Zeit über gemächlich und oft im ersten Gang. Steigen aus und gucken uns den Untergrund an, ehe wir weiterfahren. Nervenkitzel und Bauchkribbeln müssen nicht immer mit Geschwindigkeitsrausch einhergehen.

"Sollte das Fahrzeug kippen, dann bitte in Sturzrichtung stützen", sagt Alexander Augstein und deutet auf eine Strecke mit 32 Grad Schräglage. Die Schrägfahrt ist der Teil des Trainings, der am häufigsten ausgelassen wird. Nicht, weil hier schon häufig ein Fahrzeug umgestürzt wäre, sondern weil sie bei Fahrern Unbehagen auslöst. Auf einmal bin ich gefühlt in den Wolken, während mein Beifahrer unmittelbar über den Boden zu schrappen scheint. So arbeiten wir uns durch das Gelände. Mit einer kleinen Bugwelle treibe ich das Wasser vor mir her. Spielend erklimmt das Auto auch den Sandhügel.

An der Kuppe trete ich auf die Bremse und schaue meinen Trainer fragend an. "Pedal loslassen und gerade runterrollen", sagt er aufmunternd. Es ist eine Fahrt ins Nichts. Vor mir sehe ich nur Himmel, was unter dem Fahrzeug ist, kann ich nur erahnen. Doch bald schon wird es unwichtig, wie viel Prozent Steigung oder Gefälle ein Berg hat. Ich vertraue der Technik unter mir und genieße — bis wir auf das Dach der Holz-Blockhütte fahren. Viel Platz ist da nicht neben den Rädern, und es geht ganz schön weit nach unten. Augstein sagt: "Da kann es schon fatal sein, wenn man ein wenig übersteuert." Ich atme tief durch und fahre mit Vertrauen in die Bergabfahrhilfe vom Dach runter. Das Gefühl ist berauschend. Es hält sogar noch an, als ich wenig später zurück auf der Straße bin.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort