Zwischen Elektro und Biedermännern Neuheiten-Spektakel des Pariser Salon

Düsseldorf (RPO). Eine Automobilausstellung ist in der heutigen Zeit fast schon selbstverständlich eine grüne Messe: Hybrid, Elektro, CO2-Reduzierung. Der Pariser Salon (2. bis 17. Oktober) macht da keine Ausnahme. Vieles davon bleibt aber weiterhin Zukunftsmusik.

Die Stars des Pariser Salon 2010
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Die Stars des Pariser Salon 2010

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Deswegen kommen die Stars in Frankreich unter den schon heute verfügbaren Fahrzeugen dabei ausgerechnet aus dem wohl biedersten Segment: der traditionellen Mittelklasse.

Wer darunter der Star ist, kommt auf die Perspektive an: Aus deutscher Sicht ist es der neue VW Passat, von VW offiziell als siebte Modellgeneration betitelt, aber optisch und technisch eigentlich nur ein sehr umfangreiches Facelift. Die Franzosen würden wohl eher den Peugeot 508 zu einem der Messe-Highlights küren. Die viertürige Limousine ersetzt sowohl 407 als auch 607 und verkörpert die Rückkehr von Peugeot zu einem stilvollen, gemäßigten, eleganten Design.

Suzuki Kizashi und Kia Optima hoffen auf Außenseiterchancen in der von Image und langfristigen Markenbindungen geprägten Mittelklasse. Und auch Renault probt mit dem Latitude einen neuen Anlauf in der — gehobenen — Mittelklasse und setzt wie VW und Peugeot auf optische Schlichtheit und die Überzeugungskraft der Zeitlosigkeit.

Die Elektromobilität ist natürlich schon ein bestimmendes Thema auf dem Pariser Salon, was allein schon daran liegt, dass die französischen Hersteller bei ihrem Heimspiel an der Seine ihren Vorsprung auf diesem Gebiet demonstrieren wollen, den sie sich mit japanischer Hilfe (von Mitsubishi und Nissan) erarbeitet haben. Während sich die deutschen Autobauer auf diesem Gebiet nach wie vor als Ankündigungsweltmeister betätigen, bereitet man bei Citroen, Peugeot und Renault schon die Markteinführung der ersten Serien-Stromer vor.

Elektro-Funke springt nicht über

Dass der elektrische Funke in Paris dennoch nicht so recht überspringen will, mag auch daran liegen, dass man nun erst einmal sehen will, wie sich die ersten Elektromodelle im ganz normalen Praxisbetrieb schlagen — so ganz ohne passende Infrastruktur.

Auch das Thema Hybrid hat den Reiz des Neuen längst verloren. Seit ein paar Wochen kann man den Toyota Auris Hybrid kaufen, den ersten ganz normalen Vollhybrid in der Kompaktklasse. Das Pendant von Lexus heißt CT200h und debütiert in Paris in seiner Serienversion, die im nächsten Frühjahr auf den Markt kommt.

In Paris zeigt Toyota mit dem Konzeptfahrzeug FT-CH auf Basis des Kleinwagen Yaris, wie man die Antriebstechnik künftig auch auf kleinere Fahrzeugsegmente ausweiten möchte. Honda stellt ebenfalls einen Kleinwagen mit Hybridantrieb vor: Der Jazz ist bereits serienreif, kann als Mildhybrid aber nicht im reinen Elektromodus anfahren. In der Oberklasse will Infiniti, der japanische Edelableger von Nissan, mit der Limousine M35 Hybrid Akzente setzen.

Auch das Thema Diesel-Hybrid nimmt Formen an, auch wenn diese Lösung besonders kostspielig ist. Peugeot bereitet die Einführung des 3008 vor, und Hyundai zeigt mit einem entsprechend ausgerüsteten ix35 als Konzeptfahrzeug, welche Einsparungen sich im SUV-Segment ergeben könnten. Besonders optimistische Werte verbreitet Audi: Die Studie e-tron Spyder, die einen 220 kW/300 PS starken V6-Diesel mit zwei Elektromotoren kombiniert, soll sich auf 100 Kilometern mit 2,2 Litern Sprit begnügen.

Gepflegte Langeweile

Unter dem Strich lassen sich viele der neuen Modelle, die in Paris präsentiert werden, durchaus als gepflegte Langeweile empfinden. Experimentierfreude und neue Ideen sind rar gesät: Suzuki geht mit dem neuen Swift ebenso auf Nummer sicher wie Citroen mit dem C4 oder BMW mit dem neuen X3. Selbst der kommende 6er, der in Paris noch als Studie deklariert wird, ist — mit den aktuellen BMW-Modellen wie dem 5er im Hinterkopf — recht vorhersehbar geraten.

Die Mischung aus Kraft und Eleganz ist allerdings genau das, was man sich von einem gut gelungenen in der Vergangenheit häufig vermissten BMW-Design erwarten darf. Und auch der Audi A7 ordnet sich zwar überraschungsarm in das aktuelle Audi-Design ein, vermag aber mit schön ausbalancierten Linien den etwas überzeichneten neuen Mercedes CLS, der ebenfalls in Paris debütiert, in den Schatten zu stellen. Vielleicht geht ausgerechnet Volvo mit dem neuen V60 das größte Wagnis ein: Die bislang stets dem Nutzwert verpflichteten Schweden bringen einen Mittelklasse-Kombi, der vor allem schönen Schein transportiert.

Was sonst noch wichtig ist: bei Opel die ersehnte Vervollständigung der Astra-Familie mit Kombi und Dreitürer, bei Ford die neue Focus-Generation inklusive vorläufigem sportlichen Topmodell ST, clevere kleine Vans in der Vier-Meter-Klasse wie der Hyundai ix20 und der Toyota Verso-S, eine weit über 300 km/h schnelle Sportwagenstudie von Jaguar und ein Leichtbau-Konzept von Lamborghini. Das alles hilft jedoch wenig, wenn man — wie immer in Paris — in einem immerwährenden Stau steht.

Vielleicht ist die Lösung urbaner Mobilitätsprobleme am ehesten bei Mini und Smart zu finden. Dort stehen coole poppige Roller - mit Elektroantrieb.

(SP-X)
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