Branchenrevolution in Paris Automesse: Grüner, kleiner, billiger
Paris (RPO). IAA in Frankfurt oder Salon in Paris? Jedes Jahr wechselt die Auto-Leitmesse ihren Standort. Zwischen dem 4. und 19. Oktober sind die Franzosen dran. Die Branche ist gespannt, was den Herstellern zu den drängenden Themen dieser Zeit eingefallen ist.
Frankreich ist der einzige Automarkt in Westeuropa, der in den vergangenen Monaten nicht eingebrochen ist. "Der Grund ist das neue Bonus-Malus-System, mit dem die Regierung einen gehörigen Rabatt auf sparsame Neuwagen gibt", sagt Ulrich Winzen, Branchenanalyst von Polk Marketing Systems. Klima- und geldbeutelfreundliche Autos sind der Trend der Branche, sagt Winzen. "Verbrauchsintensives Fahren wird immer teurer." Die Zukunft der Industrie ist grün, klein und preiswert.
Die Pariser Automesse "Mondial de l'Automobile" wird wie selten zuvor zum Barometer für den Umbruch. Nach zwei Pressetagen am Donnerstag und Freitag öffnet sie am Samstag für zwei Wochen ihre Pforten im Süden von Paris. Autobauer aus der ganzen Welt präsentieren dort ihre Antworten auf die schwere Krise. Der Druck zur Reduzierung von CO2-Emissionen, die hohen Spritkosten und nicht zuletzt die in der Wirtschaftsflaute schwindende Kaufkraft der Mittelschichten: All das zwingt zum Umdenken.
Ein Drittel Hybrid-Antriebe
Eine Antwort ist am Stand von Volkswagen zu begutachten. Der Golf VI erlebt in Paris seine Messepremiere, bevor er am 10. Oktober in den Handel kommt. "Es ist schon erstaunlich, dass der Wagen trotz der Neuentwicklungen mit Preisen ab 16.500 Euro nicht teurer wird als sein Vorgänger", sagt Winzen. Der Verbrauch wurde gegenüber dem Golf V bei einigen Motoren um fast 30 Prozent gesenkt. Mit technischen "Revolutionen" wartet Volkswagen aber noch ab: Für das BlueMotion-Modell mit einem CO2-Ausstoß von unter 100 Gramm pro Kilometer wurde erst eine Studie vorgestellt. Und die Varianten mit Hybrid- und Elektro-Antrieb sind erst in der Planung.
Andere sind da schon weiter. "Rund ein Drittel der 90 in Paris vorgestellten neuen Modelle sind entweder Hybrid- oder zu 100 Prozent Elektrofahrzeuge", schätzt Francois Roudier vom französischen Branchenverband CCFA. Als deutscher Pionier zeigt sich Mercedes mit einer halb-elektrischen Version des S400 - und bestätigt damit sein 2007 auf der IAA vorgegebenes Ziel, die Hybridtechnik in großem Stil einzuführen. Auch ein Smart mit Elektrikmotor wird präsentiert. Für Aufsehen dürfte besonders der Honda Insight sorgen, ein Mittelklasse-Hybridwagen, der ab kommenden Jahr den Marktführer Toyota Prius attackieren soll.
Rabatte bis zu 5000 Euro
Nicht nur für grüne Innovationen, auch für pfiffige Kleinwagen wird die Pariser Messe zum Schaulaufen. Ford enthüllt seinen neuen Ka, der durch seine Rolle im neuen James Bond zusätzlich Prominenz erlangen wird. Hyundais i20 und Toyotas iQ erleben ebenfalls ihre Weltpremiere. Den sparsamen Cityflitzern gehört die Zukunft, da sind sich die Experten einig. "Lange Zeit haben die Konzerne ihr Portfolio nach oben erweitert", sagt Winzen. "Aber das vor allem in Deutschland gefeierte Motto 'höher, weiter, schneller' ist endgültig Vergangenheit."
Das französische Bonus-Malus-System sieht er dagegen als Modell. Die Regierung nutzt das Instrument der Kaufssteuer, um Spritmonster zu bestrafen und sparsame Wagen zu subventionieren. Rabatte von bis zu 5000 Euro haben dazu geführt, dass die Verkaufszahlen in Frankreich in den ersten acht Monaten um 2,9 Prozent stiegen. Im übrigen Westeuropa brachen die Zahlen im gleichen Zeitraum um 4,4 Prozent ein.
Und die Franzosen sind nicht die einzigen, die Anreize schaffen: So sind in London klimafreundlichere Wagen von der City-Maut ausgenommen, die immerhin acht Pfund pro Tag kostet. Und die EU wird CO2-Grenzwerte für die Autoindustrie einführen, gestritten wird nur noch über Höhe und Zeitrahmen für die verbindliche Einführung.